Christian Mitterbauer ist 52 Jahre alt. Als Nachwuchsfußballtrainer steht der gebürtige Stadt-Salzburger mehrmals pro Woche am Rasen und hält sich dadurch fit, wie er bei einem wortwörtlich praxisnahen Pressegespräch zum Thema Männergesundheit im Wartezimmer von Allgemeinmedizinerin Ute Schulz im Salzburger Stadtteil Parsch am Mittwoch berichtet. Damit das auch noch lange so bleibt, hat er sich vor einigen Jahren dazu entschieden, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen.
Darmpolyp bei Untersuchung entdeckt
Hintergrund ist eine bewegende, persönliche Familiengeschichte. „Im Alter von 50 Jahren hat meine Mutter Darmkrebs bekommen. Das war eine ganz schlimme Geschichte. Außerdem konnte mein Vater, der an COPD (eine Lungenerkrankung, Anm.) erkrankt ist, bei meiner Hochzeit vor zehn Jahren nicht im Marmorsaal, in der Kirche und bei der Feier dabei sein. Ich habe selbst drei Kinder und möchte noch viel erleben und meine Enkelkinder kennenlernen“, schildert der 52-Jährige. Bei ihm wurde bei einer Untersuchung ein Darmpolyp entdeckt, der so rechtzeitig entfernt worden ist.
Salzburgs Männer sind Vorsorgemuffel
Mit seiner Entscheidung, sich regelmäßig durchchecken zu lassen, gehört Mitterbauer allerdings zur Minderheit. Denn Männer sind Vorsorgemuffel – Zahlen belegen das. Laut dem Dachverband der österreichischen Sozialversicherungen lag der Anteil der erwachsenen Personen, die im Jahr 2022 regelmäßig zur Vorsorge gingen, bei 15,3 Prozent. Bei den Männern waren es nur 14,4. Im Bundesländervergleich lag Salzburg mit 17,5 Prozent zwar im Mittelfeld, aber auch hier waren die Männer nachlässiger (16,1 Prozent). Zum Vergleich: Zahl der Vorsorgeuntersuchungen von Frauen war laut Statistik um rund 20 Prozent höher.
Die Gründe dafür können vielfältig sein. „Viele Männer sind beruflich stark gefordert und nehmen sich ungern Zeit für Arztbesuche oder Vorsorgeuntersuchungen. Aber auch Angst spielt eine wichtige Rolle. Erst, wenn die Anzeichen einer ernsten Erkrankung nicht mehr zu ignorieren sind, wollen Männer Hilfe in Anspruch nehmen – doch dann ist es oft schon zu spät“, führt Peter Kowatsch, Vorsorgereferent der Ärztekammer Salzburg, aus.
Das bemerkt auch Ute Schulz in ihrer Praxis. „Es sind viel mehr Frauen bei der Vorsorge. Möglicherweise liegt es daran, dass sie schon seit ihrer frühen Jugend zum Gynäkologen gehen. Dabei sind Vorsorgeuntersuchungen kostenlos und es gibt kaum Wartezeiten.“ Um den Vorsorgemuffeln die Augen zu öffnen, bringt sie folgendes Beispiel: „Männer bringen ihr Auto einmal im Jahr zum Service, damit es nicht kaputt geht. Sie vergessen dabei, dass das regelmäßige Servicieren ihres Körpers wichtig ist, um Krankheiten früh zu erkennen.“
Um das künftig zu ändern, nehmen Land Salzburg und Ärztekammer insgesamt 35.000 Euro in die Hand. Der Kampagne „Heldencheck“, die es schon seit fünf Jahren gibt, soll nun neuer Wind eingehaucht werden. „Auch Superhelden werden krank“ lautet der Slogan, mit dem Männer ab 35 Jahren zur jährlichen Vorsorgeuntersuchung motiviert werden sollen. Dass Krankheiten rechtzeitig entdeckt und behandelt werden ist nicht nur wichtig für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Entlastung des Gesundheitssystems, wie Gesundheitslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) anmerkt. Mittlerweile werden nämlich auch Männer immer älter, ergänzt Peter Kowatsch.
Genetische Risikofaktoren "völlig unterschätzt"
Besonders wichtig sei die Vorsorge für Menschen, die Risikofaktoren ausgesetzt sind. Dazu zählt neben Übergewicht oder Stress auch – wie im Fall von Christian Mitterbauer – die genetische Komponente, die „völlig unterschätzt“ werde, betont Kowatsch. Hausärzt:innen sollen die niederschwellige Anlaufstelle für Prävention sein. Sie können gezielte Zuweisungen für weitere Untersuchungen erteilen, sollte dies nötig sein.
Psychische Erkrankungen äußern sich anders
Neben der körperlichen Gesundheit soll ein Augenmerk auf der psychischen Gesundheit liegen. Psychische Erkrankungen würden sich bei Männern oftmals anders äußern als bei Frauen, erklären die Expert:innen. Als Beispiel nennt Kowatsch depressive Störungen: „Während Frauen eher weinerlich oder zaghaft sein können, reagieren Männer oft aggressiver oder überlastet.“ Weitere Beispiele seien Persönlichkeitsstörungen/Narzissmus, Burnout und fehlende Abgrenzung von der Arbeit – Stichwort Workaholic. Und: Der Umgang mit Suchtmitteln spiele ebenfalls eine wichtige Rolle, fügt Landesrätin Gutschi an. So würden manche Männer in Drucksituationen schneller zu Alkohol und anderen Drogen greifen. Damit Männer sich diesbezüglich gegenüber einem Arzt oder einer Ärztin öffnen, sei Fingerspitzengefühl gefragt – schon bei der Fragestellung und den Antwortmöglichkeiten auf Fragebögen, die bei Untersuchungen ausgefüllt werden. Wenn sich Patienten dann aber öffnen, platze es häufig förmlich aus ihnen heraus, erläutert Allgemeinmedizinerin Ute Schulz.
Wer bietet Vorsorgeuntersuchungen an?
In Salzburg machen grundsätzlich alle Kassenärztinnen und -ärzte Vorsorgeuntersuchungen. Hinzu kommen einige Wahlärzt:innen, beispielsweise Lungenfachärzt:innen oder Internistinnen und Internisten, sagt Kowatsch. Bei der Suche nach einem Mediziner oder einer Medizinerin soll die Website des „Heldenchecks“ helfen. Dort gibt es zusätzlich Blogeinträge zu Gesundheitsthemen und Ursachen, Symptome und Tipps bei verschiedensten Erkrankungen:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Prostatakrebs
- Potenzstörungen
- Burnout
Positiv stimmt die Expertinnen und Experten jedenfalls die Entwicklung in den vergangenen Jahren: Seit 2004 ist die Anzahl der Vorsorgeuntersuchungen bei Männern in Salzburg um 139 Prozent gestiegen. Dieser Trend soll sich in Zukunft fortsetzen. „Eine Stunde pro Jahr für mich und meine Gesundheit ist eine sehr gute Investition“, ist sich Christian Mitterbauer sicher.
(Quelle: salzburg24)