Bemerkenswert ist, dass die Senkung von 20 auf 10 Prozent Umsatzsteuer explizit nicht an die Gäste weitergeben werden soll. Diese Steuerersparnis von rund 200 Mio. Euro ist wegen der zu erwartenden geringeren Umsätze als zusätzliches Einkommen für die Wirte gedacht. Dauerhaft abgeschafft wird die schon lange diskutierte Schaumweinsteuer in Höhe von einem Euro pro Liter.
Gastronomie öffnet am Freitag
Der Gastronomie, die am Freitag unter strengen Vorgaben von 6 bis 23 Uhr wieder öffnen darf, wird auch mit Vereinfachungen und Entlastungen sowie höheren Grenzen bei der Pauschalierung von Steuerabsetzbeträgen geholfen. Dieses Paket ist zusätzlich zu den Hilfspaketen für die Zeit der Schließung zu sehen. Die Gastronomie konnte wie andere Branchen auf Kurzarbeit zurückgreifen und zusätzlich wurden in der Zeit der Schließung auch 75 Prozent der Betriebskosten übernommen. "Wir wissen, dass es mit der Öffnung alleine noch nicht erledigt ist und der Konsum nicht sofort wieder auf 100 Prozent anspringt und es gibt auch weiterhin eine schwierige Phase für Gastronomie, Wirtshäuser und den gesamten Bereich des Tourismus", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
Steuerentlastungen für Wirte
Das Wirtshaus-Paket solle dazu beitragen, den Konsum anzukurbeln und die Wirtinnen und Wirte steuerlich zu entlasten. Insbesondere sollen auch Gasthäuser im ländlichen Raum von Pauschalierungs-Senkungen profitieren. So werde beispielsweise ein Dorfgasthaus mit 115.000 Euro Jahresumsatz statt bisher 3.670 Euro dank dieser Maßnahmen nur noch 871 Euro an Steuern bezahlen. "An bestimmten Steuergesetzen kann man doch relativ gut drehen", erklärte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). "Wir wollen möglichst viele, möglichst alle drüberbringen".
Tropfen auf den heißen Stein
NEOS-Wirtschafts- und Tourismussprecher Sepp Schellhorn wiederum reichen steuerliche Erleichterungen allein nicht. "Es braucht eine echte Entlastung mit einer massiven Senkung der Lohnnebenkosten und raschen Bürokratieabbau." Das 500 Mio. Euro schwere Wirtshaus-Paket der Regierung sei "als würde man einem schweren Allergiker ein Taschentuch reichen", so der Salzburger. Die Gastronomie sei in den vergangenen Jahrzehnten "mit überbordenden Auflagen und Regulatorien, Bürokratiewahnsinn und explodierenden Lohnkosten zugeschüttet" worden. Die Mitarbeiter kosteten einfach zu viel und verdienten zu wenig.
Auch die Gewerkschaft vida bezeichnete das Wirte-Paket als "Tropfen auf den heißen Stein". Die 500 Mio. Euro seien "mit großer Sicherheit zu wenig für die Branche". Der Vorsitzende des Fachbereichs Tourismus, Berend Tusch, vermisst zudem einen "Bonus für jene, die ihre Mitarbeiter nicht auf die Straße gesetzt haben". Auch seien Steuererleichterungen ab Juli "keine Soforthilfe". Weiters müsse die Kurzarbeit angepasst werden und auch für Saisonbetriebe gelten. Konkret müsse die Kurzarbeitsförderung "auch jenen Betrieben zugänglich sein, die aufgrund ihrer Saisonalität derzeit noch keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einstellen konnten, da der Geschäftsbetrieb erst mit 15. Mai beginnen kann".
Anhebung der Pauschalierungsgrenze
Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) berichtete von einer Gastro-Online-Konferenz in der Vorwoche mit über 6.000 Teilnehmern, im Zuge derer rund 1.800 Fragen eingelangt seien. "Es sind sehr viele Fragezeichen noch offen, gleichzeitig versuchen wir, das Wiederhochfahren, so gut es geht, zu begleiten", sagte Köstinger. Insgesamt gehe es um 41.000 betroffene Betriebe mit rund 145.000 Mitarbeitern.
