Fünf Angeklagte

Pinzgauer Ex-Bürgermeister wegen Amtsmissbrauchs verurteilt

Veröffentlicht: 16. November 2023 15:21 Uhr
Wegen Amtsmissbrauchs ist heute ein ehemaliger Bürgermeister im Pinzgau verurteilt worden. Es ging um eine laut Gericht rechtswidrige Vereinbarung, die von den beiden nachfolgenden Bürgermeistern weitergeführt wurde.
SALZBURG24 (nic)

Ein ehemaliger Bürgermeister eines schmucken Tourismusortes im Pinzgau ist am Donnerstag bei einem Prozess in Salzburg wegen Amtsmissbrauchs zu zwölf Monaten auf Bewährung in Zusammenhang mit einer offenbar rechtswidrig eingehobenen Ortstaxe verurteilt worden. Seine zwei Nachfolger, ein Ex-Amtsleiter und ein pensionierter Steuerberater sind hingegen von allen Vorwürfen - sie lauteten auf Bestechlichkeit, schweren Betrug und Amtsmissbrauch - freigesprochen worden.

Illegaler Deal mit Luxusressorts

Alle Angeklagten beteuerten ihre Unschuld. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Die Gemeinde soll mit der Eigentümergesellschaft einer Clubhotel GmbH rechtswidrig eine allgemeine Ortstaxe von pauschal 13.000 Nächtigungen pro Jahr privat vereinbart und im Zeitraum 2014 bis Juni 2020 eingehoben haben. In Summe geht es um etwa 50.200 offenbar zu viel angegebene Nächtigungen. Laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) habe der damalige Bürgermeister mit dem mittlerweile verstorbenen Geschäftsführer des Luxusressorts, deren 24 in- und ausländische Eigentümer ihre Appartements beziehungsweise Lodges teils selbst benutzen oder vermieten, einen illegalen Deal geschlossen. Diese rechtswidrige Vereinbarung sei von den nachfolgenden beiden Bürgermeistern fortgeführt worden.

Allgemeine, statt besondere Ortstaxe vorgeschrieben

Für diese zu viel gemeldeten Nächtigungen hätten die Bürgermeister die allgemeine Ortstaxe vorgeschrieben - und nicht die höhere, besondere Ortstaxe - wie bei Ferienwohnsitzen üblich. Laut WKStA haben sich die Gemeinde und der Tourismusverband dadurch einen Vorteil von rund 74.900 Euro verschafft. Die allgemeine Ortstaxe ist eine Gemeindeabgabe und geht zu 96 Prozent an den Tourismusverband. Ein Großteil der besonderen Ortstaxe wird hingegen an das Land abgeführt. Gemeinden müssen die jährlichen Übernachtungen auch regelmäßig der Statistik Austria melden. Für jede Nächtigung gibt es Geld vom Bund über den Finanzausgleich.

Bürgermeister bis 2018 im Amt

Der mittlerweile pensionierte, erstangeklagte und nun verurteilte Bürgermeister, der von 2009 bis 2018 im Amt war und die Vereinbarung im Beisein des Amtsleiters und des Steuerberaters der GmbH getroffen haben soll, erklärte, dass das Clubhotel im Jahr 2006 als Großbeherbergungsbetrieb errichtet wurde. Im Jahr 2013 seien die Gemeindeverantwortlichen nicht zufrieden mit der gemeldeten Anzahl von Nächtigungen gewesen. Im Dorf sei auch darüber geredet worden, dass es sich um Zweitwohnsitze handle und auch die "Meldungsmoral" des Betriebes nicht passe.

