Entschuldigung statt Freude

Stimmen vertauscht: Andreas Babler ist neuer SPÖ-Chef

Der Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler während seiner Rede am Samstag, 03. Juni 2023, im Rahmen eines außerordentlichen Bundesparteitages der SPÖ in Linz. 
Veröffentlicht: 05. Juni 2023 15:51 Uhr
Die Wahlleiterin der internen SPÖ-Mitgliederbefragung trat Montagnachmittag überraschend vor die Presse. Denn wie sich herausstellte, hat Andreas Babler doch mehr Stimmen als Hans Peter Doskozil, der zum Parteivorstand gewählt wurde. Die Wahlkommission soll das Ergebnis nun erneut überprüfen.
SALZBURG24 (OK)

Andreas Babler ist nun doch Chef der SPÖ. Denn man hat bei der Auszählung am Parteitag in Linz die Stimmen vertauscht. So kam nicht Hans Peter Doskozil auf 52,7 Prozent der Stimmen, sondern Babler. Das verkündete die Leiterin der Wahlkommission, Michaela Grubesa, in einer eilig einberufenen Pressekonferenz Montagnachmittag.

Suche nach fehlender Stimme

Die Groteske hatte am Nachmittag ihren Lauf genommen, als erste Gerüchte in Umlauf kamen, wonach bei einer Nachzählung Ungereimtheiten aufgefallen seien. Dass überhaupt noch einmal nachgezählt wurde, hängt damit zusammen, dass beim am Parteitag verkündeten Ergebnis eine Stimme gefehlt hatte.

So trat gegen 16 Uhr Grubesa kurzfristig anberaumt vor die Medien und verkündete, dass man sich beim Befüllen einer Excel-Tabelle geirrt habe und die Babler-Stimmen Doskozil und umgekehrt zugeordnet hatte. Eine Nachprüfung am Parteitag habe es nicht gegeben, weil sie niemand verlangt habe, nahm die Kommissionsleiterin die Schuld auf sich.

Auch jetzt noch Ungereimtheiten?

Dass Babler nicht in Jubel verfiel, sondern die Kommission aufforderte, noch einmal nachzuzählen, hat Gründe. Denn ganz so, wie es Grubesa verkündet hat, dürfte es auch nicht gewesen sein. Die fehlende und nun wieder gefundene Stimme ordnete sie nämlich den ungültigen Stimmen zu - doch hat sich deren Zahl gegenüber dem Wahltag nicht geändert. Dafür gibt es bei den Sieger- und den Verlierer-Stimmen plötzlich jeweils eine mehr.

Grubesa hatte auch erklärt, dass sie am Nachmittag nachgezählt hat. Doskozil hatte aber schon davor Termine überraschend abgesagt, weil er am Vormittag von Ungereimtheiten erfahren habe. Babler wurde wiederum erst am Nachmittag von der Kommissionsleiterin informiert, nun doch Sieger zu sein.

Der Fehler sei bei der Übertragung in eine Excel-Tabelle passiert, so Grubesa. Die Listen aus den Wahlurnen seien zusammengeführt und in das System eingespeist worden: "Das Ergebnis wurde umgedreht". Fassungslos über die Vorgangsweise beim Sonderparteitag zeigte sich der ehemalige Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, Robert Stein. Die Auszählung einer Wahl zwischen zwei Kandidaten mit rund 600 Stimmberechtigten sei eine "sehr einfache Aufgabe" und innerhalb von 45 Minuten bzw. einer Stunde bewältigbar, so Stein im ORF-Radio. "Bis zum Ergebnis hat Elektronik überhaupt nichts verloren".

Babler entschuldigt sich für "Tiefpunkt"

Um 17.30 Uhr meldete sich schließlich Andreas Babler mit einem ersten Statement im sozialdemokratischen Parlamentsklub, nach dem keine Fragen zugelassen waren, zur Wort. Er selbst sei erst um kurz nach 15 Uhr über die Geschehnisse informiert worden. Die Wahlkommission solle die abgegebenen Stimmen nun noch einmal überprüfen. Ein entsprechender Prozess sei bereits im Gange. Er erwarte sich "absolute Transparenz" und Klarheit. Für den heutigen "Tiefpunkt" wolle er sich aus tiefstem Herzen entschuldigen. Dieser sei nicht nur für Doskozil schmerzhaft, sondern für die ganze Partei. Das Geschehen sei nicht zu rechtfertigen. Sollte sich das Ergebnis bestätigen und er die Partei übernehmen, wollen er und sein Team am "völligen Comeback" der SPÖ arbeiten. Er bat neue Mitstreiter, der Partei treu zu bleiben. Über Personalia werde er zu gegebenem Zeitpunkt informieren.

Doskozil akzeptiert "neues" Ergebnis

Kurz nach Bekanntwerden des Fehlers trat Doskozil in Eisenstadt vor die Presse und gestand seine Niederlage ein. "Es ist unbestritten, das Wahlergebnis so zur Kenntnis zu nehmen", sagte er. Er wolle Babler "zum Gewinn der Wahl und zum Vorsitz der Bundespartei recht herzlich gratulieren". Seine eigenen Ambitionen erklärte Doskozil für beendet, er wolle auch keinen neuerlichen Sonderparteitag: "Für mich ist das Kapitel Bundespolitik damit ein für alle Male abgeschlossen." Ob er selber bei der Landtagswahl 2025 noch einmal antreten werde, ließ er offen.

Die jüngsten Ereignisse wertete auch Doskozil als "Tiefpunkt" für die österreichische Sozialdemokratie. "Es wird Häme geben, es wird Spott geben, aber es wird wieder schönere Zeiten für die Sozialdemokratie geben", zeigte er sich nach knapp 48 Stunden, in denen er sich fälschlicherweise als Vorsitzender der SPÖ gewähnt hatte, überzeugt.

Häme von politischem Mitbewerb

Der politische Mitbewerb reagierte mit Häme und Sarkasmus. "Wer keine Wahlen organisieren kann, wird auch keine Gewinnen", meinte NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos via Twitter. Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer schickte kurzerhand eine Korrektur der OTS von Samstag aus, in welcher der Name Hans Peter Doskozil durch Andreas Babler als neuer Parteichef ersetzt wurde.

Andreas Babler kommt auf 317 Stimmen

Ein neuer Parteitag ist laut Grubesa nicht nötig: "Aus meiner Sicht ist der ganze Prozess belegbar", so Grubesa, die sich bei Doskozil entschuldigte. Dass am Parteitag nicht nachkontrolliert wurde, nahm sie auf sich. Niemand in der Kommission - auch nicht sie selbst - habe das veranlasst. Laut dem nun vorliegenden Ergebnis kam Doskozil auf 280 Stimmen, Babler hingegen auf 317.

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(Quelle: salzburg24)

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