Neben der Anhebung der Pauschalierungsgrenze von 255.000 auf 400.000 Euro, der Erhöhung des Grundpauschales von 10 auf 15 Prozent und der Erhöhung des Mindestpauschalbetrages von 3.000 auf 6.000 Euro (Gesamtentlastung: 100 Mio. Euro) wird es auch für strukturschwache Regionen eine Erhöhung der Mobilitätspauschale von 2 auf 6 Prozent geben. Dies gilt für Gemeinden bis zu 5.000 Einwohner. Für Gemeinden bis 10.000 Einwohner sind es 4 Prozent.
Eine beträchtliche Rolle im Ausmaß von insgesamt 175 Mio. Euro spielen die von 50 auf 75 Prozent erhöhte Absetzbarkeit von Geschäftsessen sowie die Anhebung der Höchstgrenze für steuerfreie Essensgutscheine (von 4,4 auf 8 Euro) und von 1,1 Euro auf 2 Euro (für Lebensmittelgeschäfte).
"Teil der österreichischen Seele"
Bundeskanzler Kurz freute sich auch über die weiter gute Entwicklung in der Corona-Pandemie samt weiter sinkenden Fallzahlen. Es gebe nun sogar einige Bundesländer, in denen es keine neuen Fallzahlen mehr gibt. Diese Entwicklung führe dazu, dass "wir Ende dieser Woche die Gastronomie wieder hochfahren können. Sie ist Teil der österreichischen Seele, der österreichischen Identität, sie macht unser Land aus."
Wie Österreich Corona-Krise übersteht
Die halbe Milliarde für die Gastronomie ist noch Teil des 38-Milliarden-Gesamtpakets, bestätigte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). "Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum in der ganzen Welt sind höchst unsicher. Wenn man ihnen glauben schenken möchte, zum Beispiel der Vorhersage der Kommission, dann dürfte Österreich ein wenig besser durch die Krise kommen als andere Länder. Einfach aufgrund der Tatsache, dass wir schneller und entschiedener gehandelt haben", erklärte Blümel.
"Die Kommission meint in ihrer Prognose, dass Österreich Ende 2021 das zweitbeste Wirtschaftswachstum hinter Deutschland in der Europäischen Union haben wird", sagte der Finanzminister. Ob man dieses Ziel erreichen kann, hänge aber auch den Maßnahmen ab, die man setze.
Keine Prognosen zu Grenzöffnungen
Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer dankte der Bundesregierung für die Unterstützung. Der Tourismus, die Gastronomie und die Wirtshauskultur im Besonderen seien Herzstücke der österreichischen Wirtschaft. Das Paket diene auch dazu, die Stimmung zu drehen: "Wirtschaft hat auch viel mit Psychologie zu tun. Es gilt: Wer jetzt einkauft, wer jetzt konsumiert, hilft dem Land, seiner Familie und letztlich auch sich selbst", so Mahrer. Das Wirtshauspaket sei auch eine große Joboffensive. "Wir müssen alles dafür tun, dass wir die Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Das muss unser gemeinsames Ziel sein."
In Sachen Tourismus und auch Reisefreiheit seien Prognosen unmöglich, so Kurz. Man wolle auf europäischer Ebene nach ganz klaren Kriterien vorgehen. "Eine Matrix auszuarbeiten, die vorgibt, in welchem Land ist die Situation wie gut oder wie schlecht und ist daher eine Grenzöffnung möglich oder nicht. Nachdem in Österreich die Situation eine ausgezeichnete ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass viele andere Länder bereit sein werden, die Grenzen zu uns zu öffnen."
Grundsätzlich werde man aber nicht nur die Fallzahlen, sondern auch die Zahl der durchgeführten Tests bei der Evaluierung ansehen. "Es ist nicht nur eine Zahl, auf die wir da schauen können." Für die Nachtgastronomie werde derzeit an speziellen Lösungen gearbeitet. Ebenso für andere Bereiche wie die Veranstaltungswirtschaft.
(Quelle: apa)