Wählen ohne Staatsbürgerschaft

SOS Mitmensch startet wieder "Pass Egal"-Wahl

Eine Wahlkabine und eine Wahlurne, im Rahmen einer PK von SOS Mitmensch zum Thema "Start der Pass-Egal-Nationalratswahl 2024" am Donnerstag, 29. August 2024 in Wien.
Veröffentlicht: 29. August 2024 16:19 Uhr
Bei der symbolischen "Pass Egal"-Wahl von SOS Mitmensch können ab Donnerstag auch wieder jene 1,5 Millionen Menschen abstimmen, die aufgrund der fehlenden österreichischen Staatsbürgerschaft von der anstehenden Nationalratswahl ausgeschlossen sind.

SOS Mitmensch startet ab Donnerstag wieder die "Pass Egal"-Wahl. Wahlberechtigt sind bei der symbolischen Wahl nicht nur jene, die tatsächlich den Nationalrat wählen dürfen, sondern auch die rund 1,5 Millionen Menschen im Wahlalter, die aufgrund einer fehlenden österreichischen Staatsbürgerschaft am 29. September nicht zur Urne schreiten dürfen.

1,5 Millionen Menschen von Wahl ausgeschlossen

"Wir sind heute hier, weil 1,5 Millionen Menschen, die in dieses System einzahlen, dieses System am Laufen halten, bewusst ignoriert werden", sagte SOS-Mitmensch Vorsitzende Zeynep Buyraç bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Die in der Türkei geborene Schauspielern durfte selbst viele Jahre nicht in Österreich wählen. Mit der Aktion will man auf die vergleichsweise niedrige Einbürgerungsquote in Österreich hinweisen und die Koppelung des Wahlrechts an die Staatsbürgerschaft in Frage stellen.

So sind neben einem Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse, der in ihrem Fall nicht automatisch durch ein in Wien abgeschlossenes Studium erfüllt war und einem Einbürgerungstest vor allem die finanziellen Voraussetzungen für viele eine große Hürde am Weg zur Staatsbürgerschaft. "Ich brauchte 1.380 Euro netto monatlich, nach Abzug der Mietkosten. 40 Prozent aller Unselbstständigen erfüllen das nicht", sagte Buyraç.

Sieben von tausend Menschen werden eingebürgert

Von Tausend in Österreich lebenden Menschen ohne Pass würden derzeit weniger als sieben eingebürgert werden, gab SOS-Mitmensch Sprecher Alexander Pollak zu bedenken. In Deutschland sei dieser wert doppelt, im EU-Schnitt viermal so hoch. Ohne ein Eingreifen der Politik werde bis 2064 ein Drittel der Bevölkerung nicht wählen dürfen, zeige eine Prognose von SOS Mitmensch. In Wien wäre schon davor die Hälfte nicht mehr wahlberechtigt.

Von den 1,5 Millionen nicht Wahlberechtigten lebe fast die Hälfte schon länger als zehn Jahre in Österreich, ein Fünftel 20 Jahre, und ein "stetig wachsender Teil ist in Österreich geboren". Der Ausschluss von bundesweiten Wahlen befeuere auch die Spaltung und das "Wir gegen Sie"-Gefühl, argumentierte die Demografin Anne Goujon.

Die erste Stimme gab die Lehramtsstudentin Ebu Sokolova hab. Sie ist in Österreich geboren und darf dennoch nicht wählen. "Die Jugendlichen merken das, dass sie ausgeschlossen werden", kritisierte sie. "Dass die Staatsbürgerschaft am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses steht, stimm einfach nicht. Weil viele hier aufgewachsen sind."

Mobile Wahlkabinen zur "Pass-Egal"-Wahl

Bis eine Woche vor der Nationalratswahl wird SOS Mitmensch mit mobilen Wahlkabinen in Österreich unterwegs sein, bis zu 70 Wahlkabinen wird es geben, an an die 100 Schulen wird eine Wahl stattfinden. Wählbar sind alle Parteien, die bei der Nationalratswahl bundesweit am Stimmzettel stehen. Das Ergebnis wird am 24. September bekannt gegeben. Durchgeführt wird die "Pass Egal"-Wahl seit zehn Jahren, seitdem gab es sie bei allen Nationalratswahlen und einigen Landtags- sowie der letzten Wahl zum Bundespräsidenten. Heue rechne man mit einem neuen Beteiligungsrekord, bei der letzten Wahl nahmen Menschen mit Pässen aus insgesamt 95 Ländern teil.

Bekanntlich strikt gegen eine Entkoppelung des Wahlrechts von der Staatsbürgerschaft ist die ÖVP. "Es darf nicht sein, dass das Wahlrecht - ein fundamentales Recht in unserer Demokratie - durch solche Aktionen verwässert wird", rückte am Donnerstagnachmittag der Wiener Landesparteiobmann Karl Mahrer aus, um sich gegen das "gefährliche Signal" der "Pass Egal"-Wahl zu stellen. Von leichterem Zugang zu einem österreichischen Pass hält er ebenso wenig. "Die Staatsbürgerschaft sollte insbesondere für Menschen, die nicht aus der EU kommen, erst nach einem langen Prozess der Integration und Bewährung verliehen werden. Für Drittstaatsangehörige kann das auch länger als zehn Jahre dauern und sollte nur nach strengen und noch intensiveren Überprüfungen durch die Sicherheitsbehörden möglich sein".

(Quelle: apa)

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