VfGH-Urteil

Mögliche Rückzahlungen für tausende Mieter:innen

Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs über Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen könnte Rückzahlungen für Mieter:innen bedeuten. (SYMBOLBILD)
Veröffentlicht: 15. Juli 2025 16:41 Uhr
Mögliche Rückzahlungen an Mieter:innen könnte ein aktuelles Urteil des Verfassungsgerichtshofes zu Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen bringen. In der Immobilienbranche sorgt das für Unsicherheit.

Die aktuelle VfGH-Erkenntnis zu Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen und mögliche Rückzahlungen an Mieterinnen und Mieter macht die Immobilienbranche nervös. Die Bundesregierung hat zum Amtsantritt bereits Änderungen bei der Mieten-Wertsicherung versprochen. Der für Wohnen zuständige Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) will gemeinsam mit Justizministerin Anna Sporrer (beide SPÖ) und den Koalitionspartnern ÖVP und NEOS nun eine Lösung bis zum Herbst finden.

Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen beschäftigten schon lange Mieter, gewerbliche Vermieter und die Gerichte. Vor zwei Jahren hat der Oberste Gerichtshof (OGH) die Ungültigkeit von Wertsicherungsklauseln festgestellt, wenn im Mietvertrag nicht ausdrücklich auf eine zweimonatige Sperrfrist im Hinblick auf mögliche Mietzinsanhebungen hingewiesen wurde. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschied kürzlich in der Causa, dass das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) gewisse Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen untersagen darf.

Mieter:innen könnten nach Urteil Rückzahlungen erhalten

Laut Arbeiterkammer heißt das aber nicht, dass betroffene Mieter nun automatisch Geld zurückbekommen. Jeder einzelne Fall müsse gerichtlich geklärt werden. Die Mietervereinigung rechnet daher in nächster Zeit mit einem Anstieg an Anfragen von Mieterinnen und Mietern. Viele Betroffene zögern aber, so Mietervereinigung-Präsident Georg Niedermühlbichler im Ö1-"Morgenjournal" des ORF-Radios.

Die Immobilienbranche sieht rechtlich noch viele offene Fragen und hofft auf eine baldige Lösung durch den Gesetzgeber. "Noch sind eine Reihe von wichtigen Einzelfragen offen, die der Oberste Gerichtshof (OGH) in Individualprozessen zu beurteilen hat", so der Geschäftsführer des Österreichischen Verbandes der Immobilienwirtschaft (ÖVI), Anton Holzapfel, am Dienstag in einer Aussendung. "Welche Verjährungsfrist ist anzuwenden? Sind es 3 Jahre oder 30 Jahre, für die eine allenfalls ungültig vereinbarte Wertsicherung zurückbezahlt werden müssen?"

VfGh-Urteil sorgt für "Schockstarre" in Immobilienbranche

"Es ist immer noch eine gewisse Schockstarre da", beschrieb der Präsident der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE), Andreas Köttl, die aktuelle Stimmung in der Branche gegenüber der APA. Obwohl sich "überschießende Ergebnisse" seit zwei Jahren abzeichneten, sei "relativ wenig dagegen getan" worden, kritisierte der VÖPE-Chef die drohenden "Eingriffe in die Vergangenheit". "Das ist ja eine Situation, wo es massiven politischen Handlungsbedarf gibt", betonte der Vorstandsdirektor der ARWAG Holding-AG, Thomas Drozda. "Es ist ganz, ganz relevant, Sicherheit zu schaffen, weil das Drohpotenzial in die Milliarden geht", meinte auch die Bundesobfrau der ARGE Eigenheim, Isabella Stickler.

Die seit März amtierende Regierung ist sich der rechtlichen Problematik bereits bewusst. Im Regierungsprogramm ist noch keine konkrete Lösung skizziert, sondern es heißt lediglich: "Schaffung von Klarheit auf gesetzlicher Ebene in Bezug auf Wertsicherungsklauseln für alle Dauerschuldverhältnisse und die Verjährung sowie Verkürzung der Verjährungsfrist."

Die "Presse" (Dienstagsausgabe) berichtet über einen noch nicht öffentlichen Gesetzesentwurf im Hinblick auf Wertsicherungsklauseln. Änderungen soll es im Konsumentenschutzgesetz und im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch geben. "Der Anspruch auf Rückforderung von auf Basis einer Wertsicherungsvereinbarung zu Unrecht vereinnahmten Leistungen verjährt innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis der Rechtsunwirksamkeit und des Rückforderungsanspruchs, längstens jedoch innerhalb von fünf Jahren ab Zahlung", zitiert die Zeitung aus dem Gesetzesentwurf.

Mieterträge durch Gesetzeslage "massiv geschmälert"

Der Verband der Immobilienwirtschaft kritisiert, dass seit dem OGH-Urteil zu Wertsicherungsklauseln vor zwei Jahren die damalige türkis-grüne Regierung die Gesetzeslage nicht repariert habe. Die wirtschaftlichen Auswirkungen bei einem "Worst-Case-Szenario" seien "mehr als bedrohlich", warnte der Immo-Branchenverband. Die Mietzinse würden dauerhaft eingefroren, die Erträge massiv geschmälert. Dadurch müssten auch die Immobilienbewertungen in den Bilanzen von institutionellen Investoren wie etwa Banken und Versicherungen massiv abgewertet werden. Auch für thermische Sanierungen und Dekarbonisierungsmaßnahmen würde das nötige Kapital fehlen.

Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) verwies am 10. Juli in der "Fragestunde" des Nationalrats in Bezug auf eine Reparatur der Wertsicherungsklausel laut Parlamentskorrespondenz darauf, dass "sein Ressort gemeinsam mit dem Justizministerium mit Hochdruck an einer Lösung arbeite". Ziel sei eine Beschlussfassung im Herbst, "damit die Mietpreisbremse bereits im kommenden Jahr volle Wirksamkeit entfaltet", hieß es aus dem Büro von Babler zur "Presse". Details zu den geplanten Gesetzesänderungen gab man auf APA-Anfrage nicht bekannt. "Für die Vergangenheit werden wir die Verjährungsfristen für Mietzinsrückforderungen neu regeln", hieß es aus dem Ministerium des Vizekanzlers. "Dadurch soll ein sozialer und fairer Ausgleich im Interesse der Mieterinnen und Mieter aber auch Planungssicherheit für Vermieter geschaffen werden." Auch die für Konsumentenschutz zuständige Ministerin Korinna Schumann kündigte in der "ZIB2" (Montag) Verhandlungen im Sommer an. Sie hofft ebenfalls auf eine Einigung bis Herbst.

Auch die NEOS wollen eine Einigung in den nächsten Monaten bis zum Herbst. "Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zeigt deutlich, wie wichtig es ist, dass wir bei den Wertsicherungsklauseln endlich für Rechtssicherheit sorgen", sagte NEOS-Sprecherin für Bauten und Wohnen Sophie Wotschke gegenüber der APA. Dies sei "von zentraler Bedeutung für unseren Wirtschaftsstandort, insbesondere für die Immobilienwirtschaft", an der ein Drittel des österreichischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) hänge. Die FPÖ fordert in der Causa "eine rasche, ausgewogene Neuregelung". "Klar ist, dass Indexierungen nicht pauschal abzulehnen sind, aber fair und transparent sein müssen", so FPÖ-Bautensprecher Michael Oberlechner in einer Aussendung. "Ein echter Interessenausgleich" sei "erforderlich".

(Quelle: apa)

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