Wenn das Fieberthermometer Alarm schlägt oder die Tagesmutter kurzfristig ausfällt, stehen viele Eltern in Salzburg vor dem altbekannten Balanceakt: Job oder Kind? Ist das eigene Kind krank oder die Betreuung nicht gesichert, greift allerdings die Pflegefreistellung des Arbeitsrechts: Eltern können zu Hause bleiben – bei voller Entgeltfortzahlung.
Wie funktioniert die Pflegefreistellung?
Wichtig ist, dem oder der Arbeitgeber:in unverzüglich darüber Bescheid zu geben. "Andernfalls ist die Entgeltfortzahlung gefährdet", erklärt Christina Fricke-Becker von der Gewerkschaft GPA am Montag im SALZBURG24-Gespräch.
- Grundanspruch: Pro Arbeitsjahr steht Arbeitnehmer:innen eine Woche Pflegefreistellung zu.
- Zusatzanspruch: Für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr kann eine weitere Woche beansprucht werden – wenn es sich um eine neuerliche Pflegebedürftigkeit handelt.
- Begleitungsfreistellung: Bis zum zehnten Geburtstag des Kindes können Eltern Pflegefreistellung nutzen, wenn sie das Kind bei einem Krankenhausaufenthalt begleiten.
- Betreuungsfreistellung: Auch wenn die Betreuungsperson – etwa Großeltern oder eine Tagesmutter – plötzlich ausfällt, greift das Recht.
Der Anspruch besteht ab Beginn des Arbeitsverhältnisses. Die Pflegefreistellung kann stunden-, tage- oder wochenweise genommen werden. Arbeitgeber:innen dürfen ein ärztliches Attest oder eine Bestätigung verlangen, für die sie allerdings die Kosten übernehmen müssen.
"Familien stoßen rasch an ihre Grenzen"
"Die Praxis zeigt allerdings, dass viele Familien mit ein bis zwei Wochen pro Jahr rasch an ihre Grenzen stoßen", schildert Fricke-Becker. Besonders dann, wenn Kinder mehrmals im Jahr krank werden oder wenn mehrere Kinder zu betreuen sind. "Viele Eltern fragen sich dann, ob sie dafür Urlaub nehmen müssen oder welcher Grund für eine Dienstfreistellung greift", erläutert Fricke-Becker. Ist das Kontingent ausgeschöpft, gibt es mehrere Möglichkeiten:
- "Wichtige persönliche Dienstverhinderungsgründe" (§ 8 Abs. 3 Angestelltengesetz) können eine kurzfristige Freistellung rechtfertigen – etwa wenn Unterricht plötzlich ausfällt oder ein dringendes Gespräch mit der Schule notwendig ist. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass einige Arbeitgeber das oft nicht gewährleisten", sagt Fricke-Becker von der GPA. "In diesem Fällen sollten Betroffene die Gewerkschaft oder Arbeiterkammer kontaktieren."
- Urlaub ohne Vereinbarung: Eltern können für die Pflege von Kindern unter zwölf Jahren auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers Urlaubstage konsumieren, sofern noch Resturlaub vorhanden ist.
- Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit: Bei schweren oder längerfristigen Erkrankungen besteht die Möglichkeit, eine längere Auszeit oder eine Arbeitszeitreduktion zu vereinbaren – allerdings ohne vollen Lohnausgleich.
Mütter öfter von Betreuungspflichten betroffen
So klar die gesetzlichen Regeln klingen, so schwierig ist die Realität oft für Eltern. Besonders Mütter stehen hier unter Beobachtung, zeigt eine Studie der Statistik Austria: Betreuungspflichten wirken sich bei Müttern viermal häufiger auf die Erwerbstätigkeit aus als bei Vätern. Während Arbeitgeber:innen bei Männern das Thema Kinderbetreuung selten ansprechen, sind es bei Frauen oft die entscheidenden Fragen. Diese Erfahrung teilt auch Fricke-Becker von der GPA: "In vielen Betrieben scheint noch nicht angekommen zu sein, dass auch Väter Betreuungspflichten haben. Die Pflegefreistellung ist ein extrem wichtiges Instrument, um Familie und Beruf zu vereinbaren – gerade zum Schulstart, wenn häufig Krankheitsfälle auftreten." Doch trotz klarer gesetzlicher Regelungen zeigt sich in Salzburg wie auch anderswo: Der Spagat zwischen Job und Betreuung bleibt vor allem für viele Mütter oftmals ein Kraftakt.
Tipps für Arbeitnehmer:innen
- Frühzeitig informieren: Arbeitgeber:in sofort über die Inanspruchnahme der Pflegefreistellung informieren, idealerweise vor Dienstbeginn.
- Ansprüche kennen: Viele Eltern wissen nicht, dass es für Kinder unter zwölf Jahren eine zweite Woche gibt.
- Bestätigung bereithalten: Ärztliche Atteste oder Schulbestätigungen können verlangt werden.
- Unterstützung holen: Bei Problemen können Betriebsrat, Arbeiterkammer oder Gewerkschaft helfen.
GPA-Aktionswoche zum Schulstart
Die GPA veranstaltet wie schon im Vorjahr eine Aktionswoche zum Schulstart: Am Dienstag sind die Teams jeweils um 7.30 Uhr an der Volksschule Maxglan I und II sowie an der Volksschule Mirabell in der Stadt Salzburg sowie an der Volksschule Seekirchen (Flachgau). Am Mittwoch gibt es Termine an der Volksschule Eugendorf (Flachgau) und im Kindergarten Gries/Hallein (Tennengau).
(Quelle: salzburg24)