Aufregung um Razzia

Offene Fragen nach Polizeieinsatz auf Peršmanhof in Kärnten

Die Polizei wurde für den Einsatz am Peršmanhof in Kärnten scharf kritisiert,
Veröffentlicht: 29. Juli 2025 10:50 Uhr
Aufregung gibt es nach einer Razzia der Polizei in der NS-Gedenkstätte Peršmanhof in Kärnten. Die Landespolitik sowie das slowenische Außenministerium haben sich deshalb mittlerweile eingeschaltet.

Nach einem größeren Polizeieinsatz am Sonntag bei einem Antifa-Camp am Gelände des Museums Peršmanhof im Kärntner Bad Eisenkappel (Bezirk Völkermarkt) lädt Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) am Mittwochnachmittag zu einem gemeinsamen Treffen mit Museumsleitung, Verfassungsschutz, Bezirkshauptmannschaft und Gemeinde - Ziel sei eine "lückenlose Aufklärung". Auch das slowenische Außenministerium erwartet Aufklärung und wandte sich bereits an den österreichischen Botschafter.

Polizei, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie Bezirkshauptmannschaft waren am Sonntag wegen angeblicher Verwaltungsübertretungen angerückt. Laut Polizei verweigerten alle anwesenden Camp-Teilnehmer Identitätsfeststellungen, woraufhin Verstärkung angefordert wurde. Als Beamte das Museumsgebäude betreten wollten, kam es zu einer Rangelei, bei der ein Mann verletzt wurde. Er wurde von der Rettung ambulant versorgt und bekommt eine Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt. Drei weitere Personen wurden nach dem Fremdenpolizeigesetz festgenommen. Nachdem ihre Identität geklärt war, kamen sie wieder frei. Mehrere Verwaltungsübertretungen wurden angezeigt. Der Einsatz dauerte von 11 bis 15.30 Uhr.

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Polizei stellt 62 Übertretungen fest

Wie die Polizei am Montag gegen Mittag mitteilte, wurden bei dem Einsatz 62 Verwaltungsübertretungen und zwei Fälle von Widerstand gegen die Staatsgewalt angezeigt. Die Übertretungen erfolgten nach dem Naturschutzgesetz und nach dem Kärntner Campingplatzgesetz, außerdem wurden Anstandsverletzungen festgestellt. Weiters führte die Polizei 32 Identitätsfeststellungen und zwei Personendurchsuchungen durch. Im Einsatz waren Beamte des Landesamtes Staatsschutz und Extremismusbekämpfung, Vertreter der BH Völkermarkt, des Bundesamts Fremdenwesen und Asyl (BFA) und drei Streifen des Bezirkspolizeikommandos Völkermarkt. "Aufgrund der dynamischen Einsatzlage wurde während des laufenden Einsatzes der Polizeihubschrauber aus Dokumentationsgründen, sowie eine Polizeidiensthundeführerin und drei Beamte der SIG (Schnellen Interventionsgruppe) angefordert", hieß es von der Polizei.

Laut Landespolizeidirektor-Stellvertreter Markus Plazer lagen dem Einsatz Hinweise zugrunde, dass es bei dem Camp "Übertretungen" gebe, die verschiedene gesetzliche Regelungen - wie etwa den Naturschutz - betreffen. Deshalb habe die Polizei die Amtshandlung geführt. Die Beamten der BH seien bei dem Einsatz wegen der verschiedenen gesetzlichen Materien, um die es ging, beratend zur Seite gestanden. Das BFA sei dabei gewesen, weil auch Autos mit ausländischem Kennzeichen am Peršmanhof standen, so habe man fremdenrechtliche Kontrollen durchführen können.

Warum kam es zum Polizeieinsatz?

Auch zu den ausgelösten Irritationen meldete sich Plazer zu Wort: "Orte von grausamen NS-Verbrechen, wie der Peršmanhof, sind Orte einer modernen und regional verankerten Erinnerungskultur zu den Gräueltaten des NS-Verbrecherregimes, aber vor allem sind sie auch Orte des Gedenkens an den österreichischen Widerstand. Jede polizeiliche Maßnahme an einem derartigen Ort bedarf besonderer Sensibilität und Bewusstsein über die Geschehnisse vor mehr als 80 Jahren." Plazer kündigte "eine umfassende Analyse der polizeilichen Maßnahmen" an.

Weitere Details - wie etwa die Frage, was genau den Polizeieinsatz ausgelöst hatte - wurden vorerst nicht mitgeteilt. Knapp hieß es von der BH Völkermarkt: "Aufgrund einer polizeilichen Mitteilung über allfällige verwaltungsrechtliche Übertretungen im Zusammenhang mit dem Antifa-Camp wurde die Amtshandlung von Vertretern der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt begleitet."

Slowenische Regierung erwartet Aufklärung

Indes meldete sich die slowenische Regierung zum Vorfall zu Wort: Das Ministerium für auswärtige und europäische Angelegenheiten erwarte Aufklärung; diese Erwartung sei auch bereits an den österreichischen Botschafter in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana übermittelt worden, hieß es in einem Statement auf der Regierungswebsite. Eine diplomatische Note werde zudem dem Außenministerium in Wien übergeben. Der groß angelegte Polizeieinsatz habe die Kärntner Slowenen und die slowenische Öffentlichkeit zutiefst erschüttert. Er erwarte, dass sich Kanzler Christian Stocker (ÖVP) und Landeshauptmann Kaiser zum Vorfall äußern, betonte Vizeregierungschef und Minister für Slowenen im In-und Ausland, Matej Arčon.

