Österreich

Häftling in Krems-Stein wegen Aktenlage in Haft

Veröffentlicht: 28. Mai 2014 16:49 Uhr
Der 74-jährige Häftling der Justizanstalt Krems-Stein, dessen Verwahrlosung in der vergangenen Woche die Wochenzeitung "Falter" publik gemacht hat, befindet sich rein auf Basis der Aktenlage weiter in Haft. Der Maßnahmenvollzug wurde vom zuständigen Vollzugsgericht Krems am 20. Februar 2014 ohne Anhörung und ohne Einholung eines aktuellen psychiatrischen Sachverständigengutachtens verlängert.

Wie Richard Simsalik, Vizepräsident und Mediensprecher des Kremser Landesgerichts, am Mittwochnachmittag auf APA-Anfrage erklärte, sei dies "im Einklang mit dem Gesetz" geschehen. Das Strafvollzugsgesetz sehe eine Anhörung eines Untergebrachten durch das Gericht vor der Entscheidung über die bedingte Entlassung mindestens einmal innerhalb von zwei Jahren vor. Eine Anhörung des Vollzugsgerichts habe zuletzt Ende 2012 stattgefunden. Dabei sei die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens beschlossen worden. Zur psychiatrischen Untersuchung des 74-Jährigen, bei der diesem vom Gutachter anhaltende Gefährlichkeit bescheinigt wurde, kam es Anfang 2013.

Dass der Maßnahmenvollzug über den 74 Jahre alten Häftling in Krems-Stein im vergangenen Februar ohne Anhörung und Einholung eines aktuellen psychiatrischen Gutachtens verlängert wurde, ist hingegen für Amnesty International (ai), ein "Justizskandal". Das stellte Österreich-Generalsekretär Heinz Patzelt am Mittwochnachmittag gegenüber der APA fest. "Ein Gericht, das ohne einen Häftling anzuschauen und ohne ein neues Gutachten rein auf Basis vom Hörensagen über einen wieder längeren Zeitraum die Freiheit entzieht, begeht eine schwere Menschenrechtsverletzung", sagte Patzelt.

Besonders irritiert zeigt sich der ai-Generalsekretär über die Rechtfertigung des Kremser Landesgerichts, der Häftling habe seine Anhörung nicht beantragt: "Bei einem psychiatrischen Patienten ist das völlig verantwortungslos und widerwärtig."

Der 74 Jahre alte Häftling der Justizanstalt Krems-Stein, der wegen einer Verurteilung wegen versuchten Mordes einsitzt, hat die über ihn verhängte Freiheitsstrafe an sich längst verbüßt. Weil er als geistig abnorm gilt, kann er allerdings weiterhin zeitlich unbefristet angehalten werden, solange ihm nicht von einem Psychiater bescheinigt wird, dass von ihm keine Gefährlichkeit mehr ausgeht.

Auf Basis dieser Gesetzeslage befindet sich der an sich "pensionsreife" Mann nach wie vor im Gefängnis. Wie der Sprecher des Kremser Landesgerichts, Richard Simsalik, gegenüber der APA erklärte, dürfte er sich zuletzt gegen seine weitere Anhaltung nicht "gewehrt" haben. "Er hat keinen Antrag auf Anhörung gestellt", sagte Simsalik.

Ein neues, aktuelleres psychiatrisches Gutachten - bei einer ärztlichen Begutachtung wäre der verwahrloste Zustand des Häftlings vermutlich zutage getreten - hat die Justiz nicht eingeholt. Die damit formlos erfolgte Verlängerung des Maßnahmenvollzugs rechtfertigte Simsalik mit dem Hinweis, bei dem Insassen hätten sich, "keine Änderungen abgezeichnet".

In der "fortgesetzten Anhörung", die sich auf die Ende 2012 tatsächlich erfolgte bezog, sei im vergangenen Februar das Sachverständigengutachten aus Anfang 2013 noch einmal erörtert und entschieden worden, " dass eine bedingte Entlassung aufgrund der Gefährlichkeit des Untergebrachten nicht möglich war", so Simsalik. Als Prognosekriterien für die Gefährlichkeit habe das Gericht die "Persönlichkeit des Untergebrachten", seine bisher "mangelnde Entwicklung in der Anstalt", sein "belastetes Vorleben", eine fehlende Behandlungs- und Betreuungsbereitschaft sowie die daraus resultierende geringe Aussicht auf ein redliches Fortkommen berücksichtigt, führte Simsalik abschließend ins Treffen.

(Quelle: salzburg24)

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