Die Rettungskräfte in der Riesending-Schachthöhle bei Berchtesgaden kommen bei der Bergung des verletzten Höhlenforschers Johann Westhauser weiter gut voran. Mittwochfrüh war der Trupp bereits vor dem Biwak 1 angelangt, wie ein Sprecher der Bergwacht mitteilte. Im Laufe des Vormittags sollte die Lagerstätte erreicht werden.
Beim Biwak 1 ist die Basisstation, die den letzten Stützpunkt vor dem Ausgang der Höhle bildet. Nur noch rund 400 Meter trennen den Verletzten Westhauser dort vom Tageslicht. Während der Ruhepause im Biwak 1 seien dort vor allem das Team aus einer italienischen Ärztin, einem österreichischen Arzt und einer Rettungssanitäterin gefordert, sagte der Sprecher. "Sie werden alle medizinischen Checks vornehmen, um den Verletzten auf die letzte Etappe vorzubereiten."
"Extrem langsam vorgehen"
Ungeachtet der großen Fortschritte bei der tagelangen Bergungsaktion warnt die Bergwacht vor Euphorie: "Die Retter sind angehalten, extrem langsam vorzugehen, um in diesem Abschnitt der Strecke eine Eigengefährdung durch Steinschläge zu vermeiden." Westhauser selbst hatte durch einen Steinschlag in tausend Metern Tiefe ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Seine Ankunft am Ausgang wird innerhalb der nächsten 48 Stunden erwartet.
Das sagte Stefan Schneider von der Bergwacht am Dienstag in Berchtesgaden. "Wir kommen gut voran. Wir liegen perfekt im Zeitplan." Über das weitere Vorgehen entschieden aber die Helfer in der Höhle, betonte der stellvertretende Vorsitzende der bayrischen Bergwacht. Es sei auch möglich, dass ihre Kräfte nachließen und sie gegebenenfalls längere Pause einlegen müssten. "Wir an der Oberfläche, wir warten."
Schwierige Passage mit „Wasserdusche“
Es steht eine schwierige Passage bevor, da die Retter mit dem verletzten Höhlenforscher eine „Wasserdusche“ passieren müssen. Ein Team aus der Schweiz soll mit spezieller Ausrüstung dafür sorgen, dass der Verletzte nicht nass wird und keine Unterkühlung erleidet. Der Psychologe Andreas Müller-Cyran erklärt, dass die Helfer zwar körperlich erschöpft, aber mental in guter Verfassung seien. Die Teamarbeit klappt laut Müller-Cyran hervorragend.
"Wir rechnen jetzt damit, dass er am Donnerstag oder Freitag das Tageslicht erreicht", sagte Schneider. Die Rettung des Verletzten aus der Riesending-Schachthöhle in Berchtesgaden könnte damit bei planmäßigem Verlauf nach genau einer Woche abgeschlossen werden. Der Transport des durch ein Schädel-Hirn-Trauma schwer verletzten Westhauser in einer Trage hatte am vergangenen Freitag begonnen. Sein Gesundsheitszustand sei weiterhin stabil, heißt es.
Untersberg: Rasche Rettung
Erst am Montag war das Rettungsteam mit dem Verletzten beim Biwak 3 angekommen. Nach einer mehrstündigen Ruhepause wurde die nächste Etappe dann am frühen Abend, gegen 17.30 Uhr, aufgenommen. Am Dienstag gegen 8 Uhr erreichten die Retter Biwak 2. Sie befanden sich in rund 550 Metern Höhe. Ursprünglich waren für diese Strecke 24 Stunden eingeplant. Die Strecke gilt als sehr anspruchsvoll. Das Rettungsteam musste den Verletzten in einer Trage mit Seilen nach oben hieven. Über die teils senkrechten Steilwände musste er hochgezogen werden. 60 Retter befinden sich derzeit in der Höhle.
Am Montag wurden auch erstmals Bilder und Filmaufnahmen aus der Höhle veröffentlicht.
Schneiders Angaben zufolge versuchen die Retter den Patienten so ruhig und erschütterungsfrei wie möglich zu bewegen. Auf den ebenen Abschnitten werde die Trage mühselig vorangeschoben und -gehoben. Das Motto laute "Sicherheit, Schonung vor Schnelligkeit", betonte er.
Verletzter "möchte mithelfen"
Der ständig von mindestens einem Arzt betreute Patient sei weiterhin stabil, sagte Schneider. Nach den ihm vorliegenden Informationen aus der Höhle habe der Verletzte sogar darum gebeten, die Arme aus dem Schlafsack herausnehmen zu dürfen, der ihn auf der Trage wärme, um seine Retter beim Transport zu unterstützen. "Er möchte mithelfen."
Versorgung im Untersberg auch für Retter
Unterstützung erhalten auch die Retter selbst. Sie werden von den Einsatzkräfte des BRK und des Malteser Hilfsdienstes (MHD) seit mittlerweile zehn Tagen versorgt. Zusätzlich stehen die Sanitäter für medizinische Notfälle, Verletzungen und Erkrankungen im Lager in der Jägerkaserne in Strub bereit. BRK-Bereitschaftsleiter Walter Söldner und seine Helfer aus Berchtesgaden haben dabei mittlerweile schon allein fast 500 Stunden geleistet.
In der Höhle gibt es keine Tageszeiten; da die Retter rund um die Uhr ausfahren und einfahren und auch während der Nachtstunden ins Tal geflogen werden, wird pausenlos eine Essens- und Getränkeausgabe betrieben. Zusätzlich werden viele hunderte Essenspakete vorbereitet und zum Höhleneingang im Untersberg am Dürrfeld geflogen. (SALZBURG24/APA)
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(Quelle: salzburg24)