Hochrangiges Treffen

Salzburger Uni-Professor zu Ukraine-Gesprächen: "Kein Frieden, aber Waffenstillstand möglich"

Der russische Präsident Wladimir Putin (links) und sein US-Amtskollege Donald Trump (rechts) treffen am Freitag in Alaska zu Gesprächen bezüglich des Krieges in der Ukraine zusammen.
Veröffentlicht: 12. August 2025 15:04 Uhr
Bringen die Gespräche zwischen Donald Trump und Wladimir Putin tatsächlich Frieden in der Ukraine? Der Salzburger Politikwissenschafter Andreas Dür zeigt sich skeptisch. Seiner Ansicht nach sei im besten Fall ein Waffenstillstand möglich. Im Interview hat er Einblick gegeben, wie es nach den Gesprächen weitergehen kann und welche Rolle Europa dabei spielt.

Mit Spannung werden die für Freitag in Alaska angesetzten Gespräche zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem US-Amtskollegen Donald Trump erwartet. Nicht eingeladen ist allerdings der Präsident des betroffenen Landes – Wolodymyr Selenskyj. Auf X äußerte er sich am Montag vorsichtig optimistisch und sprach von einer "Chance auf echten Frieden". Zugleich warf er Russland vor, weiter Menschen zu töten – man dürfe auf Russland also nicht zugehen, sondern müsse weiter Druck ausüben.

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Weniger optimistisch bezüglich eines anhaltenden Friedens zeigt sich der Politikwissenschafter und Professor an der Universität Salzburg, Andreas Dür. "Es sieht so aus, als hätte Russland im Moment sehr wenig Interesse daran, von seinen Maximalforderungen abzusehen", so Dür im Gespräch mit SALZBURG24 am Dienstag. Als Maximalforderungen gelten etwa eine Anerkennung der von Russland besetzten Gebiete sowie kein NATO- oder EU-Beitritt der Ukraine.

"Maximalforderungen für Ukraine nicht tragbar"

"Diese Maximalforderungen sind für die Ukraine aber nicht tragbar, weil sie das Ende der Eigenständigkeit bedeuten würden. Da stellt sich die Frage, wofür man bislang dreieinhalb Jahre gekämpft hat", führt der Politikwissenschafter weiter aus. Offen sei zudem, wie ein tatsächlicher Frieden aussehen könnte. "Was ich maximal erwarte, ist ein Waffenstillstand. Die Frage dabei ist, wie man diesen sicherstellen kann, ohne dass russische Truppen wenig später wieder angreifen."

Gebietsabtretungen der Ukraine wohl unvermeidbar

Dass Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland aber wohl unvermeidbar sind, meinte bereits NATO-Generalsekretär Mark Rutte. Laut Dür sei dies aber nur "defacto" möglich: "Das bedeutet, dass man die Fakten am Boden anerkennt und dass die Kontrolle über die besetzten Gebiete verloren gegangen ist. Eine rechtliche Anerkennung dessen sehe ich nicht als möglich." Dazu sei eine Änderung der ukrainischen Verfassung notwendig, der zufolge die territoriale Integrität nicht antastbar ist. "Eine Defacto-Anerkennung ist aber möglich, wie das etwa bereits bei der Krim der Fall war."

Gespräche ein "Prestigeerfolg Putins"

Dass die Gespräche nun vorerst zwischen Trump und Putin ohne Selenskyj stattfinden, hält Dür für eine "interessante Verhandlungsstrategie" des amerikanischen Präsidenten. Aktuell würde vor allem Russland profitieren. "Donald Trump hat zuvor ein Ultimatum gesetzt und Sanktionen sowie höhere Zölle angekündigt, sollte sich Russland nicht in Richtung eines Waffenstillstands bewegen. Davon ist nun nichts mehr zu hören, stattdessen gibt es eine Einladung an Russland nach Alaska in die USA. Im Moment schaut es eher nach einem Prestigeerfolg Putins aus."

Der wirtschaftliche Druck auf Russland nehme allerdings zu. Die über Jahre angesparten Währungsreserven neigen sich dem Ende zu, die Kriegswirtschaft gerät ins Stottern, wie Wirtschaftsdaten zeigen. Dennoch verfüge Russland weiterhin über Möglichkeiten, den Krieg in der Ukraine fortzusetzen, vor allem durch Verbündete, meint der Salzburger Politikwissenschafter: "Die russische Wirtschaft hängt nun komplett von der Unterstützung durch China ab. Das wäre natürlich auch ein Druckmittel, das die USA und Europa verwenden könnten."

Europa spielt untergeordnete Rolle

Bei den bilateralen Gesprächen zwischen Russland und den USA bleiben die europäischen Staaten bislang außen vor. "Europa ist an den Rand gedrängt worden und hat sich auch an den Rand drängen lassen – von Beginn an. Man hat sich viel zu zögerlich verhalten. Trumps Position, dass der Krieg in der Ukraine zum Großteil ein europäisches Problem ist – da hat er einfach recht", so Dür. Europa unterstütze die Ukraine nicht nur aus Altruismus, sondern auch aus Eigeninteresse. Letztlich gehe es um eine territoriale Bedrohung der Europäischen Union. Die Ukraine stelle hier einen Puffer zu Russland dar. Die EU-Länder haben sich – mit Ausnahme Ungarns – im Vorfeld der Gespräche zwischen Trump und Putin auf eine gemeinsame Erklärung verständigt, der zufolge die Ukraine die Freiheit haben müsse, selbst über ihre Zukunft zu entscheiden.

Waffenstillstand durch Druck auf Putin möglich

Sollten die Verhandlungen scheitern, glaubt Dür nicht, dass die Front in der Ukraine zusammenbrechen könnte. Auch wenn die aktuell stark umkämpfte Stadt Pokrowsk fällt, dürfte sich das nur gering auf den weiteren Frontverlauf auswirken. Eine Waffenruhe sei bei den anstehenden Gesprächen jedenfalls nicht vom Tisch: "Wenn Trump viel Druck auf Putin ausübt, kann man einen Waffenstillstand erreichen. Die Ukraine ist ganz offensichtlich dazu bereit. Dann könnte man sich überlegen, dass es eine Defacto-Anerkennung der Gebiete für Russland gibt."

Danach müsse man die Ukraine so weit aufrüsten, dass es für Russland nicht mehr interessant ist, erneut anzugreifen. Europa sei hier vor allem bei der Finanzierung gefragt. "Das wäre die derzeit wohl beste Lösung", so Dür abschließend.

(Quelle: salzburg24)

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