Eine nun im renommierten "Lancet"-Journal veröffentlichten Studie – federführend durchgeführt von der MedUni Graz – zeigt den Einfluss des Klimawandels und Naturkatastrophen auf die Verbreitung von Pilzerkrankungen. Der Hauptfokus der Studie lag allerdings nicht auf dem Klimawandel, sondern auf seinen direkten und indirekten Folgen. So führen andere klimatische Bedingungen vermehrt zu Naturkatastrophen, die erwiesenermaßen Pilzerkrankungen in der Bevölkerung hervorrufen.
Anpassung an wärmere Bedingungen
Schließlich steigt die Durchschnittstemperatur in der Atmosphäre, das Klima wandelt sich und sehr anpassungsfähige Pilze gewöhnen sich schnell an diese neuen Bedingungen. Grundsätzlich begünstigt die Klimaerwärmung eine Zunahme von Pilzinfektionen, zeigt die Forschung. Weil sich gewisse Pilze rasch an wärmer werdende Bedingungen anpassen und sich sogar an Temperaturen am und im menschlichen Körper gewöhnen, können neue Infektionskrankheiten künftig auch bei uns in Österreich auftreten. Das wiederum führt dazu, dass neue Pilze wie Candida auris Infektionen bei immungeschwächten Personen hervorrufen und sich in weiterer Folge weltweit ausbreiten können.
Von solchen Pilzausbrüchen nach Naturkatastrophen wurde bisher am häufigsten aus den USA und Südostasien berichtet. Das liege einerseits daran, dass in diesen Regionen relativ häufig Naturkatastrophen vorkommen, andererseits verfügen sie auch über die medizinische Grundausstattung, diese Erkrankungen auch während einer Katastrophensituation diagnostizieren zu können. Aufgrund dieser Beobachtungen und des fortschreitenden Klimawandels sei davon auszugehen, dass Pilzerkrankungen weltweit nach Katastrophen häufiger werden. Die nun veröffentliche Studie bemängelt allerdings, dass Infrastrukturen und Ressourcen zur Diagnose in den nach Naturkatastrophen überforderten Gesundheitssystemen oft fehlen würden.
Gründe für vermehrte Pilzinfektionen
Die Gründe für die vermehrten Pilzinfektionen sind vielfältig. Winde oder Waldbrände führen etwa dazu, dass Sporen freigesetzt und stärker verteilt werden. Es gibt Fälle, bei denen Feuerwehrleute nach Waldbrand-Einsätzen mitunter Pilzerkrankungen aufweisen. In anderen Fällen sind in Küstenregionen höhere Raten an Pilzerkrankungen bemerkbar, nachdem Sporen durch die Brände über die Luft verteilt wurden.
Zusätzlich kommt es infolge von Katastrophen bei Menschen durchaus zu Traumata oder auch schweren Verletzungen, die sie wiederum anfälliger für eine Infektion machen. Und langfristige Folgen zeigt die Studie auch auf: Häuser werden infiziert und beispielsweise durch Flutungen zum perfekten Habitat für Pilze, die sich dann über Jahre oder Jahrzehnte im Gemäuer breit- und die Bewohner:innen krankmachen können.
Pilzausbrüche nach Naturkatastrophen
Pilzausbrüche nach Naturkatastrophen können vielfältig sein, wobei bestimmte Arten von Pilzen sich unter den durch Katastrophen veränderten Umweltbedingungen besonders verbreiten. Hier sind einige Beispiele für Arten von Pilzausbrüchen, die nach Naturkatastrophen bekannt sind:
Aspergillose wird durch sogenannte Aspergillus-Pilze ausgelöst: Die Erkrankung kann vor allem in Gebäuden auftreten, die durch Überschwemmungen oder Stürme beschädigt wurden und feucht bleiben, was ein ideales Wachstumsumfeld für diese Pilze schafft. Aspergillose verursacht vor allem Probleme in den Atemwegen. Bei immungeschwächten Personen kann sie zu schweren Lungeninfektionen führen und sich auf andere Organe ausbreiten. Bei Menschen mit gesundem Immunsystem verursacht sie meist weniger schwere Symptome.
Candidiasis: Candida-Pilze, insbesondere Candida auris, können sich nach Naturkatastrophen verbreiten, insbesondere in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen, wenn die Infrastruktur beschädigt ist oder hygienische Bedingungen nicht aufrechterhalten werden können. Candidiasis kann von harmlosen Haut- und Schleimhautinfektionen bis zu lebensbedrohlichen systemischen Infektionen reichen, insbesondere bei immungeschwächten Personen.
Coccidioidomykose wird durch das Einatmen von Sporen des Pilzes Coccidioides verursacht, der in bestimmten trockenen Regionen wie dem Südwesten der USA vorkommt. Erdbeben oder starke Winde können die Sporen freisetzen und die Verbreitung dieser Krankheit begünstigen. Coccidioidomykose verursacht oft grippeähnliche Symptome, kann aber auch zu schweren Lungeninfektionen und, in seltenen Fällen, zu Meningitis oder Dissemination in andere Organe führen.
Histoplasmose wird durch Histoplasma capsulatum verursacht. Das ist ein Pilz, der in Böden mit Vogel- oder Fledermauskot vorkommt. Naturkatastrophen wie starke Stürme oder Überschwemmungen können die Sporen aufwirbeln und eine erhöhte Exposition gegenüber Menschen verursachen. Histoplasmose führt in den meisten Fällen zu milden Symptomen, die denen einer Grippe ähneln, kann aber auch schwere Lungenkrankheiten oder eine disseminierte Krankheit verursachen, besonders bei Personen mit geschwächtem Immunsystem.
Mukormykose ist eine seltene, aber schwere Form der Pilzinfektion, die durch Mucorales-Pilze verursacht wird. Diese Pilze können sich in Bereichen ausbreiten, die durch Naturkatastrophen beschädigt wurden, insbesondere in Gebieten mit umfangreichen Wasser- und Schimmelschäden. Mukormykose betrifft vor allem Menschen mit stark geschwächtem Immunsystem und führt zu Gewebeschäden, Thrombosen und Nekrosen. Die Erkrankung kann tödlich enden, falls sie nicht rechtzeitig behandelt wird.
Pilzinfektionen können – ähnlich wie bei Menschen – auch bei Tieren ernsthafte Erkrankungen verursachen. Tiere können sowohl Träger als auch Opfer von Pilzerkrankungen sein, was die Verbreitung in der Tierpopulation und potenziell auf den Menschen fördern kann.
"Neben allgemeinen Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels sind die global koordinierte Bereitstellung von Ressourcen für die Überwachung von Pilzinfektionsausbrüchen unerlässlich", fordert Studienautor Martin Hönigl von der MedUni Graz abschließend. Damit einher gehe die Verbesserung der diagnostischen Kapazitäten, das Training von Gesundheitsfachkräften und öffentliche Sensibilisierungskampagnen.
(Quelle: salzburg24)