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Airbus-Absturz: Co-Pilot war vor Jahren selbstmordgefährdet

Veröffentlicht: 30. März 2015 15:48 Uhr
Der Todespilot des Germanwings-Jets war nach Angaben der Staatsanwaltschaft Düsseldorf in der Vergangenheit wegen Selbstmord-Gefahr in psychotherapeutischer Behandlung. Dies betreffe aber einen längeren Zeitraum bevor Andreas L. seinen Pilotenschein gemacht habe, teilten die Ermittler am Montag in Düsseldorf mit.
Andre Stadler

Laut Staatsanwaltschaft Düsseldorf war der Co-Pilot vor mehreren Jahren - vor Erlangung des Pilotenscheines - über einen längeren Zeitraum mit vermerkter Suizidalität in psychotherapeutischer Behandlung.

Ärzte stellten keine Gefährdung fest

In jüngster Zeit hätten Ärzte bei dem 27-Jährigen jedoch weder eine Selbstmordgefahr noch ein Risiko für Angriffe auf andere Personen festgestellt. "Im Folgezeitraum und bis zuletzt haben weitere Arztbesuche bei Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie mit Krankschreibungen stattgefunden, ohne dass Suizidalität oder Fremdaggressivität attestiert worden ist", erklärte die Staatsanwaltschaft. Ärztliche Dokumente über eine organische Erkrankung seien nicht gefunden worden. Dies gelte auch für die angeblichen Augenprobleme, über die Medien berichtet hatten.

 

Angehörige gedenken den Absturzopfern. /EPA Salzburg24
Angehörige gedenken den Absturzopfern. /EPA

Bekennerschreiben wurde keines gefunden

Bei den Ermittlungen fanden die Staatsanwälte nach eigenen Angaben bisher weder im persönlichen und familiären Umfeld von Andreas L. noch an seinem Arbeitsplatz Hinweise auf ein Motiv. Auch fehle weiter eine Ankündigung für die Tat oder ein Bekennerschreiben. Die Behörde spielte damit offenbar auf entsprechende Medienberichte der vergangenen Tage an.

 

Die Blackbox wurde noch immer nicht gefunden. /EPA Salzburg24
Die Blackbox wurde noch immer nicht gefunden. /EPA

Co-Pilot 2015 drei Mal untersucht

Der 27-jährige Co-Pilot, der nach bisherigen Erkenntnissen den Airbus mit 150 Menschen an Bord absichtlich abstürzen ließ, war vor einigen Wochen als Patient an das Uniklinikum gekommen. Dabei ging es den Angaben zufolge um "diagnostische Abklärungen", die aber nicht näher erläutert wurden.

Auch blieb unklar, in welcher der vielen Abteilungen der Co-Pilot untersucht wurde. Zwischen Februar 2015 und dem 10. März war der Mann mindestens drei Male vorstellig geworden. Das Klinikum hatte Berichte dementiert, wonach "Andreas L. wegen Depressionen in unserem Haus in Behandlung gewesen sei". Die Übergabe der Akten war ursprünglich für Freitag angekündigt worden.

 

Staatsanwalt Christoph Kumpa mit Neuigkeiten. / APA/EPA/ROLF¦VENNENBERND Salzburg24
Staatsanwalt Christoph Kumpa mit Neuigkeiten. / APA/EPA/ROLF¦VENNENBERND

Identifizierung der Opfer läuft weiter voran

Bei der Düsseldorfer Polizei bemüht sich unterdessen die "Sonderkommission Alpen" weiter mit Hochdruck um die Aufklärung des Flugzeugabsturzes. Etwa 100 Beamte seien derzeit ausschließlich mit der Identifizierung der Opfer und den weiteren Ermittlungen in dem Fall beschäftigt, teilte die Behörde mit. Gemeinsam mit Seelsorgern besuchten sie die Wohnungen der Opfer in Nordrhein-Westfalen, um DNA-Spuren und Fingerabdrücke sicherzustellen.

Franzosen bauen Straße zu Unfallstelle

Die französischen Behörden bemühten sich unterdessen mit schwerem Gerät, eine Straße in die Nähe der abgelegenen Absturzstelle in den Alpen zu bauen. So soll die Bergung der Leichenteile beschleunigt werden. Die Arbeiten würden vermutlich bis Dienstag oder Mittwoch abgeschlossen sein, sagte der Sprecher der Gendarmerie, Xavier Vialenc. "Damit werden wir Zeit sparen", erklärte er. Bisher seien DNA-Spuren von 78 Opfern entdeckt worden.

 

Eine Straße wird zur Unfallstelle gebaut. / EPA Salzburg24
Eine Straße wird zur Unfallstelle gebaut. / EPA

Suche nach Blackbox geht weiter

Bisher müssen die Bergungshelfer von der Gendarmerie mit Hubschraubern zur Absturzstelle gebracht werden. Die Hänge dort sind so steil, dass sie nur angeseilt arbeiten können. Schlechtes Wetter schränkt die Helikopterflüge ein. Die Helfer suchen außerdem nach dem zweiten Flugschreiber, der die technischen Daten des Fluges aufzeichnet. Ermittler setzen dabei auf akribische Suche statt auf Funksignale.

"Die Geräte senden nur bei Kontakt mit Wasser", erläuterte Jens Friedemann von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) am Montag in Braunschweig. In den Alpen sende der Datenschreiber also gar keine Funksignale. Die bisherigen Ermittlungsergebnisse beziehen sich auf die Auswertung des Stimmenrekorders aus dem Cockpit.

 

Die Helfer sind im Dauereinsatz. /APA/EPA/YOAN VALAT Salzburg24
Die Helfer sind im Dauereinsatz. /APA/EPA/YOAN VALAT

Blackbox enthält wichtige Daten

Die BFU ist mit sieben Personen an den Untersuchungen des Absturzes beteiligt - fünf davon in Frankreich. Sie werden den Schreiber gemeinsam mit ihren französischen Kollegen auswerten, sobald er gefunden ist. Der Chip mit mehreren Hundert gespeicherten Daten steckt in einem gepanzerten Zylinder von der Größe einer Konservendose. Er soll über die letzten Minuten an Bord des Germanwings-Airbusses Aufschluss geben, der am vergangenen Dienstag mit 150 Menschen an Bord an einer Felswand in den französischen Alpen zerschellte.

Diskussion um ärztliche Schweigepflicht

Als Konsequenz aus dem Absturz wurden Forderungen nach einer Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht laut. Der Präsident der deutschen Bundesärztekammer, Frank-Ulrich Montgomery, warnte jedoch davor. Die Schweigepflicht sei ein hohes Gut und ein Menschenrecht, sagte er. Montgomery verwies ebenso wie eine Sprecherin des deutschen Gesundheitsministeriums darauf, dass ein Arzt schon heute zur Offenlegung von Informationen berechtigt sei, wenn es Anhaltspunkte für die Gefährdung anderer Menschen gebe. Die ärztliche Schweigepflicht gilt auch über den Tod eines Patienten hinaus. (APA)

 

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(Quelle: salzburg24)

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