Das EU-Parlament hat am Dienstag seine endgültige Zustimmung für das Aus des Verbrennungsmotors für Neuwagen im Jahr 2035 gegeben. Somit dürfen keine Autos mit Diesel- und Benzinmotor mehr neu zugelassen werden. Das könnte nicht nur die gewünschten, positiven Auswirkungen auf den CO²-Ausstoß, sondern auch auf den Markt haben.
Automobil-Markt im Wandel
„Es gibt gerade eine Dynamik und einen Umbruch am Automobil-Markt“, weiß der Sprecher der Salzburger Porsche Holding, Hermann Prax, im Gespräch mit SALZBURG24 zu erzählen. „Das E-Auto ist alternativlos“. Der gestrige Beschluss habe diese Entwicklung zusätzlich befeuert. Allerdings sei sie absehbar gewesen, weshalb sich zum Beispiel der Volkswagen-Konzern, zu dem die Porsche Holding gehört, seit Jahren darauf vorbereitet habe. So werde man künftig ein breiteres Angebot an E-Autos auf den Markt bringen.
Infrastruktur für E-Ladestationen verbessern
Dafür sei aber noch mehr notwendig: „Wichtig ist jetzt, dass die politischen Ziele auch durch entsprechende politische Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten unterlegt werden. Dazu gehören eine ausreichende Versorgung mit Batteriezellen und ein viel schnellerer Ausbau der Ladeinfrastruktur“, so ein Sprecher des Volkswagen-Konzerns in einer Aussendung. Da stimmt auch Konsumentenschützer der Arbeiterkammer, Thomas Flöckner, im S24-Gespräch zu und führt einen wichtigen Punkt an. Die Versorgung durch Strom sei am Land bei Einfamilienhäusern mit Photovoltaikanlagen einfacher als in der Stadt. „Das wird im urbanen Bereich bei Wohnhäusern ein Problem“, zeigt Flöckner auf. „Zehn bis zwölf Jahre hört sich lange an, aber es wird spannend, ob sich das ausgeht.“
Was bewirkt Verbrenner-Aus am Gebrauchtwagenmarkt?
Bis 2035 würden laut Prax noch mindestens zwei Generationen an Fahrzeugen mit Verbrenner-Motoren auf den Markt kommen. Der 51-Jährige geht zudem davon aus, dass diese Motoren besser werden, was ihren CO²-Ausstoß angeht. Auf eine weitere Veränderung müssen sich Autokäufer:innen wohl einstellen: „Der Anstieg von E-Motoren wird das Angebot von Verbrennern senken, besonders PS-starke werden verschwinden“, meint Prax. Ob das die Preise am Gebrauchtwagenmarkt ansteigen lässt, sei noch ein Blick in die Glaskugel. Dass dies sehr wahrscheinlich sei, sind sich Prax und Flöckner aber wieder einig. „Während der Corona-Pandemie sind Gebrauchte aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit teurer geworden“, führt Prax ein logisches Beispiel an.
"Havannisierung" in Europa
Spannend ist auch die Frage, wie es mit dem Gebrauchtwagenmarkt am Elektro-Sektor aussehen wird. „Die Autos sind dann vielleicht noch gut intakt, aber sind es die Akkus dann auch noch?“, stellt Flöckner eine berechtigte Frage. Gut möglich, dass deshalb alte Verbrenner-Pkw länger am Markt bleiben bzw. Liebhaber ewig lange mit ihren alten Karossen fahren. „Wir könnten eine Havannisierung erleben“. Dafür müssten dann allerdings auch Tankstellen neben Strom weiterhin Sprit anbieten.
Was ist der Havanna-Effekt?
Nirgendwo gibt es so viele Oldtimer wie auf Cuba. Nicht weil die Menschen dort solche Sammler sind, sondern weil Fidel Castro bei seiner Machtübernahme im Jahre 1959 Produktionsbetriebe verstaatlichte. Privatleuten wurde zudem der Besitz von Fahrzeugen untersagt. Davon ausgenommen waren Autos, die man zu diesem Zeitpunkt bereits besaß. Auch heute noch ist der private Import von Fahrzeugen auf Cuba bis auf wenige Ausnahmen untersagt.
Autofahrerclubs kritisieren EU-Entscheidung
Der ÖAMTC sieht die Entscheidung des EU-Parlaments indes kritisch, geht aus einer Aussendung der Interessenvertretung hervor: Bei einem Verbot der Verbrennungsmotoren ab 2035 könnten die Klimaziele nur durch die Einschränkung der Mobilität erreicht werden. "Nur wenn wir über nachhaltige Kraftstoffe auch in der Bestandsflotte mit sofortiger Wirkung effektiv CO² einsparen, haben wir eine Chance, die Klimaziele einzuhalten und auch die Mobilität der Menschen zu vertretbaren Kosten zu erhalten", teilte der ÖAMTC mit. Daher gehe man davon aus, dass die Entscheidung 2026 nach einer neuerlichen Überprüfung revidiert werden muss.
Auch der ARBÖ kritisiert den Beschluss. „Im Sinne eines wirkungsvollen und nachhaltigen Umweltschutzes fordern wir Technologieoffenheit. Die E-Mobilität ist zweifelsohne ein wichtiger Pfeiler für umweltfreundliche Mobilität, sie darf aber nicht alternativlos werden. Wir müssen vermeiden, in eine technologische Sackgasse einzubiegen“, kommentiert der Autofahrerclub in einer Aussendung. Zudem würde man dadurch in Europa eine Schlüsselindustrie aufgeben und sich vollständig von China abhängig machen.
Es scheint, als müsste noch viel Benzin durch Tankschläuche fließen, ehe der EU-Beschluss umgesetzt werden kann.
(Quelle: salzburg24)