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Mentaltrainer Fabio Richlan im Sonntags-Talk: "Jeder braucht mentale Stärke"

Mentales Training galt lange als Stiefkind im Sport. Mittlerweile hat sich das geändert. Mentaltraining ist aber nicht nur etwas für Sportler, jeder kann davon profitieren. Wir haben uns mit dem Salzburger Mentaltrainer Fabio Richlan über den Nutzen mentaler Stärke, den Ablauf eines Mentaltrainings und den inneren Schweinehund unterhalten. Außerdem hat der Experte drei Übungen parat, mit denen man im Alltag die eigene mentale Stärke trainieren kann.

Fabio Richlan hat an der Universität Salzburg Psychologie studiert und sich bei seiner Promotion mit dem Thema Legasthenie auseinandergesetzt. Durch den Hobbysport kam Richlan, der auch im Organisationsteam des Trumer Triathlon ist, zum Mentaltraining. Heute coacht er unter anderem die Nationalmannschaft im Skibergsteigen sowie die Nachwuchstalente im Skigymnasium Saalfelden und im Salzburger-Schulsport-Modell.

Hat sich Ihr Leben durch das Mentaltraining verändert?

Ich habe Mentaltraining an mir selbst ausprobiert und die positiven Effekte gesehen. Und viele Sachen, die man im Mentaltraining lernt, sind am Anfang zwar auf den Sport bezogen, aber in Wirklichkeit kann man es in sehr vielen Bereichen im Leben anwenden. Es gibt ja auch im Beruf oder im privaten Leben viele Situationen, wo mentale Stärke gefragt ist.

Wie kann ich mir ein mentales Training vorstellen?

Das wird ganz individuell gemacht und es gibt verschiedene Methoden: Sei es das klassische Mentaltraining, wo es um Visualisierung geht oder Selbstgesprächsregulation, Entspannungstechnik, Aktivierungstechniken, Zielsetzungstraining. Manchmal geht es weniger um wettkampfbezogenes Training, sondern mehr ums Leben allgemein. Da steht nicht der objektive Erfolg im Vordergrund, sondern das subjektive Wohlbefinden.

Es ist ganz unterschiedlich, mit welchen Anlässen Klienten kommen. Ein Teil kommt sicher, weil sie ihre Leistung nicht abrufen können. Mindestens ebenso groß ist aber auch das Thema Wettkampfstabilität. Das dritte große Thema ist, dass Sportler, die eigentlich gar kein Problem haben im mentalen Bereich, das Potential des mentalen Trainings aber für sich entdecken.

Muss ich zum Mentaltraining schon mit einem gewissen Ziel kommen, oder kann ich mir das dort erst erarbeiten?

Das ist ein Teil des Trainings, das läuft viel über Gespräche, dass man selbst hinterfragt, reflektiert und dann gemeinsam Lösungen erarbeitet. Meine Aufgabe ist es die Sportler dabei zu unterstützen, ihre Probleme selbst zu erarbeiten. Ich gebe Impulse, wir erarbeiten Trainingsaufgaben, es liegt aber viel daran, ob die Sportler ehrlich zu sich selbst sind. Selbstreflexion ist ein wichtiger Faktor für mentale Stärke.

Was kann meine mentale Stabilität, meine mentale Stärke beeinflussen?

Im Sport, im Leben gibt es immer Talente: Die gibt es auch, wenn es um die mentale Stärke geht. Es gibt relativ stabile Persönlichkeitsfaktoren, es ist aber nichts so fix, dass man es nicht beeinflussen könnte. Es gibt auch situationsspezifische Faktoren. Zum Beispiel, wie interpretiere ich ein Nervositätsgefühl? Sagt der Sportler zu sich selbst, heute passt etwas nicht mit mir oder, zeigt mir mein Körper damit, dass er leistungsbereit ist. Es hängt viel davon ab, ob ich es als Bedrohung oder als Herausforderung sehe.

Gibt es Situationen, in denen mentale Stärke besonders wichtig ist?

Wenn alles perfekt läuft, läuft es eh von alleine, dann brauche ich meine mentale Stärke vielleicht eher, damit ich nicht unkonzentriert werde. Aber natürlich braucht man mentale Stärke eher in schwierigen Situationen. Wenn es darum geht, Niederlagen zu verarbeiten, sich von Verletzungen zurück zu kämpfen oder, wenn ein Sportereignis so wichtig ist, wie etwa die Olympischen Spiele.

Also erarbeite ich mir die am besten schon vorher.

Ganz genau. Methoden, wie man sich pusht im Wettkampf oder wie man sich entspannt, trainiert man am Anfang für sich alleine. Dann steigert man sich, versucht, das ins Training einzubauen und durch Wiederholung sollte man es schaffen, das auch in Stresssituationen abzurufen. Aber es ist einfach wichtig, dass man schon vorher genau weiß, was man macht. Diese Widerstandsfähigkeit, auch in schwierigen Situationen motiviert zu bleiben, das ist sicher ein ganz wichtiger Faktor von mentaler Stärke.

