Faktencheck

Insekten im Essen: Was ist erlaubt und was nicht?

Veröffentlicht: 02. Februar 2023 15:02 Uhr
Insekten als Lebensmittel: Dieses Thema schlägt derzeit hohe Wellen und hinterlässt bei manchen Konsument:innen Unsicherheit. Welche Regeln für die Verarbeitung von Krabbeltieren im Essen in der EU gelten, erfahrt ihr hier.
SALZBURG24 (alb)

Die Meldungen dazu haben in den vergangenen Tagen hohe Wellen geschlagen: Insekten als zugelassene Lebensmittel in der EU. Dass so ein Thema neben vielen richtig kolportierten Fakten auch einige Falschinformationen mit sich bringt, ist nicht verwunderlich. So wurde in sozialen Medien oftmals vor unzureichend oder gar nicht gekennzeichneten Lebensmitteln gewarnt, ebenso vor fehlenden Allergenhinweisen (1,2).

 

Kennzeichnung bei EU-Lebensmitteln ein Muss

Einschätzung: Kein Insekt darf - in welcher Form auch immer - ungekennzeichnet in EU-Lebensmitteln verarbeitet werden. Zudem müssen Produkte, die komplett oder auch nur zum Teil aus Insekten bestehen, auch mit entsprechenden Allergenhinweisen versehen werden. Beides ist in den entsprechenden Verordnungen klar geregelt.

Überprüfung: Rund zwei Milliarden Menschen weltweit essen laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen Insekten (3). In der EU gelten die Tiere trotzdem als neuartige Lebensmittel und unterliegen daher der Novel Food Verordnung (4), die 1997 verfasst und 2015 um Insekten ergänzt wurde (5). Per Definition zählen dazu Nahrungsmittel, "die vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der Europäischen Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden."

Hausgrillen dürfen ab heute im Essen verarbeitet werden

Seit heute dürfen Hausgrillen in Lebensmittel verwendet werden. Mit dem neuen EU-Gesetz dürfen die Insekten nun gefroren, getrocknet oder als Pulver verwendet werden. Gleiches gilt ab Donnerstag …

Mit der Aufnahme in diese Liste wurde gesichert, dass die Inverkehrbringung von Insekten als Nahrungsmitteln höchsten Auflagen und Qualitätsstandards entsprechen muss (6). EU-Konsumenten können sich deshalb darauf verlassen, dass ihnen diese Lebensmittel nicht schaden. Dafür sorgen etwa auch Studien und Verordnungen wie die vergangene Woche erlassenen.

Christoph Thomann, CEO und Gründer der Firma Zirp Insects GmbH (7), kennt die Sorgen der Konsumenten. Nach rund zehn Jahren Beschäftigung mit der Thematik weiß er: "70 Prozent der Menschen (8) haben Angst, wenn sie das Wort 'Insekten' hören." Diese Angst müsse ihnen genommen werden, sobald Insekten in Lebensmittel eingearbeitet werden. Dafür, das zu tun, gibt es für Thomann "etliche Gründe". Allen voran sind Insekten verhältnismäßig ressourcenschonend (9), zudem laut Zirp die "beste tierische Proteinquelle" (10).

Insekten im Essen nicht erst seit 2023

Dass Insekten im Ganzen oder in verarbeiteter Form innerhalb der EU verkauft werden dürfen, ist nicht erst seit Ende Jänner 2023 der Fall. Laut Thomann ist das "im ganzen EU-Raum seit spätestens 2021 erlaubt (11) und in einigen EU-Ländern wie Deutschland, aber auch Österreich schon seit 2015" (12,13).

