"Nehmen Lage ernst"

Österreich rüstet sich für Coronavirus

Im Bild (v.li.): Innenminister Karl Nehammer und der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Franz Lang, am Sonntag bei einem Medientermin.
Veröffentlicht: 23. Februar 2020 11:58 Uhr
Nach den beiden Coronavirus-Todesfällen in Italien sprach Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Sonntag in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz über die Auswirkungen für Österreich. Indes hat die Wirtschaftskammer eine Hotline für betroffene Unternehmen eingerichtet.

Ziel sei es, den Firmen beispielsweise beim Kontakt zu chinesischen Behörden zu helfen, wie es am Sonntag in einer Pressemitteilung hieß. Das Wirtschaftsministerium organisierte eine "Task Force" namens "Wirtschaft COVID-19" zwischen der chinesischen Botschaft, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung. Rund 1.000 Firmen aus Österreich haben Niederlassungen in China, dem mit Abstand wichtigsten Handelspartner in Asien. Die Hotline der Wirtschaftskammer ist von Montag bis Freitag zwischen 9 und 17 Uhr unter der Nummer 05 90900-4352 zu erreichen.

Gesundheitslandesräte am Montag bei Anschober

Die Gesundheitslandesräte werden am Montag in Wien mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zusammentreffen, "zur weiteren Verstärkung der Abstimmung der Maßnahmen" gegen das neuartige Coronavirus. Das teilte das Ressort am Sonntagnachmittag mit. "Wir nehmen die Entwicklung in Italien sehr ernst", betonte Anschober. "Wir sind gut vorbereitet und arbeiten eng innerhalb der EU zusammen."

Die europäischen Gesundheitsbehörden haben eine gemeinsame Strategie, erläuterte der Minister: Bei einem Ausbruch wie nun in Italien werde sofort – u.a. durch Isolation - regional gehandelt und versucht, die Ausbreitung zu begrenzen. Treten bei der Befragung der Betroffenen Fakten auf, die ein anderes EU-Land betreffen, werde dies sofort ins "Early Warning and Response System" (EWRS) der Europäische Union eingespeist und unmittelbar dem betroffenen Mitgliedsstaat übermittelt, damit dieser ebenfalls sofort handeln könne. "Diese Vorgehensweise hat im Fall des Ausbruchs in Bayern vor drei Wochen gut funktioniert", sagte Anschober. "Der Ausbruch konnte begrenzt und gestoppt werden."

Rascher Coronavirus-Anstieg "sehr ernst" genommen

Der rasche Anstieg der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus in Italien wird von den heimischen Sicherheitsbehörden "sehr ernst" genommen, es gebe aber "keinen Grund zur Panik", betonte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Sonntag: "Wir sind gut gerüstet in Österreich." Hierzulande gibt es nach 181 negativ getesteten Verdachtsfällen weiterhin keinen bestätigten Fall.

Der Ressortchef ließ sich im Einsatz- und Koordinationscenter (EKC) im Innenministerium über die aktuelle Situation unterrichten. "Wir sind gut vorbereitet auf alle Entwicklungen, die möglich sind", bilanzierte er danach vor Journalisten. Die italienischen Behörden würden mit Hochdruck an Schutzmaßnahmen arbeiten. "Wir sind in enger Abstimmung, auch mit den Verbindungsbeamten vor Ort, um allfällige Koordinierungsmaßnahmen rasch gemeinsam mit Italien durchführen zu können."

Einsatzstab tritt am Montag zusammen

"Die Lage in Italien nehmen wir hier sehr ernst, auch als Sicherheitsbehörde. Im Umgang in einem Krisenfall wie diesem hat das Gesundheitsministerium die inhaltliche Führung. Die Polizei sichert alle notwendigen Maßnahmen, wenn nötig auch mit Zwangsmaßnahmen", so der Innenminister.

Vor Italien stand auch schon in Deutschland, vor allem mit einem Ausbruch im Jänner in Bayern, SARS-CoV-2 praktisch "vor der Haustür". Nunmehr gehe es vor allem um die "auffällige" Fallzahl, sagte Nehammer. "Weil sich die Lage in Italien derzeit dynamisch entwickelt, ist es wichtig, da auch sofort die gleichen Sorgfaltsmaßnahmen einzuleiten, die wir auch gegenüber Bayern geleistet haben."

