Angstzustände, Erschöpfung, Einsamkeit: Einer von der Arbeiterkammer (AK) Salzburg in Auftrag gegebenen Studie zufolge leidet etwa die Hälfte der Jugendlichen im Land an psychischen Problemen. Vor allem globale Krisen und Druck über die Sozialen Medien hätten spätestens seit der Corona-Pandemie zu dieser Entwicklung geführt. Die AK fordert, vor allem im schulischen Bereich gegenzusteuern.
Bei einem Medientermin am Freitag wurden die Ergebnisse der Foresight-Studie präsentiert. Im Bundesland wurden demnach 848 junge Menschen im Alter von 14 bis 19 Jahren zu ihrer psychischen Gesundheit befragt. Dabei fällt auf: Mädchen (57 Prozent) sind deutlich mehr betroffen als Jungs (32 Prozent). Auch im Alter gibt es Unterschiede: Jüngere Menschen von 14 bis 16 Jahren schätzen ihre eigene psychische Gesundheit mit 68 Prozent häufiger mit „sehr bzw. eher gut“ ein als Menschen im Alter von 17 bis 19 Jahren (41 Prozent)
Psychische Probleme: Mehr als die Hälfte der Befragten betroffen
Mehr als die Hälfte der Befragten berichtet der Studie zufolge von zumindest einer psychischen Beschwerde. Besonders Erschöpfung setzt den Jugendlichen zu, 38 Prozent gaben an, mindestens einmal pro Woche erschöpft zu sein. Etwa ein Drittel fühlt sich gereizt, jeweils rund ein Fünftel gab an, sich zumindest ein Mal pro Woche ängstlich oder einsam zu fühlen. Auch Gewalt – entweder persönlich (59 Prozent) oder im Internet (37 Prozent) – haben die jungen Menschen bereits erlebt. Dazu zählen etwa Beschimpfungen, Mobbing, sexuelle Belästigung oder körperliche Übergriffe.
Anlaufstellen finden die Jugendlichen überwiegend in der Familie oder im Freundeskreis. Rund ein Fünftel gibt allerdings an, gänzlich keine emotionale Unterstützung zu bekommen. Jede:r Zweite wisse zudem nicht, wohin sie sich bei psychischen Problemen wenden können. So gibt etwa auch die Hälfte der Schüler:innen und Lehrlinge an, keinen Zugang zu Schulpsycholog:innen zu haben.
"Im Erwachsenenalter nicht arbeitsfähig"
Sollten betroffene Jugendliche keine Hilfsangebote finden, drohen gravierende Auswirkungen: "Hier wächst sich nichts aus und wird nicht von selber besser. Es ist also an der Zeit, Angebote zu setzen, die dieses hohe Niveau reduzieren können. Langzeitfolgen sind Jugendliche, die ins Erwachsenenalter kommen und nicht arbeitsfähig sind, weil sie den Alltag nicht durchstehen", so Ulrike Altendorfer-Kling, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, beim Medientermin am Freitag.
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Arbeitsmarkt droht fehlende Generation
Sollte nicht gegengesteuert werden, droht somit die Hälfte einer Generation nicht für den Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. "Vielen kann man jetzt in einer kurzen Beratungszeit von fünf bis zehn Terminen helfen. Wenn man das nicht macht, wachsen sich die Probleme in Richtung einer Essstörung, Depression oder Angststörung aus. Das ist dann schon wesentlich schwieriger zu behandeln", so Altendorfer-Kling weiter.
Betreuungsangebot "bei weitem" nicht ausreichend
Genau hier besteht allerdings das Problem. Laut Altendrofer-Kling ist die Versorgungslage im Bundesland Salzburg "bei weitem" nicht ausreichend. Bei Wahl-Psychotherapieplätzen würde aktuell eine Wartezeit von ein bis drei Monaten bestehen, bei kostenlosen Angeboten sogar bis zu sechs Monaten. „Das ist im Jugend- und Kinderbereich viel Entwicklungszeit, die hier verloren geht.“ Das Ambulatorium "Am Ball" in der Stadt Salzburg sei etwa derart ausgelastet, dass bis Ende des Jahres ein Aufnahmestopp bestehe.
AK-Präsident Peter Eder: "Gesellschaftliche Bombe"
Der Salzburger AK-Präsident Peter Eder spricht angesichts dieser Entwicklung von einer "gesellschaftlichen Bombe". Er kritisiert zudem, dass es im Bundesland in 73 Schulen keine schulmedizinische Versorgung gebe. "Hier rede ich noch gar nicht von psychotherapeutischer Betreuung. Es ist wichtig, dass wir die medizinische Versorgung in den Schulen ausbauen, mit Änderungen im Bildungssystem, sodass wir Aufklärung, Prävention und natürlich psychotherapeutische Versorgung mit einschließen." Gefragt seien hier vor allem die Bildungsdirektion und die Bundespolitik. "Das sollte aber keine Kritik sein, sondern ein Aufzeigen dessen, was benötigt wird", so Eder abschließend.
(Quelle: salzburg24)