Wenn sich die eigenen Eltern trennen oder gar ein Elternteil verstirbt, fehlen vielen Erwachsenen im Umgang mit den betroffenen Kindern die Worte. Dabei sei Schweigen das Schlimmste, was man den Kindern antun könne. Davon ist die systemische Familientherapeutin Eva Gitschthaler überzeugt. Die gebürtige Pongauerin leitet seit 2015 den Verein Rainbows Salzburg. Seit über 30 Jahren bietet Rainbows österreichweit eine Begleitung für Kinder und Jugendliche, die von Trennung oder Scheidung ihrer Eltern betroffen sind. Im Vorjahr waren das in Salzburg 360 Kinder und Jugendliche.
Im Sonntagstalk sprechen wir darüber, wie man mit Kindern grundsätzlich über schwierige Themen redet, aber auch was wir Erwachsene von den Jüngsten im Umgang mit dem Tod lernen können.
Sonntagstalk mit Eva Gitschthaler: Ein Auszug zum Nachlesen
SALZBURG24: Ihr begleitet Kinder nicht nur nach Trennungen, sondern auch nach Trauerfällen in der Familie. Wie spricht man denn mit Kindern über solch schwierige Themen?
EVA GITSCHTHALER: Es ist wichtig, dass man den Kindern gegenüber ehrlich und offen ist. Das Schlimmste ist, wenn man Kindern etwas verschweigt. Weil Kinder wissen immer, wenn irgendwas nicht stimmt. Sie bekommen das mit, auch wenn man versucht, nicht drüber zu sprechen. Wichtig ist aber, kindgerechte Antworten zu geben und immer nur so viel Information, wie das Kind gerade verträgt. Bei Kindern kann es sein, dass wenn man ihnen vom Tod eines Elternteils erzählt, dass sie zuerst gar nicht richtig darauf reagieren und einfach wieder weiterspielen. Es kann sein, dass sie gleich in Tränen ausbrechen. Wichtig ist, dass man dem Kind vermittelt, ich bin da, du kannst mir Fragen stellen, ich halte das aus. Kinder sind in solchen Fällen oft sehr angepasst und wollen uns Erwachsene schützen.
Für viele Erwachsene ist das Thema Sterben sehr tabu behaftet. Welche Vorstellungen haben Kinder vom Tod?
Kinder gehen genauso, wie es sein sollte, sehr natürlich damit um. Manchmal würde ich mir wünschen, dass wir Erwachsenen noch so ein bisschen wie Kinder denken. Gerade Vier- bis Siebenjährige haben ein magisches Denken. Die sagen dann wirklich, du schau mal raus aus dem Fenster, die Mama oder der Papa winkt gerade herunter. Kinder können das sehr bildhaft beschreiben. Ich muss zu dem Kind dann natürlich sagen, dass ich das jetzt nicht sehe, aber dass ich mir das sehr schön vorstelle. Schwieriger wird es ab dem Alter von sieben, acht Jahren. Ab da wird die Endgültigkeit begreifbar, dass der Papa wirklich nie mehr kommt. Aber auch da ist es wichtig, ehrlich zu bleiben und mit dem Kind zum Beispiel einen gedanklichen Ort zu erschaffen, wo denn der Papa jetzt ist. Kinder sind da sehr kreativ. Sie sind wirklich offen, was das Thema betrifft. Da haben eher wir Erwachsenen Angst davor, was so ein Gespräch auslösen könnte.
Im Hinblick auf das aktuelle Weltgeschehen oder die jüngsten Ereignisse in Graz. Wie bzw. ab wann sollten Eltern solche Nachrichten mit Kindern thematisieren?
Ich muss mir vor Augen halten, dass es einfach sein kann, dass mein Kind das von anderen erfährt. Dann kommt mein Kind nach Hause und sagt, meine Freundin hat erzählt, da ist ein Bub in eine Schule gegangen und hat mit einem Gewehr alle erschossen. Das wird von Kind zu Kind anders formuliert, auch etwas dazu gedichtet. Daher ist es sehr wichtig, dass ich das zu Hause abfange und das Kind informiere, dass etwas sehr Schlimmes in Österreich passiert ist. Sonst fängt mein Kind an, sich Gedanken zu machen und selbst Fantasien zu spinnen. Da ist es besser, altersentsprechend miteinander darüber zu sprechen.
Einem Kind mit beispielsweise sieben Jahren, kann ich schon sagen, dass ein Mann andere Menschen erschossen hat. Dann muss man schauen, wie reagiert es auf diese Information. Wenn es erstmal nichts sagt, durchaus abwarten. Oft kommt das Thema vorm Schlafen gehen noch einmal auf. Du Mama, wie war das genau? Wichtig ist, immer in kleinen Dosen zu antworten und dann wieder abzuwarten.
Den Sonntagstalk auf SALZBURG24 gibt's jede Woche. Am kommenden Sonntag ist Historikerin Sabine Veits-Falk zu Gast bei Anna Gruber. Sie sprechen über prägende Ereignisse in der Geschichte Salzburgs und welchen historischen Salzburgerinnen mehr Anerkennung gebührt. Einfach reinhören!
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(Quelle: salzburg24)