Die Chefs aller Parlamentsfraktionen haben sich am Dienstagnachmittag auf einen Termin für die vorgezogene Nationalratswahl verständigt. Gewählt wird demnach am 15. Oktober, sagte NEOS-Klubobmann Matthias Strolz nach einer Unterredung im Parlament. Hier lest ihr alle Details zur Neuwahl.
Neuwahl-Antrag am Mittwoch
Die Oppositionsparteien werden voraussichtlich am Mittwoch im Plenum den Neuwahl-Antrag einbringen. Formal ist noch zu klären, wann genau der Beschluss fallen soll, eventuell in einer Sondersitzung. Denn der Eurofighter-Untersuchungsausschuss soll bis 12. Juli arbeiten.
Keine neuen Positionen hat das Allparteiengespräch am Dienstagnachmittag in der Frage gebracht, wie sich SPÖ und ÖVP in den Monaten bis zur Wahl am 15. Oktober verhalten wollen. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) schließt Mehrheiten abseits der ÖVP nicht aus, während ÖVP-Chef Sebastian Kurz bekräftigte, die SPÖ nicht überstimmen zu wollen.
Eurofighter-U-Ausschuss soll weiterlaufen
Es herrscht zwischen allen Parteien Übereinkunft, dass der U-Ausschuss noch bis inklusive 12. Juli Zeugen befragen können soll, berichtete Kanzler Christian Kern (SPÖ) nach der Sitzung. Bis dahin werden noch zusätzliche Sitzungstermine für den Untersuchungsausschuss eingeschoben, die noch verhandelt werden.
Kanzler Kern will ungebremst weiterarbeiten
Bis es zur Einigung auf eine Neuwahl und auf Brandstetter als Vizekanzler kam, gab es eine Menge taktisches Geplänkel.
Kern betonte zuvor in seiner Erklärung, dass die Regierung auch in den kommenden Monaten ihre verfassungsmäßigen und europäischen Verpflichtungen vollumfänglich wahrnehmen wolle. Man werde in ruhiger Arbeit Stabilität gewährleisten und Unordnung bis hin zum Chaos verhindern. Neben Brandstetter will Kern auch die Ernennung von Harald Mahrer zum Wirtschaftsminister akzeptieren.
Kern: "Verantwortung übernehmen, nicht nur wenn die Sonne scheint"
Dass er die gemeinsame inhaltliche Arbeit in der Regierung beendet, begründete Kern damit, dass sich ÖVP-Chef Sebastian Kurz weigere, Vizekanzler zu werden. Verantwortung habe man nicht nur zu übernehmen, wenn die Sonne scheine sondern auch, "wenn es einem nicht zum persönlichen Vorteil gereichen mag", meint der SPÖ-Vorsitzende in Richtung des Außenministers.
Wenn nicht beide Parteichefs die Verantwortung für die Umsetzung des Regierungsprogrammes übernehmen wollten, bitte er um Verständnis, dass sich die SPÖ schwer tue, das Angebot der ÖVP als belastbar anzusehen. Stattdessen vertraue er lieber auf die parlamentarische Arbeit.
Die SPÖ werde dabei Punkt für Punkt bereits vereinbarte Regierungsvorlagen einbringen und Mehrheiten suchen. Bei seinem Gespräch mit den Oppositionschefs will Kern freilich heute auch erfragen, welche Initiativen die Opposition selbst noch umsetzen wolle. Dabei dürfe es aber keine übermäßigen Belastungen des Staatshaushalts geben.
Zusätzlich soll abgeklärt werden, wann genau der Wahltermin sein soll. Zudem pocht Kern auf die Fortsetzung des Eurofighter-U-Ausschusses.
Vom Kanzler genannt wurden jene drei Themenfelder, die der SPÖ nun besonders wichtig seien. Das ist zunächst die Beschäftigungsinitiative 20.000, der Kampf gegen die Steuervermeidung von Großkonzernen und ein einheitliches Wirtschaftsrecht.
