Welt

Argentinien rutscht erneut in die Pleite

Veröffentlicht: 31. Juli 2014 13:48 Uhr
Argentinien ist nach gescheiterten Verhandlungen mit Gläubigern erneut in die Staatspleite geschlittert. Zwölf Jahre nach dem ersten Zahlungsausfall war es am Donnerstag wieder soweit. Das südamerikanische Land verweigerte im Rechtsstreit mit klagenden Hedgefonds in New York die fristgerechte Auszahlung von 1,33 Mrd. Dollar samt Zinsen. Die Bonitätswächter von S&P erklärten das Land für pleite.

Die globale Finanzwelt dürfte dies anders als 2002 jedoch nicht erschüttern, zumal Argentinien nach zwei Schuldenschnitten praktisch vom internationalen Kapitalmarkt abgekoppelt ist. Doch dem rezessionsgeplagten Land droht Ungemach: "Die Folgen der Insolvenz sind unvorhersehbar", prophezeite der vom Gericht bestellte Schlichter Daniel Pollack.

Obwohl die Hedgefonds nur eine kleine Gruppe der Gläubiger stellen, hat die gescheiterte Schlichtung weitreichende Folgen. Durch Anordnung des Richters Thomas Griesa dürfen vorerst alle übrigen Gläubiger nicht ausbezahlt werden, die bei Schuldenschnitten auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichtet hatten. Wegen dieser "Automatik" wird das Land nun paradoxerweise als pleite eingestuft, obwohl es sich für zahlungsfähig hält. Wirtschaftsminister Axel Kicillof verwies vor Reportern darauf, dass die fällige Zinszahlung für die Anleihenbesitzer geleistet worden sei, die den Schuldenschnitt akzeptiert hatten. Diese haben jedoch kein Geld gesehen. Die entsprechende Summe in Höhe von 539 Mio. Dollar (402,2 Mio. Euro) wurde auf Anordnung des New Yorker Richters auf dem Konto eines Treuhänders eingefroren.

Letzte Hoffnungen auf einen Kompromiss hatten sich in der Nacht auf Donnerstag zerschlagen. Ein Plan, die Pleite mithilfe privater Banken noch abzuwehren, misslang. Die von Argentinien als "Geierfonds" verspotteten Finanzhäuser hatten die nach US-Recht ausgegebenen Anleihen mit einem kräftigen Preisnachlass erworben, einen Schuldenschnitt verweigert und dann auf volle Auszahlung geklagt. Mit der Mehrzahl der Gläubiger hat sich Argentinien dagegen arrangiert.

Zuletzt überwies das Land zudem eine erste Tranche zur Begleichung seiner Schulden bei einer anderen Gläubigergruppe. Die im Pariser Club zusammengeschlossenen Staaten, darunter auch Deutschland und Österreich, erhielten insgesamt 642 Mio. Dollar. Im Mai hatte sich das Land mit dem Pariser Club geeinigt, seine Schulden in Höhe von etwa 9,7 Mrd. Dollar binnen fünf Jahren zu begleichen. Gegenüber der Republik Österreich steht Argentinien der Österreichischen Kontrollbank zufolge mit einem "zweistelligen Millionen-Euro-Betrag" in der Kreide. Die heimische Exportwirtschaft ist von der Pleite hingegen kaum betroffen.

Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) stufte die Anleihen des schuldengeplagten Staates als "partiellen Zahlungsausfall" ein. Zuvor war die Bonitätsnote mit "CCC-" bereits auf unterem Ramschniveau. Der "partielle Zahlungsausfall" bedeutet, dass ein Schuldner eine Anleihe, Kreditrate oder andere Verbindlichkeiten nicht fristgerecht zurückzahlt, aber andere Verpflichtungen weiter erfüllt.

Dies heißt allerdings nicht, dass die Gläubiger ihre Forderungen in den Wind schreiben müssen. Gemäß einer mit dem Schuldenschnitt verbundenen Klausel können sie im Falle eines Zahlungsausfalls sogar eine beschleunigte Auszahlung erreichen. Dazu müssen sich mindestens ein Viertel der Anleihebesitzer für einen Antrag zusammenfinden. Zudem könnte Argentinien ihnen anbieten, die Gespräche nächstes Jahr fortzusetzen. Dann dürfen sich Gläubiger, die den Schuldenschnitt akzeptiert haben, allerdings nicht mehr auf eine Klausel zur Besserstellung berufen. Diese greift nur noch bis zum Jahresende.

Ob die drittgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas im Schuldenstreit ohne Blessuren davonkommen wird, bleibt offen. Das Land hat mit geschätzten 30 Prozent eine der höchsten Inflationsraten der Welt und könnte noch tiefer in die Rezession rutschen, womit auch der Lebensstandard der Argentinier weiter sinken dürfte. Durch den Makel der Zahlungsunfähigkeit dürften zudem Investoren abgeschreckt und die Landeswährung Peso ins Trudeln geraten.

Die Argentinier, die auf die Pleite Anfang des Jahrhunderts mit Unruhen und einem Ansturm auf die Banken reagiert hatten, hoffen dennoch auf ein glimpfliches Ende: "Wir waren schon einmal in der Klemme und werden es wieder durchstehen", sagte ein 27-jähriger Angestellter einer Automobilfirma trotzig. Auch der Staat ist nicht so finanzschwach wie damals, da er Devisenreserven in Höhe von 29 Mrd. Dollar angehäuft hat. Die Regierung kann sich allein damit noch rund fünf Monate über Wasser halten.

(Quelle: salzburg24)

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