U-Ausschuss

Zadic will Justiz reformieren

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Mittwoch, 30. März 2022, anl. des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses im Camineum der Nationalbibliothek in Wien.
Veröffentlicht: 30. März 2022 17:25 Uhr
Der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss hat am Mittwoch Reformankündigungen für die Justiz durch Ministerin Alma Zadic (Grüne) gebracht, vor allem aber die Information, dass der Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, suspendiert und angeklagt wird.
SALZBURG24 (jp)

Was genau Fuchs vorgeworfen wird, wurde nicht kommuniziert. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hatte im Vorjahr Ermittlungen gegen Fuchs wegen des Verdachts auf Verletzung des Amtsgeheimnisses aufgenommen. Es stand der Vorwurf im Raum, Fuchs könnte dem bereits suspendierten BMJ-Sektionschef Christian Pilnacek Informationen zu Verfahrensständen - etwa in der Causa Gernot Blümel - weitergeleitet haben. Auch einer vermuteten Falschaussage wurde nachgegangen. Dazu wurden die Ermittlungen im Herbst in Teilaspekten eingestellt.

"Grund für die Maßnahme war, dass angesichts der Anklageerhebung die Suspendierung mit Rücksicht auf die Natur oder Schwere der zur Last gelegten Pflichtverletzung im dienstlichen Interesse bzw. zur Wahrung des Standesansehens erforderlich erschien", begründete das Ministerium den heutigen Schritt.

Nachrichten zwischen Fuchs und Pilnacek

Fuchs war zuletzt wieder unter Druck geraten, nachdem Nachrichten zwischen ihm und Pilnacek publik geworden sind, wonach sich die beiden über die Observation eines WKStA-Mitarbeiters im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht unterhalten haben. Kurz vor der Sicherstellung seines Mobiltelefons im März 2021 soll er im Internet intensiv nach Informationen über Datenlöschung und -wiederherstellung, verschlüsselte Kommunikation und Wertkartenhandys gesucht haben.

Nach der Beschlagnahmung seines Handys wurden Fuchs im Vorjahr Kompetenzen entzogen. Er ist seither für sämtliche Angelegenheiten, die die WKStA betreffen, nicht mehr zuständig.

Zadic plant "Justiz 2030"

Justizministerin Zadic hat angekündigt, bis zum Sommer ein Reformprogramm "Justiz 2030" ins Leben rufen zu wollen. Seit ihrem Amtsantritt habe sie bereits tiefgreifende Änderungen in der Aufsicht insbesondere der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vorgenommen, unterstrich sie in ihrem Eingangsstatement.

"Die Chats und die Vorkommnisse der Vergangenheit haben unser Bild von der Justiz zum Teil auf eine harte Probe gestellt", betonte Zadić. Viele seien "abgestoßen und zugleich verunsichert" gewesen. Es habe sich ein Sittenbild und Amtsverständnis offenbart, dem viele Menschen auch in der Justiz nicht folgen wollten. "Ich habe unmittelbar nach meinem Antritt begonnen, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren", hob sie hervor. In geheimer Sitzung informierte sie die Abgeordneten dann über den aktuellen Ermittlungsstand.

Insbesondere habe sie die Aufsicht im Justizministerium über die Staatsanwaltschaft auf völlig neue Beine gestellt. Der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien sei nicht mehr für die Fach- und Dienstaufsicht der WKStA zuständig. Ihr werde berichtet, dass die Aufsicht und Zusammenarbeit nun "durchaus gut und mittlerweile professionell funktioniert". Mit dem nun angekündigten Programm solle die Justiz "modern, inklusiv und ihrer Unabhängigkeit weiter gestärkt" werden.

Konflikt mit WKStA Thema

Der Konflikt der WKStA mit anderen Behörden habe vielseitige Ursachen, betonte Zadić bei ihrer Befragung durch die Verfahrensrichterin - auch in vergangenen Verfahren, die nichts mit dem aktuellen Untersuchungsgegenstand zu tun haben. Diese Verwerfungen hätten zu einem "tiefen Vertrauensverlust" geführt.

Der ÖVP-Abgeordnete Christian Stocker wollte von Zadic wissen, ob es nun politische Einflussnahme auf Ermittlungen gegeben habe oder eben nicht. Nach einigem Hin und Her, in das sich auch die Verfahrensrichterin einschaltet, muss dieser seine Frage präziser stellen. "Bei mir hat keiner versucht, die Verfahren zu beeinflussen, mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen", lautet die endgültige Antwort der Justizministerin. Der wenig zimperliche Umfang Stockers mit der grünen Ministerin Zadic entging auch den anderen Fraktionen nicht. Fragen zum Zustand der türkis-grünen Koalition erübrigten sich damit, meinte etwa Julia Herr (SPÖ).

