Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hebt die bis 2040 dauernde Übergangsfrist beim Verbot von Vollspaltenböden in der Schweinehaltung auf. Die Frist sei mit 17 Jahren zu lang und sachlich nicht gerechtfertigt, hielt das Höchstgericht in einer am Montag veröffentlichten Entscheidung fest. Einem entsprechenden Antrag der burgenländischen Landesregierung wurde damit stattgegeben. Die Aufhebung der Bestimmung im Tierschutzgesetz erfolgt mit 1. Juni 2025.
Salzburger Grüne "schon lange" gegen Vollspaltenboden
Die Salzburger Grünen begrüßen das Urteil des VfGH. „Gerade in Salzburg haben sich die Grünen schon lange für das Ende von Vollspaltenböden eingesetzt“, betont Kimbie Humer-Vogl, Tierschutzsprecherin der Grünen, am Montag in einer Aussendung. Ihre Partei hatte September 2020 ebenfalls einen Antrag auf ein früheres Verbot von Vollspaltenböden eingereicht – allerdings nicht vor dem VfGH, sondern im Salzburger Landtag. Darin wurde die Landesregierung aufgefordert, ihren eigenen Möglichkeiten entsprechend Maßnahmen zur artgerechteren Haltung von Schweinen zu setzen, sowie an die Bundesregierung heranzutreten, sodass diese ebenfalls Maßnahmen ergreift. Im Oktober 2020 wurde der Antrag mehrstimmig gegen die Stimmen der FPÖ zum Beschluss erhoben.
Vollspaltenboden-Verbot gilt für neue Anlagen
Für neue Anlagen gilt das 2022 im Nationalrat beschlossene Verbot schon seit Anfang 2023, für bestehende wurde eine Übergangsfrist bis 2040 festgelegt, um den landwirtschaftlichen Betrieben Planungssicherheit zu geben und getätigte Investitionen zu schützen. Die Dauer von 17 Jahren sei angesichts der Abwägung zwischen Investitions- und Tierschutz sachlich nicht gerechtfertigt, so der VfGH. Damit werde einseitig auf den Investitionsschutz abgestellt.
Höchstgericht kritisiert pauschale Übergangsfrist für alle Betriebe
Kritisch sieht das Höchstgericht außerdem, dass die Übergangsfrist pauschal für alle Betriebe gilt, egal wann die Investitionen getätigt wurden. Die Betreiber neuer Anlagen hätten aufgrund des für sie geltenden höheren Standards auch höhere Kosten als bestehende Betriebe. Dadurch herrsche ein ungleicher Wettbewerb, der mit der Übergangsfrist 17 Jahre dauern würde, hielt der VfGH fest.
Minister Rauch will Gespräche zu neuer Lösung
Der für den Tierschutz zuständige Minister Johannes Rauch (Grüne) will nun mit Vertretern von Landwirtschaft und Tierschutz Gespräche über eine neue Lösung aufnehmen, die den Landwirten den Übergang wirtschaftlich ermöglichen soll, "damit bessere Bedingungen in der Schweinehaltung rasch Wirklichkeit werden". Rauch betonte, sein Ziel sei immer ein rasches Verbot gewesen. "Es war ein Erfolg, gegen den anfänglich erbitterten Widerstand von manchen Vertretern der Schweinebranche ein Datum für das endgültige Verbot von unstrukturierten Vollspaltenbuchten festzuschreiben", hielt er fest.
Doskozil sieht "Erfolg für den Tierschutz"
Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) sprach von einem "Erfolg für den Tierschutz und für verantwortungsvolle Landwirtschaft - auch im Interesse vieler Bauern, die diese qualvolle Form der Tierhaltung jetzt schon ablehnen". Im ersten Anlauf war die Beschwerde der burgenländischen Landesregierung im Dezember 2022 noch abgewiesen worden, weil die angefochtenen Bestimmungen nach Eingehen der Beschwerde vom Bund geändert wurden - eine "Trickserei", wie Doskozil befand. Laut VfGH hätten damals auch die neuen Regelungen angefochten werden müssen. Im vergangenen April zog das Land dann ein weiteres Mal gegen die Übergangsfrist vor den VfGH und bekam nun recht.
Tierschutzorganisationen reagierten auf die Aufhebung der langen Übergangsfrist erfreut. Vier Pfoten-Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck sah in der Entscheidung des VfGH etwa ein "konsequentes Bekenntnis zum Tierschutz" und forderte, dass die aufgehobene Bestimmung rasch mit einer deutlich kürzeren Übergangsfrist angepasst wird. Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens und Sprecher der Initiative oekoreich, will Gespräche mit den Akteuren aufnehmen und sich für ein baldiges Ende der Vollspaltenböden einsetzen. "Der Profit darf nicht über dem Wohl der Tiere stehen", betonte er.
Greenpeace-Landwirtschaftssprecherin Melanie Ebner hielt in einer Aussendung fest, dass das Tierwohl jetzt verbessert werden müsse und "nicht erst in 17 Jahren". Sie forderte Unterstützung für die Landwirte für "einen raschen Umstieg auf eine möglichst artgerechte Tierhaltung".
(Quelle: apa)