Die Spurenelementanalyse von Ötzis Kupferbeil, die am Germanischen Zentralmuseum in Mainz durchgeführt wurde, ergab einen Kupferanteil von 99,7 % mit 0,22 % Arsen und 0,09 % Silber. Damit gehört dieses Kupfer in die Gruppe des sogenannten Arsenkupfers, das Irenäus Matuschik in seiner internationalen Studie europäischer Kupfervarietäten als „Mondseekupfer“ definieren konnte. Heute arbeitet Matuschik in der Pfahlbauforschung am Bodensee.
Ein möglicher Abbauort waren die Kupferlagerstätten am Mitterberg im Salzburger Pongau. Dort gibt es zahlreiche Vorkommen von Kupferkies und Fahlerzen, die ebenfalls in den unterschiedlichsten Mineralisationen Beimengungen von Arsen und Silber zeigen. Die Pfahlbauer an Mond- und Attersee betrieben dort ihre Minen und förderten den für die Jungsteinzeit innovativen Rohstoff zutage. Die Steinzeitschmiede der Mondseekultur (3800 bis 3300 v. Chr.) beherrschten das Gießen von Kupfer zu erstklassigen Beilen bereits meisterhaft.
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Kupfer aus der Toskana
Auf dem Bozener Kongress im letzten Jahr zum 25-Fundjubiläum der Gletschermumie vom Tisenjoch wurde eine neue Isotopenanalyse eines Forscherteams von der Universität Padua vorgestellt. Danach stammt das Kupferbeil des Ötzi nicht aus dem Salzburger Land, sondern aus der Toskana. Das wurde kürzlich mit einer online-Publikation bestätigt.
Das würde aber dann bedeuten, dass die Heimat des Ötzi höchstwahrscheinlich nicht in Südtirol sondern im Zentrum der oberitalischen Remedello-Kultur zwischen dem Gardaseeraum und der Toskana lag. Darauf deuteten im Übrigen seine Feuersteingeräte aus den Monti Lessini schon früher hin.
Schon vor Jahren wurde bei Grabenstätt am Chiemsee ein Randleistenbeil aus Kupfer der Remedello-Kultur gefunden, das nahezu identisch mit dem Beil des Eismannes ist. Die Analyse ergab 95 Prozent Kupferanteil mit 4 Prozent Blei. Es handelt sich also eindeutig nicht hat um ein Arsenkupfer heimischer Produktion und könnte ebenfalls aus der Toskana importiert worden sein. Das Kupferbeil von Grabenstätt wird jetzt zu einem gewichtigen Argument für den Alpenübertritt der Händler aus Oberitalien.
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Siedlungen am Alpenrand
Die lange bekannte Steinzeitsiedlung am Auhögl nahe Ainring an der Saalach im Rupertiwinkel war aus verteidigungstechnischer Sicht eine sehr günstig gelegene Anlage am Ausgang des Salzachtales. Man fand mit den vielen Fundstücken auch kistenweise Keramikreste der bayerischen Altheimer Kultur (3800-3350 v. Chr.) und der oberösterreichischen Mondsee-Kultur.
Auch ein Flachbeil aus Arsenkupfer war unter den Funden. Sicher hatte die Siedlung etwas mit dem Kupferhandel am Alpenrand zu tun. Aus der Siedlung von Ainring liegt zudem eine bemerkenswerte Pfeilspitze vor. Sie ist ohne den geringsten Zweifel aus dem Feuerstein der Lessinischen Berge gefertigt worden. Sie gleicht aufs Haar der Pfeilspitze, die noch heute in Ötzis linker Schulter steckt und zum Tode des Eismannes vor rund 5300 Jahren geführt hat.
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Transitrouten über die Alpen
Sollten weitere Forschungen die Herkunft von Ötzis Kupferbeil aus der Toskana bestätigen, führte offenbar ein Fernhandelsweg aus Oberitalien über den Alpenhauptkamm ins bayerisch-österreichische Voralpenland. Dass die Remedello-Leute in Bayern waren, ist unstrittig. Auch aus der Schweiz und Oberösterreich liegen entsprechende Funde vor. Der Schweizer Pfahlbauforscher Urs Leuzinger spricht vom Ötzi längst als einem „Handelsreisenden der Jungsteinzeit“.
Die Entfernung zwischen der Toskana und dem Salzburger Land beträgt mindestens 600 km. Südtirol ist in diesem neuen Szenario nur noch Durchgangsland auf dem Weg ins Nördliche Alpenvorland. Die einzig denkbare Motivation für diese gefährlichen Übergänge, der die Menschen der Jungsteinzeit in die Todeszone der Hochalpen führte, waren die reichen Kupfervorkommen in Nordtirol und am Mitterberg im Salzburger Land.
Noch aber ist das letzte Wort im Fall Ötzi nicht gesprochen. Die Aufklärung eines Mordfalles aus der Jungsteinzeit bleibt auch weiterhin spannend.
(Quelle: salzburg24)