Die Regierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS hat sich auf ein Kopftuchverbot für unmündige minderjährige Mädchen (bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres) an Schulen geeinigt. Ein entsprechender Entwurf soll am Mittwoch in Begutachtung gehen. Ob die Umsetzung gelingt bzw. Bestand hat, bleibt offen, denn schon einmal hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein derartiges Verbot aufgehoben.
Beschlossen hatte es im Jahr 2019 die türkis-blaue Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). In Kraft trat das Kopftuchverbot in Volksschulen im Herbst 2019. Aufgehoben wurde es schließlich vom Höchstgericht im Dezember 2020 mit der Erklärung, dass die Regelung eine bestimmte Religion, den Islam, ohne nähere Begründung herausgreife. Das widerspreche dem Gebot der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates, hatten die Verfassungsrichter damals die Entscheidung begründet.
Verbot einst mit "sozialer Integration" argumentiert
Türkis-Blau hatte die Regelung derart ausgestaltet, dass mit dem Kopftuchverbot generell "das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist", untersagt wurde. Begründet wurde dies mit "der sozialen Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Bundesverfassung sowie der Gleichstellung von Mann und Frau".
Wie damals in den Erläuterungen spezifiziert wurde, sei unter "Verhüllung des Hauptes" jede Art von Bekleidung gemeint, "welche das gesamte Haupthaar oder große Teile dessen verhüllt". Explizit ausgenommen wurden damals Verbände aus medizinischen Gründen bzw. Kopfbedeckungen aus Witterungsgründen. Das Tragen der jüdischen Kippa und der Patka der Sikhs wäre vom Verbot nicht betroffen gewesen. Bei einem Verstoß hätten Strafen bis zu 440 Euro gedroht.
VfGH kassiert Kopftuchverbot ein
Dem VfGH war das zu wenig. Schließlich begründe der Gleichheitsgrundsatz in Verbindung mit dem Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit das Gebot der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates. Zwar beziehe sich das von der türkis-blauen Regierung eingeführte Verbot nicht ausdrücklich auf das Tragen eines islamischen Kopftuches. In den Gesetzesmaterialien zum Schulunterrichtsgesetz komme jedoch die Absicht des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass konkret das Tragen eines islamischen Kopftuches untersagt werden soll, hieß es damals in der Begründung des Höchstgerichts.
Türkis-Blau hatte das Kopftuchverbot in Ermangelung weiterer Unterstützung im Nationalrat als einfachgesetzliche Regelung beschlossen, da sich die anderen Parteien nicht zu einer Verfassungsbestimmung erweichen ließen. Auch die aktuelle Regierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS wäre auf eine der Oppositionsparteien (FPÖ und Grüne) angewiesen, um die Materie mit Zweidrittel-Mehrheit zu beschließen.
(Quelle: apa)