Zur von Italien aus von verschiedenen Stellen bereits erhobenen Forderung nach Schließung der Grenzen im Stiefelstaat verwies Nehammer auf die Einschätzung der Experten, die auch morgen, Montag, wieder unter Beteiligung des Gesundheitsministeriums und Ländervertretern im BMI zum Einsatzstab zusammentreten und die neuesten Entwicklungen abwägen werden. Grundsätzlich wäre ein solcher Schritt "sehr rasch umzusetzen". Binnen Minuten bzw. binnen einer Stunde könnten Grenzkontrollen "hochgefahren werden", erläuterte Franz Lang, Leiter des Bundeskriminalamts (BK) - abhängig davon, welche Maßnahmen, vor allem gesundheitsspezifischer Natur, man durchführen wolle.

Für die Einführung von Kontrollen an der italienischen Grenze spricht sich indes FPÖ-Klubobmann Hebert Kickl gegenüber der Tageszeitung "Österreich" (Montagsausgabe) aus. "Das Wichtigste ist jetzt, das Einschleppen des Virus nach Österreich zu verhindern", sagte er laut dem Blatt. Kickl fordert zudem eine "Corona-App" mit Reisewarnungen und aktuellen Informationen. "Und wenn sich die Lage in Italien weiter verschärft, werden Grenzkontrollen nötig sein, aber auch dazu vermisse ich jede Vorbereitung." 

Überlegungen zu möglichen Grenzkontrollen

"Wenn aufgrund dieser Gefahrenlage die Grenzen geschlossen und Grenzkontrollen eingeführt werden, dann ist die spannende Frage, wie man das tut, welche gesundheitsbezogenen Maßnahmen führt man an der Grenze durch, ähnlich wie beim Flughafen zum Beispiel oder müssen wir spezifische Maßnahmen ergreifen. Das alles wird schon seit einiger Zeit beraten", sagte Lang.

Grundsätzlich müssten "beim ersten Auftreten einer erkrankten Person" in Österreich gleichzeitig "die Maßnahmen nach vorne" erfolgen - mit funktionierender medizinischer Versorgungskette ab der ersten Minute, Quarantäne etc. sowie "die Maßnahmen nach hinten" - die genaue Abklärung, wie der Reiseweg verlief, welche Kontaktpersonen und Kontaminationsquellen es geben könnte, usw. Beides müsse gleich präzise erfolgen, um eine mögliche Ausbreitungsgefahr einzuschätzen, erklärte Lang.

Im Einsatzstab am Montag wird "über die Entwicklung beraten und darüber, welche neuen Maßnahmen unter Umständen zu setzen sind. Es werden auch immer wieder Lagen durchgespielt, sollte es tatsächlich einmal in Österreich einen bestätigten Fall geben", so Nehammer.

Hilfsgüter am Weg nach Wuhan

Der Innenminister gab überdies bekannt, dass am Sonntag ein Transportflieger mit Hilfsgütern vom Flughafen Wien in Schwechat gestartet ist. Die Maschine soll rund 50 Tonnen medizinisches Material in die von der SARS-CoV-2-Epidemie hauptbetroffene chinesische Stadt Wuhan bringen, darunter 100.000 Chirurgenmasken, 2,3 Millionen Einmalhandschuhe, Schutzanzüge und Desinfektionsmittel. Die Hilfslieferung wurde vom BMI mit Außenministerium, Land Salzburg und Rotem Kreuz und gemeinsam mit den Ländern Ungarn, Tschechien und Slowenien auf die Beine gestellt.

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Coronavirus: Drastische Maßnahmen in Italien

Italien hat im Kampf gegen den schlimmsten Ausbruch des neuen Coronavirus in Europa drastische Maßnahmen gesetzt. Um eine weitere Ausbreitung im Norden des Landes zu unterbinden, sollen nun die am stärksten betroffenen Städte abgeriegelt werden, wie die italienische Regierung am Samstagabend mitteilte.

(Quelle: apa)

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