Sekt und Kritik

20 Jahre Amazon Deutschland

Veröffentlicht: 30. August 2019 08:58 Uhr
Der US-Versand-Riese Amazon blickt heuer auf sein 20-jähriges Bestehen in Deutschland zurück. Alles begann im Jahr 1999: Internet-Nutzer wählten sich damals noch mit pfeifenden 56k-Modems ein, Smartphones gab es nicht und im Radio lief "Mambo No. 5" von Lou Bega. Amazon eröffnete am 6. September sein erstes eigenes Warenlager.

Als Standort suchte sich der US-Konzern – damals noch weit entfernt von heutiger Marktmacht – Bad Hersfeld aus. Der Vorteil: Die osthessische Kur- und Festspielstadt liegt zentral in Deutschland; vor allem nahe Autobahnen. Zehn Jahre später kam ein zweites, weit größeres Logistikzentrum dazu. Es wurde am 5. August 2009 eröffnet. Mittlerweile besitzt Amazon 13 Logistikzentren mit 13.000 Festangestellten in Deutschland. In Bad Hersfeld werden in beiden Lagern 3.500 Menschen beschäftigt – Amazons größter Standort deutschlandweit.

Froh über Amazon

Der Einzelhandel mag wegen der enorm gewachsenen Konkurrenz nicht so gut auf den Konkurrenten aus dem Netz zu sprechen sein. Aber die Stadt Bad Hersfeld ist froh über den Branchen-Primus aus den USA. "Amazon und Bad Hersfeld sind ein Glücksfall füreinander", sagt Bürgermeister Thomas Fehling (parteilos). Das Unternehmen sei ein wichtiger Arbeitgeber und Mitwirkender am Stadtleben.

Roboter bringen Waren zum Menschen

Mittlerweile arbeiten nicht nur Menschen in den neueren Warenlagern des weltgrößten Online-Händlers Amazon. Der Regionaldirektor für Deutschland, Armin Cossmann, erklärt: "Bei uns arbeiten Mensch und Technik Hand in Hand." In Frankenthal, Mönchengladbach und Winsen (Luhe) bringen Transportroboter die Regale mit den Produkten zu den Mitarbeitern. "Das geht, weil wir dort vor allem kleinere bis mittelgroße Artikel bearbeiten. Die Roboter helfen uns, die Arbeit zu erleichtern, schneller zu werden und die Lagerfläche optimal zu nutzen."

Handelsexperte Gerrit Heinemann, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Niederrhein, meint, Amazon habe sich zu einem "Innovationsmotor" entwickelt und setze Standards in der Branche. "Amazon hat in den vergangenen 20 Jahren den deutschen Handel auf den Kopf gestellt."

Gewerkschaft nicht in Feierlaune

In Sektlaune zum Jubiläum mögen zwar Amazon-Mitarbeiter sein. Von der Gewerkschaft Verdi gibt es aber keine Glückwünsche: "Amazon feiert seinen 20-jährigen Geburtstag. Das heißt 20 Jahre gewerkschaftsfeindliche Arbeitnehmerpolitik. Das Unternehmen hat ohne Zweifel Stellen geschaffen. Aber es will bis heute einseitig diktieren, wie die konkreten Arbeitsbedingungen aussehen", sagt die für den Fachbereich Handel zuständige Gewerkschaftssekretärin Mechthild Middeke.

Sie kritisiert: "Der Alltag für die Beschäftigten bei Amazon ist geprägt von zu geringer Bezahlung, Arbeitshetze, einem rigiden Kontrollsystem und zunehmender Monotonie. Ein Kind wäre jetzt erwachsen und es ist an der Zeit den Beschäftigten mehr Mitbestimmung zuzutrauen. Ein angemessenes Geburtstagsgeschenk wäre die Aufnahme von Tarifverhandlungen für bessere Arbeitsbedingungen."

Regelmäßige Streiks seit 2013

Doch gegen Tarifverhandlungen wehrt sich Amazon seit Jahren. Deswegen schwelt ein festgefahrener Streit zwischen dem Versandriesen und der Gewerkschaft. Mitte Mai 2013 rief Verdi erstmals zu Streiks auf, unter anderem auch am Standort Bad Hersfeld. Amazon sieht sich hingegen als mustergültiger Arbeitgeber. Dem Geschäft scheinen die wiederkehrenden Streiks nicht zu schaden. Der weltgrößte Online-Händler von Tech-Milliardär Jeff Bezos erwirtschaftete im zweiten Quartal 2019 einen Gewinn von 2,3 Milliarden Euro.

Marktmacht bringt Abhängigkeit für die Kleinen

Branchen-Experten sehen eine große Dominanz von Amazon. Das Unternehmen habe rund 40 Prozent Marktanteil im deutschen Online-Handel, sagt Heinemann. Das Unternehmen zähle zu den beliebtesten Einkaufsquellen der Deutschen mit 17,3 Millionen Prime-Mitgliedern und 44 Millionen Kunden im Bundesgebiet.

Doch die Marktmacht von Amazon verheißt für manch einen nichts Gutes. "Die Kehrseite ist, dass Lieferanten und Marktplatz-Partner von Amazon in eine Abhängigkeitsfalle zu geraten drohen", befürchtet Heinemann. Und wenn Produkte gut laufen, werden sie kopiert und selbst angeboten. Die Kunden machen Amazon mit jedem Kauf noch ein Stück mächtiger – und schwächen die Konkurrenz. Dabei heißt es doch: Konkurrenz belebt das Geschäft.

(Quelle: apa)

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