Inklusive Gastfreundschaft

Wie Jugendliche mit Lernschwächen zu Gastro-Profis werden

Jugendliche mit Lernschwäche lernen im Café Aigensinn in Salzburg das Arbeiten in der Gastronomie kennen. (SYMBOLBILD)
Veröffentlicht: 13. August 2024 14:31 Uhr
Jugendliche mit Lernschwächen lernen im neuen Café Aigensinn in der Stadt Salzburg das Arbeiten in der Gastronomie kennen. Eine Ausbildnerin berichtet über Herausforderungen und Ziele des Betriebs des Salzburger Non-Profit-Unternehmens "anderskompetent".
Moni Gaudreau

Tische abwischen, Kuchenvitrine füllen und Kaffees servieren – so sieht ein Arbeitstag für Lehrling Anna im Café Aigensinn aus. Eigentlich könnte es also ein ganz normales Kaffeehaus sein – ist es aber nicht. Denn dort werden Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Lernschwächen das Arbeiten in der Gastronomie beigebracht. Der Ausbildungsbetrieb im Salzburger Stadtteil Aigen gehört zum Salzburger Non-Profit-Unternehmen "anderskompetent" und wurde offiziell am 17. Juli eröffnet.

Leiter Aleksandar Joncic und Ausbildnerin Claudia Hemetsberger-Wasserbauer arbeiten bereits seit Juni mit den jungen Mitarbeiterinnen. Dazu wurde eine Mappe mit allen Rezepten zu Hauptspeisen, Kuchen und Cocktails erstellt. „Die Jugendlichen – und auch ich – können so immer nachsehen, wie sie die Dinge zubereiten“, erzählt die 57-jährige Ausbildnerin im SALZBURG24-Gespräch mit einem Schmunzeln. Ein einfacher Touchscreen bei der Kaffeemaschine und der Registrierkasse helfe ebenfalls, denn „das erinnert an ein Handy“. Damit seien die „Jungen eh super“. Ansonsten werde den Jugendlichen Tätigkeiten einfach direkt angesagt oder viel gemeinsam gemacht.

Mit Lehrling Anna hat das Café seit rund zwei Wochen eine langfristige Mitarbeiterin. In den Sommermonaten unterstützten insgesamt drei Praktikanten vom Campus Oberrain, der Ausbildungsstätte von "anderskompetent" in Unken, den neuen Betrieb. Einige weitere hätten auch kurzzeitig in den Beruf „reingeschnuppert“, sagt Hemetsberger-Wasserbauer. Dieses „Kommen und Gehen“ sei vollkommen okay: „Die Jugendlichen spicken sich in unterschiedlichen Betrieben dann das raus, was sie für ihre Zukunft brauchen können. So sammeln sie Erfahrungen und erweitern ihre Perspektiven.“ Eine Praktikantin aus der Küche habe im Café Aigensinn zum Beispiel die Liebe zum Cocktail mixen gefunden.

Jugendliche mit Lernschwierigkeiten sammeln Erfahrung

Wer seinen Horizont erweitern will, muss aber auch negative oder herausfordernde Erfahrungen sammeln. Und auch davon kann Hemetsberger-Wasserbauer seit ihrem Start vor rund einem Monat berichten. Wenn es mal stressig wird und die Jugendlichen das Kühlhaus mit dem Gefrierschrank verwechseln, habe sie schon Tränen im Stiegenhaus getrocknet. „Manche schnabeln zurück, weil sie etwas nicht machen wollen. Und als ich einmal lauter wurde, hat mir eine Jugendliche gesagt, ich solle einfach mal chillen“, erzählt die 57-Jährige.

In Situationen wie diesen helfe ihr die langjährige Erfahrung als Jugendarbeiterin in einem Jugendkreis in Bischofshofen (Pongau). Bei den offenen Gesprächen zeige sich, dass die jungen Mitarbeiter:innen oftmals „einfach Liebeskummer“ haben – und das eigentliche Arbeiten gar nicht so das Problem sei.

Café Aigensinn zählt bereits Stammgäste

Das Café werde seit der Eröffnung gut von der Nachbarschaft angenommen und zähle schon die ein oder anderen Stammgäste – von jungen Müttern, die das Mittagessen to go mitnähmen, bis zu einer Gruppe älterer Damen, die sich regelmäßig zum „Kaffeetscherln“ treffen würden. Von genau dieser sei auch der Wunsch gekommen, dass im Café Aigensinn in Zukunft auch ein Frühstück angeboten werden soll.

Ein Feedback, dass die Hemetsberger-Wasserbauer gerne mitaufnimmt. „Unsere Menükarte ist mit Rüben-Kimchi, Thai-Curry, sechs Cocktails und mehr sehr umfangreich. Das ist unseren Jugendlichen zu viel“, so die 57-Jährige. Ab Herbst werde deswegen die Karte voraussichtlich „abgespeckt“ – und wer weiß, vielleicht schaffen es dann zwei, drei Frühstücksvarianten auf das Menü.

(Quelle: salzburg24)

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