Zadic über Chats

Inhaltlich hatte Zadic nur wenig zum Thema beizutragen, allerdings war die Justizministerin bereits zwei Mal im Ibiza-Untersuchungsausschuss befragt worden. Angesprochen auf die Chats zwischen Pilnacek und Fuchs zur Observierung von Korruptionsstaatsanwälten meinte sie lediglich, dafür mehrmals: "Ich lese die Chats nicht." Auf die Frage zu möglichen Absprachen zwischen der Ministerin und dem U-Ausschuss-Vorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) betonte Zadic, dass es lediglich um die Abwicklung von Aktenlieferungen gegangen sei. Erwähnt habe sie aber durchaus auch die Frage der möglichen Befangenheit Sobotkas.

Aufregung um Sobotka

Für Aufregung sorgte auch die via Medienberichten bekannt gewordenen Amtsmissbrauch-Ermittlungen gegen Nationalratspräsident und U-Ausschussvorsitzenden Sobotka. Anlass ist eine Postenbesetzung aus dem Jahr 2017. Ein öffentlich bereits bekannter Chatverlauf, der am Handy von Ex-Kabinettschef Michael Kloibmüller gefunden wurde, hat die Ermittlungen ausgelöst, wie mehrere Zeitungen am Mittwoch berichteten.

Die Opposition forderte deshalb den Rückzug Sobotkas als Vorsitzender im U-Ausschuss. FPÖ und SPÖ versuchten die Causa auch gleich in der Sitzung am Mittwoch zu thematisieren. Weil WKStA-Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda aber nicht zum Beweisthema "Begünstigung bei der Personalauswahl" geladen war, wurde daraus nichts. Sobotka selbst vermutete in der aktuellen Aktion politische Motive. "Es ist leider ein Zeichen unserer Zeit, dass der politische Diskurs zunehmend mit juristischen Mitteln geführt wird", ließ er wissen. Er stehe jederzeit für eine Einvernahme zur Verfügung.

Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs gegen Sobotka

Gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wird wegen Amtsmissbrauchs ermittelt. Anlass ist eine Postenbesetzung aus dem Jahr 2017. Andrea Jelinek soll damals von der ÖVP als Wiener …

Vrabl-Sanda nutzte den Untersuchungsausschuss, um für Verbesserungen im Justizbereich zu plädieren. "Ich denke, wir sollten die Chance nützen, dieses unrühmliche Kapitel abzuschließen um daraus zu lernen", sprach sie die mutmaßliche politische Einflussnahme auf Ermittlungen an. Man habe Erschwerungen der Ermittlungen "für Zwecke außerhalb der Strafgesetze" gesehen, berichtete sie. Die Chats würden nun die Basis für eine gründliche Aufarbeitung dieser herrschenden unerträglichen Zustände bilden, sagte sie.

Bildergalerien

Justizministerin Alma Zadic (Gr\u00fcne) am Mittwoch, 30. M\u00e4rz 2022, anl. des \u00d6VP-Korruptions-U-Ausschusses im Camineum der Nationalbibliothek in Wien.\u00a0
Justizministerin Alma Zadic (Gr\u00fcne) am Mittwoch, 30. M\u00e4rz 2022, anl. des \u00d6VP-Korruptions-U-Ausschusses im Camineum der Nationalbibliothek in Wien.\u00a0
Justizministerin Alma Zadic (Gr\u00fcne) am Mittwoch, 30. M\u00e4rz 2022, anl. des \u00d6VP-Korruptions-U-Ausschusses im Camineum der Nationalbibliothek in Wien.\u00a0
Justizministerin Alma Zadic (Gr\u00fcne) am Mittwoch, 30. M\u00e4rz 2022, anl. des \u00d6VP-Korruptions-U-Ausschusses im Camineum der Nationalbibliothek in Wien.\u00a0
Justizministerin Alma Zadic (Gr\u00fcne) am Mittwoch, 30. M\u00e4rz 2022, anl. des \u00d6VP-Korruptions-U-Ausschusses im Camineum der Nationalbibliothek in Wien.\u00a0
Justizministerin Alma Zadic (Gr\u00fcne) am Mittwoch, 30. M\u00e4rz 2022, anl. des \u00d6VP-Korruptions-U-Ausschusses im Camineum der Nationalbibliothek in Wien.\u00a0

(Quelle: apa)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken