"Farm to Fork"-Strategie

Pestizid-Reduktion laut Rechnungshof "nicht ausreichend"

ZU APA-TEXT CI - THEMENBILD - Illustration zum Thema "Pestizide": Ein Landwirt versprüht am 26.04.2011 auf einem Feld mit Wintergerste ein Pflanzenschutzmittel (ARCHIVBILD). Pestizide wie z.b. Neonicotinoide sind Pflanzenschutzmittel, die seit den 1990er-Jahren auf dem Markt sind bzw. deren Verbreitung seit damals sukzessive zugenommen hat. Sie wirken systemisch - soll heißen: Sie wirken nicht an der Oberfläche, sondern werden von der Pflanze aufgenommen und durchdringen den Saftstrom. Diese Eigenschaft macht man sich bei der Beizung zunutze, wo bereits das Saatgut mit dem Gift belastet wird. APA-FOTO: DPA/ARNE DEDERT
Veröffentlicht: 12. Juli 2024 11:50 Uhr
In der EU sollen chemische Pflanzenschutzmittel bis 2030 um die Hälfte reduziert werden. Der Rechnungshof kritisiert, dass die Umsetzung dieses Ziels in Österreich bisher nicht ausreichend ist.

In ihrer "Farm to Fork"-Strategie und der Biodiversitätsstrategie zielt die Europäische Union darauf ab, chemische Pflanzenschutzmittel bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren. "Die Umsetzung dieser Ziele ist in Österreich bisher noch nicht ausreichend", kritisierte der Rechnungshof in seinem am Freitag veröffentlichten Bericht "Pestizideinsatz in der Landwirtschaft". Verbesserungsbedarf sah er zudem insbesondere bei der Datenlage, den Zulassungsverfahren und den Kontrollen.

Die Prüfung des Rechnungshofes umfasste die Jahre 2017 bis 2021. Die Datenlage war dem Bericht zufolge allerdings mangelhaft: Zwar veröffentlicht das Landwirtschaftsministerium jährliche Daten zu den in Verkehr gebrachten Pestiziden, allerdings wurden Importe von Pflanzenschutzmitteln wie Internetkäufe oder grenzüberschreitende Eigenimporte von landwirtschaftlichen Verwendern in den Statistiken nicht berücksichtigt.

Gesundheitsbedenkliche Wirkstoffe im Einsatz

Weiters ließen die in Verkehr gebrachten Mengen an Wirkstoffen aufgrund der unterschiedlichen Toxizität keine Aussagen über deren Risiko für Mensch und Umwelt zu. Der Rechnungshof wies aber darauf hin, "dass in Österreich Wirkstoffe zum Einsatz kamen, bei denen Gesundheitsbedenken bestätigt waren". 2021 wurden hierzulande bei Pestizidrückstandskontrollen von Lebensmitteln 32 von 1.798 Proben als gesundheitsschädlich oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet beurteilt; davon stammten zwei aus inländischer Produktion.

Unabhängige Bewertungsstelle fehlt

In Österreich fehlte im überprüften Zeitraum zudem "die Unabhängigkeit der Zulassungs- und der Bewertungsstelle". Die nationale Zulassungsstelle für Pflanzenschutzmittel in Österreich, das Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES), ist demnach "eine dem Landwirtschaftsministerium nachgeordnete Dienststelle". Das BAES bediente sich bei den Zulassungsverfahren dem Bericht zufolge "in personeller und organisatorischer Hinsicht" wiederum bei der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). "Diese Gesellschaft steht zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes. Gegenseitige Einflussnahmen zwischen der Risikobewertung und dem Risikomanagement im Zuge der Entscheidungsfindung konnten nicht ausgeschlossen werden", hieß es.

Notfallzulassung für gefährliche Wirkstoffe

Der Rechnungshof wies in seinem Bericht auch auf die im EU-Vergleich große Anzahl von Notfallzulassungen in Österreich hin. Darunter fielen auch besonders gefährliche, in der EU nicht mehr zugelassene Wirkstoffe. Speziell im untersuchten Zeitraum gab es demnach einen starken Anstieg von Notfallzulassungen. "Die Prüferinnen und Prüfer beurteilen die Entwicklung der Notfallzulassungen kritisch, weil dadurch strengere Standard-Zulassungsverfahren umgangen werden konnten", so der Rechnungshof.

Zudem bemängelte der Rechnungshof, dass die amtlichen Kontrollen der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln durch die Länder nicht nach einheitlichen Standards erfolgen. "Entsprechende EU-Regelungen wurden hierzulande durch neun Landesgesetze mit jeweils unterschiedlichen Vorgaben umgesetzt", urteilte der Rechnungshof.

"Wir bekennen uns klar zum integrierten Pflanzenschutz, das heißt so viel wie notwendig, so wenig wie möglich", reagierte das Landwirtschaftsministerium in einer Stellungnahme gegenüber der APA. "Ziel ist es, den Einsatz von Pflanzenschutz nachhaltig zu optimieren und die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln zu sichern. Gleichzeitig wollen wir uns stetig verbessern. Die Empfehlungen des Rechnungshofes, die im Aufgabenbereich des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft liegen, werden daher sorgfältig und in Richtung Verbesserungspotenzial geprüft."

(Quelle: apa)

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