UNO-Generalsekretär António Guterres hat am Freitag die 60. Münchner Sicherheitskonferenz eröffnet, zu der rund 50 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt erwartet werden. Guterres schlug dabei pessimistische Töne an. Die Weltgemeinschaft sei ungeachtet existenzieller Herausforderungen immer mehr gespalten. "Selbst die Ära des Kalten Krieges war - in mancherlei Hinsicht - weniger gefährlich", sagte er.
Noch immer gebe es die atomaren Gefahren, zu denen nur die Klimakrise und die Gefahr unkontrollierter Künstlicher Intelligenz gekommen sei. "Wir waren nicht in der Lage, wirksame Schritte als Antwort darauf zu ergreifen", sagte er.
Friedenslösung für Ukraine, Russland und die Welt gefordert
Er rief nach einer gerechten und beständigen Friedenslösung für die Ukraine, für Russland und die Welt. Dafür müsse Respekt für die territoriale Integrität souveräner Staaten die Grundlage sein. Der Verlust an Menschenleben sei entsetzlich. Der Krieg habe aber auch Folgen für die Weltwirtschaft und Entwicklungsländer. Guterres forderte, die Entwicklung in den ärmeren Staaten mit 500 Milliarden US-Dollar im Jahr, die langfristig finanziert sein müssten, zu stimulieren.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder verwies in seinen Eröffnungsworten auf den Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz vor 60 Jahren. Damals sei die Konferenz eine Tagung zum Thema Verteidigung gewesen. Man habe sie als "Treffen des Kalten Krieges" bezeichnet, nun "haben wir zu unsern Wurzeln" zurückgefunden, sagte Söder mit Blick auf den Konflikt des Westens mit Russland.
Schallenberg fordert Dialog mit Russland
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) äußerte Verständnis dafür, dass Vertreter Russlands in München unerwünscht ist. "Ich verstehe, dass die Veranstalter keine Russen hier haben wollen", sagte er. Zugleich betonte er, dass Dialogplattformen mit Russland bewahrt werden müssten und nannte unter anderem die in Wien ansässige Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Der Tod von Oppositionsführer Alexej Nawalny "erinnert uns daran, wie wenig frei, wie wenig demokratisch Russland ist und wie groß die Kluft zu Russland ist", fügt eer hinzu.
Schallenberg bezog zum Auftakt der Konferenz auch eine klare Position im Nahost-Konflikt. "Niemand steht über dem humanitären Völkerrecht. Das gilt für Israel, das gilt für alle anderen auch. Ich glaube Israel tut sehr gut daran zu unterscheiden zwischen der palästinensischen Zivilbevölkerung und der Hamas", sagte er. Israel wehre sich zurecht gegen die Hamas. Aber für Israel geht es sich aus Sicht Schallenbergs "eigentlich nicht aus", den Palästinensern zu sagen, vom Norden des Gazastreifens in den Süden zu ziehen und dann auch den Süden anzugreifen. "Die Situation droht, völlig außer Rand und Band zu geraten."
Rede von US-Vizepräsidentin Harris am Programm
Am ersten Tag des wichtigsten Politiker- und Expertentreffens zur Sicherheitspolitik weltweit wollte auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris reden. Am Samstag nimmt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teil. Zu den Hauptthemen der dreitägigen Konferenz werden in diesem Jahr die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten zählen. Am Rande der Konferenz dürfte es auch um die US-Präsidentenwahl am 5. November gehen und um die Frage: Was passiert, wenn Donald Trump gewinnt? Der US-Kongressdelegation mit mehr als 30 Abgeordneten gehören auch etwa ein Dutzend Parlamentarier aus Trumps Republikanischer Partei an.
Politiker:innen aus Österreich bei Münchner Sicherheitskonferenz
Aus Österreich haben sich Schallenberg, Europaministerin Karoline Edtstadler, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (alle ÖVP) sowie Justizministerin Alma Zadic (Grüne) zur MSC angesagt. Schallenberg führt am Rande der Konferenz zahlreiche bilaterale Gespräche und setzt dabei nach vorläufigen Planungen vor allem einen Nahost-Schwerpunkt, indem er mit seinen Amtskollegen aus Saudi-Arabien und dem Oman konferiert. Hinzu kommen der katarische Ministerpräsident Sheikh Mohammed bin Abdulrahman bin Jassim Al-Thani, der irakische Ministerpräsident Mohammed Shia Al-Sudani und der Präsident der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak, Nêçîrvan Barzanî (Nechirvan Barzani).
Im Jahr der Europawahl, der Nationalratswahl und einer erschütterten Stabilität der Dreier-Regierungskoalition in Berlin kommen aber auch die Deutschland-Kontakte nicht zu kurz: Schallenberg trifft als Vertreter von ÖVP-Schwesterparteien den Oppositionsführer Friedrich Merz und den CSU-Politiker und Vorsitzenden der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber. Zugleich kommt der Außenminister mit dem Chef des SPD-geführten deutschen Kanzleramts, Wolfgang Schmidt, zusammen. Weitere Gesprächspartner Schallenbergs sollen u. a. noch der moldauische Chefdiplomat Mihai Popșoi und UNO-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi sein.
(Quelle: apa)