Meinungscheck

Braucht Österreich eine Erbschaftssteuer?

"Ich habe immer gesagt, ich möchte mindestens 90 Prozent rückverteilen, und jetzt geht es endlich um diese Rückverteilung", sagte Millionenerbin Marlene Engelhorn bei einem Pressegespräch am Dienstag.
Veröffentlicht: 10. Jänner 2024 15:00 Uhr
Die Millionenerbin Marlene Engelhorn setzt sich seit Jahren für eine Erbschaftssteuer in Österreich ein. Nachdem sie bisher nicht besteuert wurde, verteilt sie ihr Vermögen von 25 Millionen nun mithilfe eines einberufenen Bürger:innenrats. Wir wollen von euch wissen, wie ihr zu dem Thema steht.
Moni Gaudreau

Die 32-jährige Millionenerbin Marlene Engelhorn hat im Herbst 2023 über 20 Millionen Euro von ihrer Großmutter, Traudl Engelhorn-Vechiatto geerbt. In Österreich gibt es derzeit keine Erbschaftssteuer. Marlene Engelhorn fordert die Regierung seit Jahren bereits auf, dass sie als Millionärin besteuert werden soll. Nun hat sie vor, dass sie rund 90 Prozent ihres Erbes, also 25 Millionen Euro, mithilfe eines einberufenen Bürgerrats in Österreich verteilt.

 
 

Engelhorn hat für die „Rückverteilung“ ihres Erbes einen Bürger:innenrat namens Guter Rat initiiert. An 10.000 Adressen wurde am 9. Jänner 2024 Einladungen verschickt. FORESIGHT ermittelt dann mit Hilfe statistischer Verfahren 50 Personen, die möglichst gut die Zusammensetzung der österreichischen Bevölkerung abbilden. Der Rat soll dann ohne Engelhorn entscheiden, wie die 25 Millionen Euro am besten investiert werden.

Erbschaftssteuer ist kontroverses Thema

Die Erbschaftssteuer ist ein kontroverses Thema. Politik und Bevölkerung haben die unterschiedlichsten Meinungen dazu.

Befürworter:innen für die Erbschaftssteuer finden, dass diese zur sozialen Gerechtigkeit beiträgt. Vermögenswerte von wohlhabenderen Familien könnten mit den Abgaben in den Kreislauf der Wirtschaft zurückfließen. Somit hätte die Regierung eine weitere Einnahmequelle, um öffentliche Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheit und Infrastruktur zu finanzieren.

 

Gegen eine Erbschaftssteuer spricht das Argument der Doppelbesteuerung. Das Vermögen wurde zu Lebzeiten der Erblasser:innen bereits versteuert. Eine erneute Versteuerung nach dem Tod wird von vielen als Doppelbesteurung betrachtet. Außerdem argumentieren Kritiker:innen, dass Menschen dadurch bewusst weniger Vermögen aufbauen würden. Wenn das Erbe besteuert wird, sehen das viele als Bestrafung für die nächste Generation, die es eigentlich mal besser haben sollte.

Erbschaftssteuer gab es bereits

In Österreich gab es von 1955 bis 2008 bereits eine Erbschaftssteuer. Zwischen 2 Prozent und maximal 60 Prozent des Erbvermögens mussten Erb:innen damals entrichten. Die Höhe der Steuer hing von der geerbten Vermögenshöhe, vom Verwandtschaftsgrad und dem familienrechtlichen Naheverhältnis ab. Je entfernter die Verwandtschaft, desto höher fiel die Steuer aus. Insgesamt gab es fünf Stufen:

  • Stufe 1: Ehegatten, Kinder
  • Stufe 2: Enkel, Urenkel
  • Stufe 3: Eltern, Großeltern, Geschwister
  • Stufe 4: Nichten, Neffen, Schwiegerkinder und –eltern
  • Stufe 5: alle weiteren Personen
 

Seit dem 1. August 2008 fällt in Österreich keine Erbschaftssteuer mehr an. Bei Erbschaften von Grundstücken ist aber weiterhin die Grunderwerbsteuer zu entrichten.

Erbschaftssteuer betreffe auch Betriebe

Die Abteilung Finanz- und Steuerpolitik der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) hat im Dezember 2023 analysiert, wie sich die Einführung der Erbschaftssteuer speziell auf Unternehmen auswirken würde.

Vor allem Betriebsvermögen würden durch eine Erbschaftssteuer belastet werden, so die. Rund 76 Prozent würden Unternehmen zum Erbschaftssteueraufkommen beitragen, Klein- und Mittelunternehmen seien davon nicht ausgenommen. Dabei hätten Erbschaften einen positiven Einfluss auf unternehmerische Tätigkeit.

 

Sollte die Erbschaftssteuer in Österreich eingeführt werden, sieht die WKO daraus resultierende Einnahmen von bis zu 500 Mio. Euro realistisch. Mit 0,25 Prozent der Gesamteinnahmen aus Steuern und Sozialbeiträgen sei das sehr gering.

SPÖ-Modelle für Millionäre in Österreich

Mit 500 bis 800 Millionen Euro Einnahmen aus einer Erbschaftssteuer pro Jahr rechnet auch die SPÖ in ihrem Modell.

Das Eigenheim bleibe beim erstellten Modell bis zu einer Luxusgrenze von 1,5 Mio. Euro steuerfrei. Auch die erste Million des restlichen Vermögens wäre frei. Nach Überschreiten dieser beiden Freigrenzen wären 25 Prozent zu entrichten, ab 5 Mio. 30 Prozent, ab 10 Mio. 35 Prozent und ab 50 Mio. Euro 50 Prozent.

SPÖ-Modell Millionärssteuern SPÖ
Das SPÖ-Modell für die Erbschaftssteuern von Multimillionären.
 

Mehr Potential sieht die SPÖ auch in Vermögenssteuern. Wie auch bei der Erbschaftssteuer wären das Eigenheim im Wert von bis zu 1,5 Mio. und eine Millionen Euro an Vermögen steuerfrei. Vermögen zwischen ein und zehn Mio. Euro werden mit 0,5 Prozent besteuert, von zehn bis 50 Mio. Euro mit 1 Prozent. Vermögen ab 50 Mio. Euro werden mit 2 Prozent besteuert. Das bringe fünf bis 6 Milliarden Euro im Jahr.

SPÖ-Modell Millionärssteuern SPÖ
Das SPÖ-Modell für die Multimillionärsabgabe.
 

Ob eine Erb- und Vermögenssteuer in Österreich wieder eingeführt wird, bleibt wohl weiterhin eine politische Debatte.

Wie seht ihr das? Brauchen wir in Österreich eine Erbschaftssteuer? Teilt eure Meinung gerne in den Kommentaren.

(Quelle: salzburg24)

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