Kurz hält nichts von "freiem Spiel der Kräfte" im Parlament
Der künftige ÖVP-Chef Sebastian Kurz hält hingegen nichts vom "freien Spiel der Kräfte" im Parlament, wie es nun der Kanzler anpeilt. In einem Statement im Nationalrat wiederholte der Außenminister, die SPÖ weiter nicht überstimmen und lieber das Regierungsabkommen abarbeiten zu wollen. "Ich hoffe, dass es uns gelingt, möglichst viele Punkte bis zum Wahltermin umzusetzen", erklärte Kurz. Er bitte darum, dem designierten Vizekanzler Wolfgang Brandstetter und der ÖVP eine Chance zu geben.
Kurz betonte, es sei sinnvoll, einen lebendigen Parlamentarismus zu haben. Die Monate bis zur Wahl sollten trotzdem geordnet ablaufen. Er halte nichts davon, Porzellan zu zerschlagen - und vielleicht werde es dann auch noch teuer, so Kurz mit Blick auf die Situation vor der Wahl 2008, wo beim freien Spiel der Kräfte zahlreiche kostenintensive Maßnahmen beschlossen wurden.
Freundlich äußerte sich der VP-Chef in Richtung Opposition. Dass sich diese so rasch auf einen Termin für die Wahl geeinigt habe, sei ein "Stärkezeichen". Jetzt müsse man es nur noch zusammenbringen, dass der Wahlkampf kurz, intensiv und fair verlaufe.
Taktischer Poker um Posten des Vizekanzlers
Der Poker um den Sessel des Vizekanzler war am Dienstagvormittag von taktischen Spielchen und nervösen Telefonaten der Regierungsmitglieder und deren Mitarbeitern geprägt. Bereits in der Früh zeichneten sich die heftigen Differenzen ab, als die SPÖ-Minister vor Beginn der Ministerratssitzung nachdrücklich einforderten, dass Kurz und nicht - wie vom künftigen VP-Chef gewünscht - Justizminister Wolfgang Brandstetter bis zur Wahl das Amt des Vizekanzlers übernimmt. Kurz müsse Verantwortung übernehmen, so der Tenor der roten Parteigranden.
Davon unbeeindruckt schlug Kurz in der Regierungssitzung Brandstetter als Vizekanzler vor. "Ich hoffe, dass der Vorschlag angenommen wird." Bereits zuvor hatte Kurz seine Ablehnung der Amts-Übernahme unter anderem mit seiner starken Reisetätigkeit als Außenminister begründet. Die Argumente fanden beim bisherigen Koalitionspartner keinen Anklang.
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Brandstetter hat schon Projekte für Ministerrat
Brandstetter ignorierte fürs erste die Ankündigung von Kern, die inhaltliche Regierungsarbeit zu beenden. Stattdessen schlug der designierte Vizekanzler vor, im kommenden Ministerrat drei Punkte zu erledigen, die ausverhandelt seien, nämlich Erhöhung der Forschungsprämie, Studienbeihilfe-Reform sowie Anhebung der Frauenquote in Aufsichtsräten. Brandstetter empfahl im Nationalrat, die Emotionen hintan zu halten. Dann könne man bis zur Wahl noch so manches umsetzen: "So viele Dinge sind so gut wie fertig."
Gleichzeitig betonte der Justizminister, nicht nur ein Vertrauensverhältnis zu Außenminister Sebastian Kurz zu haben, sondern auch zum Kanzler. Dabei verwies er auf ein gemeinsames Projekt mit jugendlichen Straftätern, das er vor einigen Jahren mit dem damaligen ÖBB-Chef Kern durchgeführt habe.
Business as usual für Reinhold Mitterlehner
Business as usual betrieb unterdessen der zurückgetretene ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner, der - auf Wunsch von Bundespräsident Van der Bellen - bis auf weiteres die Ämter des Vizekanzlers und Wirtschaftsministers fortführt. In einer Aussendung begrüßte er am Dienstag etwa die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Kompetenzverteilung beim Abschluss von Freihandelsabkommen. Auf seiner Facebookseite reagierte auf das politische Geschehen mit einem durchaus ironischen Post. Mit dem Kommentar "Irgendwer muss auch die Arbeit machen" lud Mitterlehner den Link zu einem "Django"-Video hoch.
(APA/SALZBURG24)
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