„Der große Stier oder Mühe des Weges“: So lautet der Name der ungefähr 200 Kilo schweren Bronzeplastik in Form eines Stiers, die am Mittwoch im Burghof der Festung Hohensalzburg in der Landeshauptstadt enthüllt wurde. Das Kunstwerk ist somit wieder an den Ort seiner Entstehung zurückgekehrt und soll an den Künstler Arno Lehmann erinnern. Lehmann hatte im Jahr 1949 sein Atelier und seine Wohnung auf der Festung bezogen. Der Stier dürfte 1957 entstanden sein.
Stier vor Umzug restauriert
Bevor der Stier zurück in sein altes und jetzt neues Zuhause gekommen ist, waren einige Vorarbeiten nötig, erklärt Martin Hochleitner, Direktor des Salzburg Museums, im SALZBURG24-Interview am Mittwoch. Vor dem großen Umzug stand zunächst eine Reinigung an. Die Restaurierungsabteilung des Museums warf ebenfalls einen Blick auf das Kunstwerk. Und auch Bildhauer Felix Zenzmaier aus Kuchl (Tennengau) war eingebunden. „Bei einer Restaurierung schaut man, dass Verunreinigungen oder allfällige Verletzungen an der Oberfläche gereinigt oder geschlossen werden. Das Material ist aber sehr widerstandsfähig. Man kennt Bronze ja als das Material von vielen Denkmälern, die im öffentlichen Raum stehen. Auch auf Friedhöfen sind viele Grabkreuze aus Bronze.“
Aus Salzburg-Gnigl auf die Festung
In den vergangenen Jahrzehnten befand sich der Stier im Privatbesitz einer Familie im Salzburger Stadtteil Gnigl. Auch dort stand er im Freien, so Hochleitner. Trude Kaindl-Hönig, Mitglied des Museumsvereins und ehemalige Gesellschafterin der „Salzburger Nachrichten“ (SN), hat das Exemplar nun erworben und dem Salzburg Museum geschenkt. Die Auflage: Der Stier soll wieder an den Ort seiner Entstehung zurückkehren und an Arno Lehmann erinnern. Der 200-Kilo-Koloss musste nicht in einem Stück transportiert werden. Er wurde stattdessen in seine sechs Einzelteile zerlegt und mit dem Unimog der Festung hinauftransportiert.
Kunstwerk "typisch" für späte 1950er-Jahre
Aber was macht den Stier so besonders? „Es wurde ganz bewusst von der Naturform abgewichen. Das Fleisch ist sozusagen weg.“ Es handle sich also um eine Form von Architektur oder Konstruktion, führt Hochleitner aus. Und genau das sei typisch für die späten 1950er-Jahre gewesen. „Damals ist es immer auch um die Frage der Abstraktion gegangen. Das bedeutet, sich in der Kunst von dem, was ich sehe – in der Naturform – zu entfernen.“ Der Stier steht nun leicht gebückt auf einem Sockel vor der mächtigen Burgmauer. Sein Kopf kann sogar geschwenkt werden – er blickt entweder zur Sonne hinauf oder auf den Boden hinunter.
Es sei eine „herausragende Schenkung“, freut sich der Museumsdirektor. Dass Salzburger:innen ihre Schätze abgeben, sei jedoch gar nicht so selten, wie man glauben mag. „Viele Salzburgerinnen und Salzburger haben ein Bild, eine Skulptur oder eine Fotografie, bei der sie denken, dass sie so etwas Besonderes ist, dass sie Teil des Salzburger Kulturerbes werden soll. Wir übernehmen das auch für die Öffentlichkeit, denn wir sind für das Kulturerbe mit Objekten, Kunst und Kultur zuständig.“
Die feierliche Enthüllung des Bronze-Stiers auf dem Festungsgelände zog die Aufmerksamkeit einiger Besucherinnen und Besucher auf sich. Salzburgs Politik rund um Bürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ) und Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf (ÖVP) ließ es sich ebenfalls nicht nehmen, trotz praller Sonne und sommerlicher Hitze, mit dabei zu sein. Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) war sogar zum Scherzen aufgelegt. „Diese Art von Enthüllungen sind uns immer die liebsten“, schmunzelte er in seiner Ansprache.
Wer war Arno Lehmann?
Arno Lehmann wurde 1905 in Berlin geboren. Er gilt als einer der namhaftesten und bedeutendsten Keramiker des 20. Jahrhunderts. Als ein Bombentreffer während des Zweiten Weltkriegs seine Werkstatt zerstörte, wagte er einen Neuanfang in Österreich – zuerst in Bad Aussee. 1949 stellte der damalige Salzburger Landeshauptmann Josef Rehrl Lehmann und dessen Familie dann Wohnung und Atelier in den Räumlichkeiten der Festung Hohensalzburg zur Verfügung. Neben der Bronzeplastik „Der große Stier oder Mühe des Weges“ entstanden dort auch Malereien in Erdfarben und großflächige Mosaike. Der Künstler arbeitete außerdem an Großprojekten in Keramik. 1972 starb Arno Lehmann – der als Außenseiter galt und gilt – an Herzversagen.
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(Quelle: salzburg24)