Flachgauer Lokal tischt seit 2018 Insekten auf

Insekten als Lebensmittel sind aktuell sprichwörtlich in aller Munde. Im Obertrumer Restaurant von Bernhard Oitner wurde bereits 2018 mit Heuschrecken und Co gekocht. Und dafür gab es viel positives …

Anfangs durften sie demnach nur im Ganzen für Lebensmittel verwendet werden, seit 2021 auch in verarbeiteter Form. Ursprünglich waren ganze Insekten für den Europäischen Gerichtshof keine neuartigen Lebensmittel, seit 2018 müssen auch diese den entsprechenden Genehmigungsprozess durchlaufen (14).

 

Auf das laut Verordnung "teilweise entfettete Pulver aus Acheta domesticus (Hausgrille)" kam der Novel-Food-Antrag vom vietnamesischen Unternehmen Cricket One Co. Ltd am 29. Juli 2019 (15). "Dieser wurde genehmigt, weshalb es zu der Änderung in der EU-Verordnung gekommen ist", schreibt Thomann der APA - Austria Presse Agentur. Den Antrag auf Genehmigung des Inverkehrbringens von "Larven von Alphitobius diaperinus (Getreideschimmelkäfer) in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter Form" stellte das niederländische Unternehmen Ynsect NL B.V. am 7. Jänner 2018 (16).

Klare Deklarierung auch bisher Pflicht

Schon bisher mussten Anbieter von Produkten mit Insekten als Zutaten diese entsprechend kennzeichnen. "Die Angst, dass Grillenmehl jetzt unwissentlich in Lebensmittel beigemischt wird, ist unbegründet", erklärt Thomann dazu. Daniela Krehl vom Verbraucherschutz Bayern bestätigte dies gegenüber dem Focus (17): "Was als neuartiges Lebensmittel zugelassen ist, muss als Zutat auf der Zutatenliste erscheinen."

Die in Social-Media-Postings geäußerte Angst, dass Konsumenten mit der lateinischen Kennzeichnung "Acheta domesticus" hinter das Licht geführt werden könnten, ist unberechtigt. Laut EU-Verordnung lautet die Kennzeichnung "Acheta domesticus (Hausgrille)" und ist in Klammern in der jeweiligen Landessprache anzugeben.

Auch Allergiehinweise nicht neu

Auch die verpflichtenden Allergiehinweise sind nicht neu. Da Personen, die allergisch auf Weichtiere, Krebstiere und/oder Hausstaubmilben sind, auch auf den Verzehr von Insekten allergisch reagieren könnten, ist dieser Allergenhinweis auf allen Produkten mit Insekten anzuführen (18). Diese zählen laut Zirp im Übrigen "generell nicht zum vegetarisch/veganen Lebensstil" und müssen daher entsprechend als Lebensmittel tierischen Ursprungs gekennzeichnet werden (19).

Den jüngsten beiden EU-Durchführungsverordnungen zu Lebensmittelinsekten ist zu entnehmen, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit empfahl, die Allergenität der Insekten "weiter zu erforschen". Bis dahin sei "die Kommission der Auffassung, dass keine spezifischen Kennzeichnungsvorschriften (...) aufgenommen werden sollten."

Überschaubarer Markt

Generell sehen Experten das Thema eher noch als Zukunftsmusik auf einem bisher überschaubaren Markt. Dass Firmen von der Möglichkeit, Insekten etwa in Kekse oder andere Backwaren zu mischen, Gebrauch machen, liegt laut Lebensmittelchemiker Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg "wirklich noch in weiter Ferne". Auch wirtschaftlich ist der Anreiz demnach noch nicht gegeben. "Produkte mit Insektenmehl werden zum Teil deutlich teurer verkauft", sagte Valet der Deutschen Presse-Agentur.

Speiseinsekten, die hierzulande vertrieben werden, stammen laut Valet stets aus kontrollierter Aufzucht. Das betont auch Thomann, der lediglich vor dem Verzehr von "Wildfang" warnt. Dass dieser nicht in den Handel gerät, soll durch das strenge EU-Regelwerk sichergestellt werden. Denn die Lebensmittelsicherheit habe für die Kommission "oberste Priorität" (20).

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(Quelle: apa)

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