Die Teuerung treffe die sozial Schwachen immer besonders, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bei einer Pressekonferenz. Darum werde man die bereits im Dezember beschlossene Einmalzahlung von 150 Euro für Arbeitslose und besonders betroffene Menschen verdoppeln. "Das sind immerhin 750.000 Menschen, die in Österreich leben, die davon betroffen sind und gleichzeitig auch hier konkret entlastet werden."
Ökostrompauschale wird ausgesetzt
Zusammen mit der bereits fixen Aussetzung der Ökostrompauschale und des Ökostromförderbeitrags für heuer – von im Schnitt rund 100 Euro pro Haushalt –, was nochmals etwa 900 Mio. Euro Entlastung entspricht, "sorgt die Bundesregierung mit einem Volumen von rund 1,7 Mrd. Euro für eine zusätzliche Entlastung der Menschen", hieß es bei der Pressekonferenz.
Man habe "ein deutliches Entlastungspaket" schnüren wollen, "das seine Wirkung hat", betonte Nehammer, man wolle "schnell helfen".
Wer profitiert vom Energiekosten-Ausgleich?
Den Energiekostenausgleich wolle man den Menschen "so schnell wie möglich und so unbürokratisch wie möglich" zukommen lassen, sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Die Details werde man mit den Energieunternehmen in den nächsten Tagen ausarbeiten.
Profitieren sollen fast alle Haushalte, außer jene mit ganz hohen Einkommen: Vom Energiekostenausgleich von einmalig 150 Euro, in Summe 600 Mio. Euro, sollen alle Ein- bzw. Mehrpersonenhaushalte mit einem Einkommen bis zur ein- bzw. zweifachen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage profitieren, aktuell liegt diese bei 5.670 Euro brutto monatlich.
Kritik aus Salzburg am "Gießkannenprinzip"
In einem Statement befürwortet die Salzburger Armutskonferenz die heute vorgestellte Maßnahme der Bundesregierung, "um den Menschen schnell zu helfen." Kritisch anzumerken sei allerdings "das Gießkannenprinzip, welches bei der Auszahlung des Energiekostenausgleichs zum Tragen kommt: Die Obergrenze für das monatliche Einkommen wurde mit 5.670 Euro (brutto) erstaunlich hoch angesetzt, bedenkt man, dass armutsgefährdete Menschen mit einem Einkommen unter 1.300 Euro (netto) monatlich liegen." Zudem sei offen, wie treffsicher Förderungen zum Umstieg auf klimafitte Heizmodule sein werden, "da insbesondere von Armut- bzw. von Energiearmut Betroffene nur selten die Möglichkeit haben, diese Maßnahmen auch tatsächlich umzusetzen."
ÖGB: "Erster richtiger Schritt"
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian begrüßte die angekündigten Entlastungen als einen "ersten richtigen Schritt", diese könnten aber "nur der Anfang sein". Der Energiekostenausgleich von 150 Euro für fast alle Haushalte und der zusätzliche Teuerungs-Ausgleich von ebenfalls 150 Euro für besonders Bedürftige mache die Gewerkschaftsforderung nach weiteren konkreten Maßnahmen nicht obsolet.
Die Umweltschutzorganisation Global 2000 begrüßt die beim Energiegipfel vorgestellten Maßnahmen, fordert aber einen langfristigen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle, den Ausbau erneuerbarer Energien und Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs selbst. Mit regionaler erneuerbarer Energie könne man sich von Energiepreisschwankungen auf internationalen Märkten unabhängig machen. In Österreich seien noch immer 600.000 Öl- und 900.000 Gasheizungen in Betrieb, ein verbindlicher Ausstiegsfahrplan fehle.
"Noch lange nicht alle Probleme gelöst"
Die Umweltorganisation WWF Österreich urgierte ein rasches klimagerechtes Energiespar-Programm. Politik und Energieversorger müssten sehr viel mehr tun, um die Verschwendung von wertvoller Energie zu stoppen. Der heimische Energieverbrauch sei angesichts der EU-Klimaziele zu hoch, und die Preislage für die Menschen gehöre sozial abgefedert entschärft.
Der Pensionistenverband meinte, mit den 150 Euro Energiekostenausgleich seien "noch lange nicht alle Probleme gelöst", das decke nur zum Teil die enorm gestiegenen Kosten für Haushaltsenergie ab. Zudem gebe es neben den Energiepreisen auch eine Teuerungswelle bei den Lebensmitteln, so Verbandspräsident Peter Kostelka, der deshalb "Nachbesserungen" bei der Pensionsanpassung forderte.
Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec begrüßte das Energiekosten-Hilfspaket der Regierung, weil damit allen stark betroffenen Menschen unter die Arme gegriffen werde. Der Energiegipfel zeige: "Wer schnell hilft, hilft doppelt", so Korosec vom ÖVP-nahen Seniorenbund.
Industrie vermisst Sofort-Hilfe
Die Industrie vermisst nach dem Energiepreisgipfel eine Sofort-Hilfe für betroffene Unternehmen. Die Energiepreissituation erfordere ein sofortiges Handeln, nötig sei eine Strompreiskompensation für Unternehmen, sagte IV-Präsident Georg Knill. Dass die Preise für Strom und Gas ein Vielfaches über dem Vorkrisenniveau lägen, sei eine "Herausforderung historischen Ausmaßes". Es sei legitim, Haushalte in dieser Situation zu entlasten, aber Betriebe mit dem Rücken zur Wand bräuchten ebenfalls eine spürbare Entlastung.
Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) sieht die Betriebe weiter massiv unter Druck. Es sei erfreulich und höchst an der Zeit, dass die Politik für die Bürger aktiv werde und Schritte setze, für Unternehmen sei der Anstieg der Energiekosten aber teils sehr problematisch. Branchen wie Stahl, Chemie, Papier, Glas und Stein/Keramik seien enorm unter Druck, so Industriesparten-Geschäftsführer Andreas Mörk.
So reagiert die Opposition
SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll bezeichnete die Entlastungsmaßnahmen als "zu spät und halbherzig", bessere wäre zur Linderung der Not eine Energie-Mehrwertsteuer-Senkung und eine 300-Euro-Einmalzahlung. Die Teuerung umfasse alle Lebensbereiche und könne nicht nur aus der Perspektive der Energiekosten betrachtet werden, denn der tägliche Warenkorb habe sich um 15 Prozent verteuert. Hinzu komme die im April drohende Mietpreisexplosion um 8 Prozent durch Indexierung, die ausgesetzt werden müsse.
FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl sprach von einer "herben Enttäuschung" und einer "großen Inszenierung", denn die 150 Euro Energiekosten-Bonus seien "nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein". Seit Monaten würden die Menschen unter steigenden Energie-, Sprit- und Lebensmittelpreisen leiden - und diese Preisexplosion werde von Schwarz-Grün ignoriert. Ungarn deckle die Preise von Grundnahrungsmitteln, Polen senke die Mehrwertsteuer für Benzin und Diesel von 23 auf 8 Prozent.
NEOS-Klubobmann Niki Scherak forderte "langfristige Lösungen" anstelle "populistischer Einmalzahlungen". Die Regierung müsse aufhören, ständig mit der Gießkanne Geld zu verteilen. Stattdessen sollte sie die "Kalte Progression" sofort abschaffen, weil das alle Menschen langfristig entlasten würde.
(Quelle: salzburg24)