Hotel meldete rund 6.000 Nächtigungen pro Jahr

Das Klubhotel meldete zunächst anhand von Gästeblättern 462 bis 6.149 Nächtigungen pro Jahr, zu bezahlen war eine allgemeine Ortstaxe. "Wir haben das dann geprüft und kontrolliert. Verglichen mit anderen Beherbergungsbetrieben waren das aber zu wenig Nächtigungen", erklärte der Erstangeklagte. Aufgrund eines Ermittlungsverfahrens habe die Gemeinde den einzelnen Eigentümern des Clubhotels für 2012 eine besondere Ortstaxe vorgeschrieben, die dann storniert worden sei. Laut dem beschuldigten Steuerberater habe es seitens der Eigentümer geheißen, man zahle ja auch die normale Ortstaxe und wolle nicht doppelt zahlen.

Da keiner der Eigentümer einen Zweitwohnsitz gemeldet habe, sei man davon ausgegangen, dass die allgemeine Ortstaxe das Richtige sei, erläuterte der Erstangeklagte. Die Pauschale habe jedenfalls keinen fiskalen Hintergrund für die Gemeinde gehabt. Der ehemalige Amtsleiter sagte, er habe berechnet, dass die Anzahl von 13.000 Nächtigungen pro Jahr angesichts der 24 Eigentümer mit ihren dazugehörigen Familien realistisch sei.

Bürgermeister: „Wir wussten es nicht besser“

Seitens der Gesellschaft habe es dann geheißen, sie werde 13.000 Nächtigungen pro Jahr akzeptieren und in Zukunft die Gästemeldungen schicken, so der Erstangeklagte. Warum habe er eine pauschale Vereinbarung mit einem Privaten geschlossen, die ihm als Bürgermeister, als Organ einer Behörde, nicht zustehe, fragte der vorsitzende Richter des Schöffensenates, Helmuth Marco Torpier. "Sie wissen schon, dass Sie mit Bescheid entscheiden müssen." Dazu der Altbürgermeister: "Wir haben einfach geschaut, dass wir etwas in Ordnung bringen, was nicht in Ordnung war. Wenn es nicht ganz der Rechtsordnung entsprochen hat, tut es mir leid. Wir wussten es nicht besser."

Laut Steuerberater eine „Vereinfachungsregelung“

Der mittlerweile pensionierte Steuerberater legte noch dar, das Problem sei gewesen, dass jeder Eigentümer selbst die Vermietungen durchgeführt und der Geschäftsführer nicht gewusst habe, wie viele Vermietungen tatsächlich durchgeführt wurden. Der Geschäftsführer sei der Meinung gewesen, dass 13.000 Nächtigungen im Jahr richtig seien, und falls es mehr werden, dann würden auch mehr gemeldet. "Es war eine Vereinfachungsregelung. Sonst muss ich vor jedes Bett einen Wächter hinstellen."

Urteile nicht rechtskräftig

Verteidiger Kurt Jelinek, der den erstangeklagten Altbürgermeister, dessen beiden Nachfolger und den ehemaligen Amtsleiter vertritt, beantragte für seine Mandanten einen Freispruch. Die Angeklagten hätten sich in ihrem Leben nie etwas zu Schulden kommen lassen und seien stets bestrebt gewesen, in ihrem Beruf alles richtig zu machen, obwohl die Thematik breit gefächert sei und alle auch einen Brotberuf gehabt hätten. Der Zweitangeklagte sei auch nur 90 Tage im Amt gewesen. "Sie haben mit der Ortstaxe nichts am Hut. Sie haben keinen Betrug gemacht, sich selbst nicht bereichert und niemanden getäuscht. Es ist auch kein Schaden entstanden."

Der Verteidiger des Steuerberaters, Rechtsanwalt Thomas Payer, schloss sich in seinen Ausführungen inhaltlich seinem Kollegen an. "Ich habe die Anklageschrift zig-fach gelesen und nicht verstanden, was da strafbar wäre."

Der Staatsanwalt gab zu den Urteilen keine Erklärung ab, der Verteidiger des verurteilten Ex-Bürgermeisters meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung an, die Urteile sind daher nicht rechtskräftig.

(Quelle: apa)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken