Bei einer naturkundlichen Kartierung im Auftrag der Bundesbahnen wurden neben neuen Vorkommen des streng geschützten Grubenlaufkäfers auch Nistplätze der selten gewordenen Greifvogelarten Rot- und Schwarzmilan gefunden.
Trassenführung bleibt unverändert
Was das für den Projektfahrplan bedeutet, war heute noch nicht ganz klar. "Wir streben nach wie vor eine Inbetriebnahme im Jahr 2040 an", sagte Projektleiter Christian Höss von der ÖBB-Infrastruktur AG am Dienstag in einem Pressegespräch. An der Trassenführung selbst werde nicht gerüttelt. "Allerdings müssen wir Bauablauf, Baulogistik und Materialdisposition neu denken." Möglicherweise werden sich Vorarbeiten nach hinten verzögern, erklärte Höss. Da parallel aber die vertiefte Planung beginne, seien die ersten Bauarbeiten weiterhin für 2027 angedacht.
Wohl kein Deponiestandort im Raum Köstendorf
Ein alternativer Deponiestandort im Raum Köstendorf sei derzeit nicht in Sicht, sagte Höss. Damit werde ein Abtransport der gut zwei Millionen Kubikmeter Ausbruchsmaterial mit der Bahn wahrscheinlicher. "Wir müssen uns das nun aber einmal alles genau anschauen." Weil die Verkehrskapazitäten auf der Weststrecke bereits heute beschränkt seien, müsste ein Großteil der Schienentransporte in der Nacht abgewickelt werden.
Material muss im Gelände verbaut werden
Das Gesteinsmaterial im Projektgebiet - Flysch - ist für die Verwendung im Tunnelbau, etwa als Beton-Zuschlag, nicht geeignet. Deshalb müsste es dauerhaft im Gelände verbaut werden. Die ÖBB hätten das gerne in der Nähe der Baustelle gemacht - nicht nur weil die Transportwege kürzer wären. Ein Abtransport auf der Schiene wäre gegenüber der Deponievariante in Köstendorf auch um rund 100 Mio. Euro teuer gewesen, habe eine Studie gezeigt.
Steinkrebs verhindert Deponie bei Lochen
Bereits die ursprünglich geplante Deponie bei Lochen (Bezirk Braunau) wurde wegen eines Vorkommens des geschützten Steinkrebses verworfen. Als Alternative kristallisierte sich schließlich der Standort Karlsreith bei Köstendorf heraus. Dorf fanden die ÖBB zum Zeitpunkt einer ersten naturkundlichen Erhebungen keine Hinweise auf streng geschützte Tierarten. Vor einem Jahr hatten dann aber Naturwissenschaftler im Auftrag von Anrainern in einem kleinen Waldstück ein Vorkommen des EU-weit geschützten Grubenlaufkäfers entdeckt.
Die Behörden verlangten darum eine Nachprüfung, welche die ÖBB derzeit noch bis in den Herbst hinein durchführen. Doch schon die Zwischenergebnisse ließen auf neue Vorkommen des Schwarzen Grubenlaufkäfers weit über den Bereich der geplanten Deponie hinaus schließen. Daneben breiten sich offenbar die geschützten Greifvogelarten Rot- und Schwarzmilan aus.
Köstendorfer Bürgermeister erfreut
"Es ist positiv, dass eine Deponie in der Gemeinde offensichtlich nicht kommen kann. Das wirkt sich auf die ohnehin hohe Gesamtbelastung durch den Tunnelbau aus", sagte der Köstendorfer Bürgermeister Wolfgang Wagner (ÖVP) am Dienstag zur APA. Immerhin würden damit mehrere Hundert Lkw-Fahrten täglich wegfallen. "Aber neue Deponiestandorte schaffen neue Herausforderungen und neue Betroffenheiten." Die ÖBB seien darum gefordert, im Falle von Abfuhrvarianten auf der bestehenden Bahnstrecke entsprechende Begleitmaßnahmen im Lärmschutz zu treffen.
Bahnstrecke im Flachgau großteils unterirdisch
Die 21,3 Kilometer lange und voraussichtlich 2,8 Mrd. Euro teure ÖBB-Neubaustrecke im Salzburger Flachgau soll großteils unter der Erde geführt werden - insgesamt 16,5 Kilometer der Trasse sind untertunnelt. Der vierspurige Ausbau ermöglicht laut Bundesbahnen größere Kapazitäten und ein besseres Angebot im nationalen und internationalen Personen- und Güterverkehr. Im Nahverkehr könnten vier statt drei Züge pro Richtung und Stunde fahren.
Bürgerinitiativen gegen ÖBB-Projekt
Das Projekt wird auch von zwei Bürgerinitiativen hart bekämpft. Für diese dürfte das wahrscheinliche Aus für die Deponie in Köstendorf nur ein Etappensieg sein. Die Gegner des Tunnels fürchten neben der Belastungen durch die Baustelle etwa eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung durch die gewählte Trasse und das Versiegen von Quellen bzw. Strahlenbelastungen, etwa durch Radon. Eine der Initiativen hat für Mittwoch zu einer Pressekonferenz geladen.
(Quelle: apa)