Kaiser lud bereits am Sonntagabend in einer Aussendung zum Gespräch, um die Situation zu deeskalieren: "Noch ohne alle Details zum heutigen Polizeieinsatz am Peršmanhof zu kennen, rufe ich alle Beteiligten zur Zusammenarbeit und zum Gespräch auf." Um solche Eskalationen in Zukunft zu verhindern, leite er dafür erste Schritte ein. "Der Peršmanhof ist ein Ort des Gedenkens. Ein Ort, der uns daran erinnern soll, dass Hass und Gewalt in unserer Gesellschaft keinen Platz haben dürfen." Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) begrüßte in einem Posting auf Bluesky das von Kaiser anberaumte Gespräch, auch er betonte, dass es hier eine Aufarbeitung geben müsse.

Kritik am Polizeieinsatz am Peršmanhof

Die Polizei wurde für den Einsatz scharf kritisiert, insbesondere seitens der Kärntner Slowenen. Am Peršmanhof hatten am 25. April 1945 Teile einer Spezialeinheit des I. Bataillons des SS-Polizeiregiments 13 ein Massaker an elf Zivilisten verübt. Die Südkärntner Regionalpartei Enotna Lista ortet in einer Aussendung "eine gezielte Aktion, die enormes Potenzial hat, wieder Unfrieden in unser Land zu bringen". Als politische Organisation der Volksgruppe sei man über derartiges Vorgehen der Staatsgewalt 80 Jahre später "zutiefst erschüttert", der Innenminister werde aufgefordert, die Hintergründe der "gezielten Aktion" offenzulegen.

Die Gedenk-Initiative "MKK Memorial Kärnten-Koroška" verurteilte "den unerhörten und unangemessenen Polizeieinsatz" in einer Aussendung und forderte Aufklärung "aller Umstände und Hintergründe dieses skandalösen Vorganges". Bernard Sadovnik, Vorsitzender des Volksgruppenbeirates und ein Nachfahre der vor 80 Jahren Ermordeten, sagte am Montag via Facebook: "Laut Erzählungen, sieben Einsatzfahrzeuge, am Ort selbst über 30 – teils schwer bewaffnete – Beamt:innen, ein Polizeihubschrauber, Drohnen und eine Hundestaffel drangen in einen Ort ein, der nicht nur historisch tief verwundet, sondern auch symbolisch für Erinnerung, Trauer und Aufarbeitung steht." Er empfinde "diesen Einsatz aufgrund von angeblichen Verwaltungsübertretungen als unverhältnismäßig, respektlos und retraumatisierend".

Irritiert zeigten sich auch andere österreichische Gedenkstätten. "Ein derartig massiver Polizeieinsatz aus offenbar geringem Anlass an einer NS-Gedenkstätte ist ein präzedenzloser Vorgang", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW), der KZ-Gedenkstätte Mauthausen (MM) und des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ). Die Organisationen zweifeln an, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wurde, und fordern eine lückenlose Aufklärung des Vorgehens.

Gerade im heurigen Gedenkjahr seien "besondere Sensibilität und Verhältnismäßigkeit" im Umgang mit solchen Stätten zu wahren, sagte die SPÖ-Sprecherin für Erinnerungskultur, Sabine Schatz, in einer Aussendung: "Der Peršmanhof steht für das unbedingte Erinnern an die Verbrechen der Vergangenheit. Er ist ein Ort des Innehaltens, der Mahnung und der Auseinandersetzung mit dem, was unsere Gesellschaft nie wieder zulassen darf."

Einen "massiv überzogenen Polizei-Großeinsatz" ortete Volksgruppen-Sprecherin der Grünen, Olga Voglauer: "Eine Hausdurchsuchung in der Gedenkstätte, schwer bewaffnete Polizist:innen, Hubschrauber, Drohnen, Hundestaffel, die Schnelle Interventionsgruppe – und das wegen angeblicher Verstöße gegen das Kärntner Naturschutzgesetz? Das ist nicht nur völlig unverhältnismäßig, sondern auch eine Missachtung der historischen Bedeutung des Ortes und der dort anwesenden Menschen."

Ähnlich reagierte die Österreichische Hochschüler_innenschaft (ÖH): "Aus Sicht der ÖH ist dieses Vorgehen skandalös, historisch respektlos und demokratiepolitisch alarmierend." Man sieht eine "Kriminalisierung von studentischem Engagement" und fordert "lückenlose Aufklärung".

FPÖ ortet "politische Stimmungsmache"

Gänzlich anders fiel jedoch die Reaktion der Kärntner Freiheitlichen aus, sie kritisierten eine "politische Stimmungsmache gegen die Exekutive": "Dass man der Polizei, die nur ihre Arbeit getan hat, solche Vorwürfe macht, ist für uns Freiheitliche in keiner Weise nachvollziehbar. Wir leben in einem Rechtsstaat, es herrscht geltendes Recht, dieses kann auch von Linksideologen nicht gebeugt werden", sagte Kärntens FPÖ-Generalsekretär Josef Ofner.

(Quelle: apa)

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