Kann man sagen, manche Leute brauchen mentales Training, andere brauchen es nicht?

Also ich glaube, dass jeder mentale Stärke braucht, aber nicht jeder mentales Training. Es kann aber jeder davon profitieren. Es ist eigentlich egal, auf welchem Leistungsniveau der Sportler ist. Ich habe einige Hobbysportler, bei denen geht es darum die Balance zu finden zwischen Sport, Familie, Erholung und Job und das ist oft viel schwieriger, als für Profis.

Was kann ich für meinen Alltag von diesen Sportlern lernen?

Was man mitnehmen kann ist Gelassenheit, die positive Einstellung, die Balance zwischen Erholung und Belastung. Ein großes Thema ist Zielsetzung, dass man reflektiert, was will ich eigentlich im Leben, im Beruf und mir überlege, wie kann ich das erreichen, woran muss ich arbeiten? Und ein wesentlicher Faktor ist die Fähigkeit zur Selbstregulation, dass man es schafft, Belohnungen aufzuschieben, etwas durchzuziehen und dafür ist die Belohnung dann umso größer. Da gibt es den berühmten Marshmallow-Test, den man mit Kindergartenkindern gemacht hat.

Das ist eines der am häufigsten wiederholten Experimente in der Psychologie. Man hat diese Kinder dann 20 Jahre später befragt. Je länger die es geschafft haben, dieser Versuchung zu widerstehen, umso erfolgreicher waren die im späteren Leben. Damit ist das ein genereller Faktor für Erfolg im Leben, den man auch lernen kann.

Und was könnte mich jetzt daran hindern, Dinge durchzuziehen?

Alles (lacht). Die Versuchungen sind groß. Natürlich darf man sich auch mal etwas gönnen, man muss sich aber im Klaren darüber sein, was man will. Das sage ich immer den Nachwuchsleistungssportlern: Ihr habt alle einen Traum. Ihr könnt euch jeden einzelnen Tag fragen, sind eure Gewohnheiten so, dass ihr diesem Traum näherkommt? Und das ist oft schwierig, aber man kann sich überlegen: Was kann ich dafür heute schon machen? Nur der Wunsch reicht nicht. Man muss auch die Handlungen dafür setzen.

Sie betreuen Sportler aus ganz unterschiedlichen Sportarten. Braucht ein Skibergsteiger eine andere Betreuung als ein Fußballer oder ist das wirklich persönlichkeitsabhängig?

Also die Herausforderungen je nach Sportart sind natürlich unterschiedlich. Der eine muss sich für drei Sekunden konzentrieren können, der andere für drei Stunden. Was mir immer taugt ist, wenn man den Sportlern zeigt, in der Sportart gibt es diese Herausforderungen und so gehen die Athleten damit um. Da kann man oft sehr viel für sich selbst mitnehmen. Zum Beispiel im Tanzsport: Da geht es darum, dass das locker aussieht, dass man Selbstbewusstsein darstellt. Selbstbewusstsein ist natürlich im Ausdauersport auch wichtig, aber ob das jetzt flüssig aussieht, ist vollkommen egal. Im Endeffekt ist aber eine flüssigere Bewegung auch im Ausdauersport von Vorteil, weil sie energieeffizienter ist. So kann man Parallelen herstellen und davon profitieren.

Verraten Sie uns zum Abschluss noch drei Übungen, wie wir unsere mentale Stärke im Alltag trainieren können?

Eine gute Übung ist, sich am Abend zu überlegen was ist heute gut gelaufen, was ist weniger gut gelaufen, was kann ich morgen anders machen. Dass man reflektiert, diese Gedanken aufschreibt und dann ruhig einschlafen kann. Eine weitere Übung ist, etwa in einer Stresssituation, sich zu fokussieren. Nicht auf das zu denken, was vorher war, was nachher sein kann, sondern darauf, was jetzt in dem Moment wichtig ist. Eine dritte Übung wäre im Alltag auf Entlastung und Entspannung Wert zu legen. Dass man versucht geistig zur Ruhe zu kommen und einfach mal nichts tun. Das fällt irrsinnig schwer. Da kann man sich aber gut sammeln und neue Energie schöpfen.

Vielen Dank für diese Tipps und das spannende Gespräch Herr Richlan!

 

Sonntags-Talk auf SALZBURG24

Wir veröffentlichen jeden Sonntag ein Interview mit besonderen Menschen aus Salzburg – egal ob prominent oder nicht. Wir freuen uns über eure Vorschläge an nicole.schuchter@salzburg24.at.

(Quelle: S24)

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