Die ungarische Regierung hat dementiert, dass nahe Österreichs Grenze ein Flüchtlingslager gebaut wird. Vielmehr dürfte die derzeit offenbar in Umbau befindliche Anlage beim Dorf Vitnyéd künftig als Feriencamp für Jugendliche genutzt werden, sagte der ungarische Kanzleiminister Gergely Gulyás laut der amtlichen Nachrichtenagentur MTI am Donnerstagabend. Das mutmaßliche Flüchtlingslager hatte zu Unruhe und Protesten auch in der österreichischen Politik geführt.
Proteste gegen Flüchtlingslager
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hatte etwa mit schärferen Kontrollen an den Grenzen gedroht, sollten auf dem ehemaligen Berufsschulgelände tatsächlich Asylbewerbende angesiedelt werden. Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SPÖ) kündigte wiederum an, er wolle die Schließung von Grenzübergängen vorbereiten, falls das Nachbarland von diesen Plänen nicht Abstand nehmen sollte.
Auf einem Teil des früheren Landgutes Csermajor hatten bis vor kurzem Flüchtlingsfamilien aus der Ukraine gewohnt. Nach deren Auszug wurde das Areal abgezäunt und es finden seitdem Bau-, Sanierungs- und Einrichtungsarbeiten statt. Vergangenen Sonntag fand eine Demonstration der örtlichen Bevölkerung mit Hunderten Teilnehmenden statt. Sie forderten klare Informationen, was auf dem Gelände errichtet werden soll. Vitnyéd liegt im Westen des Komitats Györ-Moson-Sopron, bei Deutschkreuz und nur wenige Kilometer von der Grenze im burgenländischen Seewinkel entfernt.
"Stacheldrahtzaun und Polizeischutz"?
Die Nachricht, dass in Ungarn nahe der österreichischen Grenze ein Feriencamp für Jugendliche und kein Flüchtlingslager gebaut wird, wird zur Kenntnis genommen, erklärte der burgenländische SPÖ-Klubchef Roland Fürst am Freitag in einer Aussendung. Die Proteste in Ungarn, von LH Doskozil und Innenminister Karner hätten offenbar gewirkt, so der SPÖ-Klubobmann. "Nur frage ich mich, warum man für ein Feriencamp für Jugendliche meterhohe Stacheldrahtzäune, Polizei und dutzende Kasernenbetten benötigt. Uns fehlt der Glaube, dass dort wirklich ein 'Feriencamp' errichtet wird." Weiters betonte er: "Burgenländische Jugendliche werden dieses 'Kinderlager' jedenfalls nicht nutzen." Auch kündigte Fürst an: "Wir werden aus dem Burgenland sehr genau beobachten, was in Vitnyéd tatsächlich passiert."
ÖVP und FPÖ orten "Panikmache" und "Fake News"
Die ÖVP Burgenland attestierte der SPÖ in der Causa hingegen, "Panikmache und Populismus" zu betreiben. Doskozil verbreite "bewusst Falschmeldungen", kritisierte Landesparteiobmann Christian Sagartz in einer Aussendung und forderte sachliche Politik ein. Auch die FPÖ meinte, die SPÖ befände sich im "Panikmodus". Parteichef Alexander Petschnig erklärte: "Die Umfragewerte der SPÖ Burgenland müssen wirklich unterirdisch sein, wenn man sein Heil in solch plumpen Fake News sucht und vor einem harmlosen Ferienlager dermaßen in Panik gerät."
Ungarn auf Asyl-Konfrontationskurs mit EU
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Sommer das Land zur Zahlung einer Strafe von 200 Millionen Euro sowie zu einem täglichen Zwangsgeld von einer Million Euro für jeden Tag des Verzugs verurteilt. Es ging dabei vor allem um den effektiven Zugang von Asylwerbenden zu Asylverfahren. Die Regierung des Rechtsnationalen Viktor Orbán weigert sich bisher allerdings, die Zahlungen zu leisten. Vielmehr fordert Orbán seinerseits Geld von der EU für die Finanzierung seiner Migrationspolitik, etwa für die Grenzzäune, und drohte damit, Asylwerbende per Bus nach Brüssel zu chauffieren. Zuletzt hatte die Europäische Kommission angekündigt, das Strafgeld von den EU-Zahlungen abzuziehen, die Ungarn erhalten würde. Ein Teil der EU-Gelder für Ungarn liegt bereits seit 2022 wegen Korruptionsvorwürfen und Rechtsstaatlichkeitsbedenken auf Eis.
(Quelle: apa)