Urteil verkündet

Schuldspruch in Prozess um tödlichen Fahrerflucht-Unfall in Mattsee

Anteilnahme an der Unfallstelle am Tag nach dem Todes-Crash auf der L101 in Mattsee.
Veröffentlicht: 14. Jänner 2025 16:57 Uhr
Eineinhalb Jahre nach dem Unfalltod einer 19-jährigen Fußgängerin in Mattsee stand heute ein 26-Jähriger in Salzburg vor Gericht. Er soll die junge Frau mit dem Seitenspiegel seines Autos gestreift haben. Der Prozess ging mit einem Schuldspruch gegen den Angeklagten zu Ende.
SALZBURG24 (AnGr)

Laut Anklage soll der heute 26-jährige Oberösterreicher die junge Frau im Juni 2023 mit seinem Außenspiegel gestreift haben, wodurch sie stürzte. Eines Gutachtens zufolge soll die 19-Jährige daraufhin von einem zweiten Auto überrollt und dabei tödlich verletzt worden sein.

Der Angeklagte wurde nun wegen fahrlässigen Tötung und Imstichlassens einer verletzten Person zu einem Jahr teilbedingter Haft, davon vier Monate unbedingt, verurteilt worden.

Das Urteil, das im Sinne des Strafantrages ausgesprochen wurde, ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Carl Handlechner meldete volle Berufung an. Staatsanwalt Florian Weinkamer kündigte eine Strafberufung an.

19-Jährige erfasst und geflüchtet: Vier Monate Haft

Laut dem Staatsanwalt hat der damals 24-jährige Oberösterreicher aus dem Bezirk Braunau den nächtlichen Unfall auf der L101 wegen fehlender Aufmerksamkeit verursacht. Noch verhängnisvoller sei sein Verhalten nach der Kollision gewesen. „Der Lenker hat sich nicht vergewissert, ob jemand zu Schaden gekommen ist“, sagte Weinkamer bei dem Prozess am Landesgericht Salzburg. Bei einem Aufprall mit einer Geschwindigkeit von etwa 70 km/h sei zumindest von einer einfachen Körperverletzung auszugehen. Der Beschuldigte habe es unterlassen, die Unfallstelle abzusichern und der Flachgauerin, die zu Boden geschleudert worden sei, Erste Hilfe zu leisten.

Der bisher unbescholtene Angestellte stellte sich erst einen Tag darauf der Polizei. Er gab an, einen Knall wahrgenommen zu haben und habe vermutet, dass ein Vogel gegen den Wagen geflogen sein könnte. Zu Einzelrichterin Anna-Sophia Hofer sagte er heute, er habe einen Klacks gehört und sich zu diesem Zeitpunkt nichts dabei gedacht. Erst als er am nächsten Tag im Internet die Schlagzeilen gelesen habe, habe er den Unfall mit seiner Person assoziiert. „Wenn ich gemerkt hätte, dass ich einen Menschen touchiert habe, wäre ich sofort stehen geblieben“, beteuerte er. Im Laufe der Verhandlung zeigte er sich schließlich zum Vorwurf der fahrlässigen Tötung geständig.

Richterin konfrontiert Angeklagten mit Unfallschäden

Die Richterin konfrontierte den Angeklagten damit, dass auch Beschädigungen am Seitenfenster des BMWs und im Bereich der hinteren, rechten Türe festgestellt wurden. „Das ist mit Ihrer Darstellung eines Klacks nicht in Einklang zu bringen. Das muss ein lauter Knall gewesen sein“, gab sie zu bedenken.

Der Verteidiger erklärte, man wisse nicht, welche Verletzungen die Frau durch das Touchieren des Autos erlitten habe. Rund eine Minute später habe ein nachkommendes Fahrzeug die Frau überrollt. Eine Zeitspanne von einer Minute reiche nicht aus, um Erste Hilfe zu leisten, und dies noch unter der Gefahr, von nachkommenden Fahrzeugen selbst verletzt oder gar getötet zu werden.

Die dunkel gekleidete Fußgängerin habe den Unfall durch mehrere Verfehlungen zum großen Teil selbst verschuldet, meinte der Verteidiger. Sie sei bei völliger Dunkelheit auf der rechten und damit falschen Straßenseite gegangen, sie sei alkoholisiert gewesen und habe sich zu einem Drittel auf der Fahrbahn befunden. Und man wisse nicht, ob sie auf der Straße zielgerichtet gegangen oder gestolpert sei.

Der Angeklagte, der sich in psychologischer Behandlung befindet, müsse jetzt die posttraumatischen Erlebnisse verarbeiten, „er ist ja selbst Opfer“, sagte der Verteidiger. Der Privatbeteiligtenvertreter forderte für neun Angehörige der Verunglückten jeweils 40.000 Euro Schmerzensgeld aufgrund eines „Schockzustandes“, das der Verteidiger jedoch nicht anerkannte.

Zeugin bei Prozess einvernommen

Die Richterin hat mehrere Zeugen einvernommen. Eine Zeugin schilderte, sie habe während ihrer Autofahrt eine Person neben der rechten Fahrbahn sitzend gesehen. Nachdem sie vorbeigefahren war, sei sie umgekehrt und bei einer Abzweigung stehengeblieben, um die Polizei zu rufen. Da habe sie beobachtet, wie die Person von einem Auto, das in deren Richtung unterwegs war, in die Luft geschleudert und kurz darauf von einem zweiten Auto überrollt worden sei.

In ihrer Urteilsbegründung führte die Richterin aus, dass der Angeklagte den Unfall aufgrund eines Aufmerksamkeitsfehlers verursacht habe. Zeugen hätten ungewöhnliche und laute Geräusche wahrgenommen. Der Aufprall an dem Wagen habe nach objektiver Spurenlage nicht bloß einen „Klacks“ verursacht. Der Beschuldigte wäre zur Nachschau verpflichtet gewesen. „Das Ganze kann nicht an ihnen vorbeigegangen sein“, sagte sie zu dem Angeklagten. Das Delikt „Imstichlassen eines Verletzten“ wiege schwerer, der Strafrahmen reiche hier bis zu drei Jahren Haft. Die Privatbeteiligtenansprüche hat die Richterin auf den Zivilweg verwiesen.

Keine Spur von zweitem Unfalllenker

Der zweite Fahrer, der die junge Frau überrollt haben soll, bleibt indes unauffindbar. Die Ermittlungen ergaben, dass es sich um einen silberfarbenen Nissan gehandelt haben muss, jedoch blieben bisherige Fahndungsaufrufe ohne Erfolg. Weder die Identität des Fahrers, noch der aktuelle Standort des Fahrzeugs konnten ermittelt werden. Ermittler vermuten, dass das Fahrzeug möglicherweise aus dem Ausland stammt und die Unfallschäden unbemerkt repariert wurden.

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(Quelle: salzburg24)

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