In der eigenen Einfahrt überrollte ein 91-Jähriger seine Ehefrau in der Steiermark am Montag. Der Mann fuhr, ohne den Unfall zu bemerken, zum Einkaufen. Das wirft wieder einmal die Frage auf, ob Menschen in hohem Alter noch Autofahren sollen bzw. dürfen.
Keine EU-weite Prüfung der Fahrtauglichkeit
Das EU-Parlament hat Ende Februar dieses Jahres beschlossen, keine verpflichtende Prüfung des Gesundheitszustands einzuführen, wenn der Führerschein erneuert wird. Autofahrer:innen sollen ihre eigene Fahrtauglichkeit einschätzen, heißt es aus dem Parlament. Auch die österreichische Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) halte von der Idee, dass Menschen über 70 regelmäßig ihre Fahrtauglichkeit testen sollen, wenig, weil die Regelung „praxisfern und nicht vernünftig" sei.
Reaktionsfähigkeit nimmt ab
Altern passiert nicht von heute auf morgen, sondern schleichend. Die Sehkraft verschlechtert sich, man überhört das ein oder andere und die Reaktionsfähigkeit wird langsamer. Das alles sind Dinge, die im Straßenverkehr wichtig sind. „Aber ab wann ist man alt?“, stellt Doris Koch, Leiterin der gleichnamigen Fahrschule in Salzburg die Frage im SALZBURG24-Interview am Mittwoch.
Es gebe 80-jährige Menschen, die noch „top fit“ seien, weil sie aktiv im Leben sind. Und es gebe Menschen, die gesundheitsbedingt Mitte 50 „lieber kein Auto mehr fahren sollten", meint Koch. Zum Thema „schlecht hören“ wirft die Salzburgerin noch ein, dass sie in ihrer Fahrschule auch gehörlosen Menschen das Autofahren beibringt.
Koch: "Gesundheitscheck ist Momentaufnahme"
Die Fahrtauglichkeit ist der Fahrschulleiterin zufolge sehr individuell zu betrachten. „Deshalb gibt es ja auch noch keine EU-weite Regelung für Gesundheitschecks“, hält sie fest. Außerdem sei so ein Test immer eine Momentaufnahme. „In der Schweiz hat es solche Tests gegeben. Die sind meines Wissens nach hinten losgegangen und wurden deshalb wieder eingestellt. Warum sollten sie also bei uns besser funktionieren?“, meint Koch.
Fahr-Fitness-Check für ältere Menschen
Statt einer altersgebundenen, fixen Führerscheinabgabe plädiert die Fahrschulleiterin eher auf die Selbsteinschätzung: „Das obliegt jeder Person selbst und auch derer Verwandten“. Der Österreichische Automobil-, Motorrad- und Touring Club bietet älteren Menschen sogenannte Fahr-Fitness-Check an. In 90 Minuten werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Autofahren beobachtet. Danach gibt es ein Coaching, was beim Fahren verbessert werden könnte.
Diesen individuellen Zugang hält Koch am sinnvollsten und geht auch auf die Lebenssituation ein: „Es macht einen Unterschied, ob die Menschen am Berg leben und 15 Minuten zum nächsten Supermarkt fahren müssen oder ob sie in der Stadt mit guten Öffis wohnen.“ Aber heißt das, ältere Menschen können und sollen am Land länger fahren? Sind sie dort länger für den Straßenverkehr fahrtauglich? „Es macht auf jeden Fall einen Unterschied, ob Menschen die alltägliche, kurze Strecke fahren, auf der sie sich auskennen oder eine neue, lange Strecke fahren müssen. Und das muss jeder und jede selbst entscheiden“, mein Koch abschließend.
(Quelle: salzburg24)