Grenznah

Flüchtlinge bleiben für Landeshauptleute ein Hauptthema

Wilfried Haslauer (2. von rechts) übernimmt am 1. Jänner den Vorsitz
Veröffentlicht: 30. Dezember 2015 17:01 Uhr
Die Flüchtlingsproblematik hat Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) zum Schwerpunkt seines Leitthemas "Sicherheit, Planbarkeit und Verlässlichkeit" für seinen Vorsitz in der Landeshauptleute-Konferenz ab 1. Jänner gemacht. Im Gespräch mit der APA warnte er vor Massenobdachlosigkeit, falls keine Obergrenze eingeführt wird. Kasernen sollten für Notfälle bereitstehen.

"Die Kernfrage ist, wie viele Menschen werden nächstes Jahr in Österreich um Asyl anzusuchen. 95.000 österreichweit, wie heuer, das ist undenkbar", untermauerte Haslauer seine Forderung nach einer Kontingentierung. Ohne einer Obergrenze könne es zu einer Massenobdachlosigkeit kommen, befürchtete er. Was die Steuerungsmaßnahmen betreffe, so bedürfe es einer "wesentlich besseren Kommunikation zwischen der Bundesregierung und den Ländern". Zudem müssten Planungen für zu erwartende Szenarien auf den Tisch gelegt werden.

Eine konkrete Ziffer für die geforderte Obergrenze wollte Haslauer nicht nennen. Diese müsse von der Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern festgelegt werden, verwies er auf den Asylgipfel am 20. Jänner. Im Rahmen dieser Ziffer müssten alle Anstrengungen unternommen werden, um dementsprechend Quartiere zu schaffen und weitere Planungen in einem Dreijahres- oder Fünfjahreshorizont in Auftrag zu geben. Ansonsten drohe ein massives Unterbringungsproblem, ein Arbeitsmarktproblem und ein Sozialhilfeproblem. "Ich glaube, einer der Hauptgründe, warum die Leute so verzagt sind und sich so unsicher fühlen ist, dass sie nicht wissen, wo die Reise hingeht."

Haslauer wird bei dem Asylgipfel auch nochmals seinen Vorschlag unterbreiten, dass Deutschland, Österreich und Slowenien gemeinsam die Schengen-Außengrenze zu Kroatien sichern solle und Wartezonen für Flüchtlinge an der slowenischen Südgrenze errichtet werden. "Das ist wesentlich effizienter. Da könnte man unter Umständen dort auch die Verfahren abwickeln, im Rahmen von Kontingenten die Transporte organisieren, direkt zum Bestimmungsort." Es gehe letztlich auch um die Einreise in den Schengenraum, um Identitätsfeststellung und um sicherheitspolizeiliche Überprüfungen. "Das ist gerade im Lichte der aktuellen Terrorereignisse ein Gebot der Stunde."

In Österreich seien die Sicherheitskräfte mit der Flüchtlingsproblematik nicht unendlich belastbar, gab Haslauer zu bedenken. Szenarienplanungen seien notwendig, falls Deutschland die Aufnahmekapazitäten drastisch reduziere. "Bisher haben sie 6.000 Flüchtlinge am Tag aufgenommen. Das haben sie abgearbeitet wie ein Uhrwerk, das sind auf das Jahr bezogen 2.190.000. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass die Deutschen sagen, es reicht." Ob Österreich dann in der selben Präzision wie die Deutschen das "Anlanden so vieler Menschen" hinbekomme, gehöre seriös beantwortet.

In der momentanen Situation brauche das österreichische Heer jedenfalls "Mannstärken", meinte der Landeshauptmann. "Die müssen transportiert werden. Dafür braucht man Feldküchen, Unterbringungsmöglichkeiten, Absperrzäune." Die Frage sei, ob die materielle Ausstattung des Bundesheeres mit Gerätschaften ausreichend sei. Wegen des Assistenzeinsatzes der Berufssoldaten leide auch die Ausbildung in den Kasernen.

