Aktivist:innen auf Tour

Serbische Protest-Radler in Österreich: Stopp in Salzburg geplant

Rund 2.000 Menschen haben den serbischen Protest-Radlern am Montagabend, 7. April 2025 einen begeisterten Empfang in der Wiener Innenstadt bereitet. 
Veröffentlicht: 08. April 2025 08:54 Uhr
Unter großem Jubel von rund 2.000 Menschen sind am Montagabend serbische Studenten auf ihrer Protest-Radtour gegen Korruption und politische Missstände in Wien eingetroffen. Die 80 jungen Aktivist:innen radeln derzeit von Novi Sad nach Straßburg, um Europa zum Handeln gegen Serbiens Regierung aufzurufen. Die Gruppe wird bis Freitagvormittag in Österreich sein, wobei Übernachtungen in Wien, Emmersdorf, Linz und Salzburg geplant sind.

Rund 2.000 Menschen haben den serbischen Protest-Radlern am heutigen Montagabend einen begeisterten Empfang in der Wiener Innenstadt bereitet. Mit fast vier Stunden Verspätung kamen die 80 Studentinnen und Studenten um 21.15 Uhr am Maria-Theresien-Platz an und wurden von der serbischen Diaspora in Wien gefeiert wie Olympiasieger. Für die erfolgreich absolvierte fünfte Etappe auf dem Weg in die Europa-Hauptstadt Straßburg gab es sogar Urkunden und Medaillen.

"Lasst Vučić fallen"

"Zehntausende Menschen wollen nach Serbien zurückkehren, unter einer Bedingung: Dass sich etwas ändert in Serbien", sagte der 19-jährige Petar nach der Ankunft im APA-Gespräch. "Aus diesem Grund sind wir auf dem Weg nach Straßburg und wir werden die Veränderung herbeiführen." Von Österreich und Europa erwartet er sich vor allem eines: "Lasst (den serbischen Präsidenten Aleksandar, Anm.) Vučić fallen. Erhebt die Stimme."

Die von Vučić in Aussicht gestellten vorgezogenen Neuwahlen sieht der Student skeptisch. Diese werden nur dann frei und fair sein, "wenn die Studenten alles organisieren - von den Wahlkommissionen bis zur Gleichberechtigung im Medienbereich", sagte Petar. Wie seine Mitstreiter nannte er seinen Nachnamen nicht, doch um seine persönliche Sicherheit oder jene seiner Verwandten macht er sich keine Sorgen. "Das Regime hat meine Verwandten bereits angegriffen, und mich auch. Wenn sie mir etwas tun wollen, dann müssen sie das mit ihrem Gewissen vereinbaren."

Vier Stopps in Österreich geplant, darunter Salzburg

In Straßburg wollen die Radler am kommenden Dienstag ankommen. Das "Radrennen um die Gerechtigkeit" findet in 13 Tagesetappen mit jeweils rund 100 Kilometern statt. Die Gruppe wird bis Freitagvormittag in Österreich sein, wobei Übernachtungen in Wien, Emmersdorf, Linz und Salzburg geplant sind. Am morgigen Dienstag stehen nur 88 Kilometer auf dem Programm, mit dem Etappenziel in Emmersdorf bei Melk. Am Mittwoch sind es 100 Kilometer bis Linz, am Donnerstag 128 Kilometer bis Salzburg.

"Pumpaj"-Rufe am Maria-Theresien-Platz

Die Radlerinnen und Radler legten am Montag mehr als 140 Kilometer zurück, was mit Abstand die längste Tagesetappe der am Donnerstag im nordserbischen Novi Sad begonnenen Tour war. Wegen des Windes sei aber die Tour von Budapest nach Györ am gestrigen Sonntag anstrengender gewesen, sagte Petar.

Die verzögerte Ankunft hatte der Stimmung unter den Wartenden am Maria-Theresien-Platz zwischen dem Kunsthistorischen und Naturhistorischen Museum keinen Abbruch getan. Aus Lautsprechern tönte serbische Musik, an dem für die Radler ausgerollten roten Teppich wurde getanzt. Als sie vom Ring anrollten, erschallte der Schlachtruf der serbischen Radlerbewegung, "Pumpaj", auf dem Platz, der in ein Meer aus Handyscheinwerfern getaucht war. Im Ziel fielen einander die Radler in die Arme und hoben ihre Rennräder hoch. Wie vielgestaltig die Protestbewegung ist, zeigte sich in Details: Während einer der Radler eine Ikone über den roten Teppich trug, hatte ein anderer ein Pikachu-Kuscheltier im Arm. Vielfach waren auch serbische Fahnen zu sehen.

Bei Tour lief bisher "alles nach Plan"

Eine Sprecherin der Gruppe hatte der APA zuvor gesagt, dass bei der Tour "alles nach Plan" laufe. "Das einzige Problem war, dass wir keine Polizeieskorte in Ungarn hatten, aber das hat uns nicht gestört", sagte sie bei einem Zwischenstopp in Bratislava. Auch dort waren die Radler von der dortigen serbischen Community empfangen worden, wie am Samstag bereits in Budapest. Dort hatten mehrere hundert Menschen die Ankunft der Protestradler erwartet.

Die aus 80 Studentinnen und Studenten aller staatlichen Universitäten Serbiens bestehende Gruppe war am Donnerstag in Novi Sad losgeradelt, um bei den europäischen Institutionen in Straßburg - dem Europarat und dem Europäischen Parlament - auf die politische Krise im größten Land des Westbalkan aufmerksam zu machen.

"Unsere Straßen, früher Orte der Hoffnung und Begegnungen, sind Schauplätze der Angst und Ungerechtigkeit geworden. Unsere Freunde und Kollegen werden festgenommen, weil sie die Wahrheit gesagt haben, Institutionen sind zum Werkzeug der Repression geworden", teilten Studenten auf ihrem Internetportal mit, wo ihre Radtour live zu verfolgen ist.

Proteste nach eingestürztem Bahnhofsvordach in Novi Sad

Auslöser der Proteste war der Einsturz des Bahnhofvordachs in Novi Sad am 1. November, bei dem 16 Menschen ums Leben gekommen waren. Bereits im November wurde gegen 13 Verantwortliche Anklage erhoben, doch hat die Justiz diese noch nicht bestätigt. Zwei Minister sind wegen des vermutlich durch Korruption verursachten Unglücks zurückgetreten. Ihren bisherigen Höhepunkt erreichte die Protestbewegung Mitte März durch eine Großkundgebung in Belgrad, die aber abrupt endete. Teilnehmer erhoben daraufhin Vorwürfe gegen die Behörden, eine verbotene Schallkanone eingesetzt zu haben.

(Quelle: apa)

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