Minderjährig und ohne Zuhause

Jugendliche Obdachlose laut Caritas oft "unsichtbar"

++ THEMENBILD ++ Ein Obdachlose auf einer Parkbank in Wien, fotografiert am 11. April 2023. Viele Menschen kommen durch Wohn- und Energiekosten finanziell unter Druck.
Veröffentlicht: 07. Oktober 2025 12:27 Uhr
Jugendliche ohne Zuhause bleiben in Österreich weitgehend unsichtbar. Laut Caritas betrifft Wohnungslosigkeit immer häufiger junge Menschen unter 30. Gewalt in der Familie, fehlender leistbarer Wohnraum und Lücken in der Jugendhilfe treiben viele auf die Straße – oft lange bevor sie als Erwachsene gelten.

Auch viele Jugendliche und junge Erwachsene sind von Wohnungslosigkeit betroffen, dennoch gibt es kaum Informationen über diese Gruppe. In Wien sind rund ein Drittel aller wohnungslosen Menschen unter 30 Jahre alt, also rund 5.000 Personen, österreichweite Erhebungen würden aber fehlen, kritisiert die Caritas und fordert eine bundesweite Gesamtstrategie für junge Wohnungslose und österreichweit einheitliche Standards in der Kinder- und Jugendhilfe.

"Junge Wohnungslosigkeit ist oft unsichtbar", so Caritas-Wien-Direktor Klaus Schwertner am Dienstag bei einer Pressekonferenz in der Jugendnotschlafstelle a_way in Wien. Viele würden lange Zeit bei Freunden und Bekannten übernachten und versuchen, ihre Wohnungslosigkeit möglichst lange geheim zu halten. Um Unterstützungsangebote gezielter auszurichten, brauche es regelmäßige bundesweite Datenerhebungen zu der Zielgruppe.

Gewalt in der Familie häufigster Grund

Einer der häufigsten Gründe für Wohnungslosigkeit ist Gewalt in der Familie, berichtet Tom Adrian, Leiter des einzigen Notquartiers für Jugendliche. Typische Bruchlinien für die Jugendlichen seien das Alter von 15,5 Jahren nach dem Ende der Schulpflicht und die Volljährigkeit. Eine Auswertung der Caritas aus Daten der Jugendnotschlafstelle a_way und dem Wohnhaus für junge Erwachsene zeigt, dass drei Viertel (76 Prozent) der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die bisher in die Einrichtungen kamen, den Kontakt zu ihren Familien abgebrochen haben.

Das zeige, dass viele junge Menschen völlig auf sich allein gestellt seien, so Adrian. Zudem hätten sie bereits viel hinter sich: Die Hälfte war bereits in Kontakt mit der Kinder- und Jugendhilfe, rund ein Drittel hat bereits auf der Straße oder in einer Notschlafstelle übernachtet. Diese Erfahrung sei oft traumatisierend.

Frühe Unterstützung wichtig

Wichtig sei es, die Jugendlichen möglichst früh zu unterstützen, denn je mehr biografische Brüche sie bereits erlebt hätten, desto schwieriger werde es für sie später, langfristig in stabilen Wohnverhältnissen Fuß zu fassen, sagte Maresi Kienzer, Leiterin des JUCA-Wohnhauses. Hätten die jungen Menschen bereits eine Delogierung hinter sich, steige die Wahrscheinlichkeit, nach dem Auszug prekär zu wohnen, um 89 Prozent. Und eine Nacht auf der Straße oder in einem Notquartier senke die Chance auf ein gesichertes Zuhause nach dem Auszug um 58 Prozent.

Die Caritas fordert daher mehr spezifische Angebote für junge Wohnungslose sowie österreichweit einheitliche Standards im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Diese brauche zudem mehr Ressourcen und einen speziellen Fokus auf die Unterstützung von sogenannten Care Leavern - also jene jungen Menschen, die mit dem Erreichen ihrer Volljährigkeit ihren bisherigen Anspruch auf Kinder- und Jugendhilfe verlieren. Der Rechtsanspruch auf Unterstützung sollte bis zum 24. Lebensjahr verlängert werden, fordert Schwertner. Zudem brauche es mehr leistbaren Wohnraum und im Zuge der geplanten Reform der Sozialhilfe müsse eine bedarfsorientierte Mindestsicherung, die vor Armut schützt, sichergestellt werden.

(Quelle: apa)

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