Für Haslauer stellt sich deshalb auch die Frage, ob die Heeresreform der aktuellen Aufgabenlage des Bundesheeres überhaupt gerecht wird. "Die Heeresreform hat dieses Szenario an Fluchtbewegungen und Einsatz zur Grenzsicherung beziehungsweise zur Assistenz- und Unterstützungsleistung noch nicht gehabt." Deshalb solle die Reform nochmals überarbeitet werden. "Dazu gehört auch die Frage der Kasernenstandorte. Ob es wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, sich aller Standorte zu entledigen oder ob man nicht gewisse Unterbringungskapazitäten als strategische Handlungsreserve der Republik aufrechterhalten muss."

Er denke etwa Umweltkatastrophen, die Massenevakuierungen erforderlich machten, so der Landeshauptmann. "Wenn keine Kasernen mehr da sind, wird es relativ schwierig. Oder wenn es zu einer Teilmobilisierung kommen muss, aus welchen Gründen auch immer." Auch ein Grenzeinsatz könne eine Teilmobilisierung mit sich bringen. "Wir können die Leute nicht einmal ordentlich einrücken lassen, außer in Zelten." Die Republik müssen sich der Frage widmen: "Brauchen wir in Österreich sozusagen leer stehende, aber einsatzbereite Kapazitäten für Notfallszenarien." Zudem gebe es keine Notfallplanung und auch keine Notfallgesetzgebung. "Was ist, wenn wirklich so wie in Paris der Notstand ausgerufen werden muss. Ich bin mir nicht sicher, ob wir da ausreichend gesetzliche Möglichkeiten haben."

Nachdem Salzburgs Landeshauptmann Haslauer im Interview mit der APA vor einer Massenobdachlosigkeit in Österreich gewarnt hatte, falls es keine Obergrenze für Asylwerber gebe, traten die Grünen auf den Plan. "Asyl ist ein Menschenrecht, kein politisches Ermessen", erklärte Klubobmann Cyriak Schwaighofer am Mittwoch in einer Aussendung.

"Die Grünen teilen nicht die Meinung von Landeshauptmann Haslauer, dass es eine Obergrenze für Flüchtlinge geben soll", konstatierte Schwaighofer. Eine zahlenmäßige Obergrenze beim Asylrecht sei nach Meinung so gut wie aller Rechtsexperten nicht möglich - die Genfer Flüchtlingskonvention mit dem Asylrecht gelte nicht nur bis zu einer bestimmten "Zahl" von Asylsuchenden.

Der Klubobmann verwies auf ein Zitat von Caritas-Präsident Michael Landau, der kurz vor Weihnachten in der ZiB 2 davor gewarnt hatte, "mit raschen Aussagen Dinge wachzurufen, die zu Situationen führen können, die wir uns nicht wünschen. Man könne doch nicht 100 Kindern Schutz geben und das 101. Kind in den Tod zurückschicken..."

Wenn man die Flüchtlingssituation in Salzburg betrachte, stelle man fest, dass von einer "Flut" oder ähnlichem bei weitem nichts zu bemerken sei, erklärte Schwaighofer. "In Salzburg befinden sich derzeit 4.583 Asylwerbende, das ist nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung." In mehr als 40 der insgesamt 119 Gemeinden sei noch nicht einmal ein einziger Flüchtling aufgenommen worden, gab der Klubobmann zu bedenken.

"Und es ist auch bemerkenswert, dass in sehr vielen Gemeinden, in denen Flüchtlinge untergebracht sind, großes Engagement vonseiten der einheimischen Bevölkerung zu erleben ist", so Schwaighofer. Man habe geradezu den Eindruck, dass dort, wo man Flüchtlinge konkret trifft und sie kennenlernt, die Ängste rasch abnehmen und die Aufnahme in eine Dorfgemeinschaft nicht besonders schwer fällt.

(Quelle: salzburg24)

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