Welt

Causa Germania: Regierung leitet Auflösungsverfahren ein

Kurz hat Kickl die Aufgabe übertragen, die Burschenschaft aufzulösen.
Veröffentlicht: 31. Jänner 2018 08:42 Uhr
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat mit Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vereinbart, dass ein Auflösungsverfahren gegen die Burschenschaft Germania Wiener Neustadt wegen eines NS-Liederbuchs eingeleitet wird, so Kurz am Mittwoch vor dem Ministerrat. Während Kurz Konsequenzen fordert, sieht die FPÖ keinen Grund, den der Germania angehörigen FPÖ-Politiker Udo Landbauer auszuschließen.

Kurz sprach sich - neben strafrechtlichen - auch explizit für politische Konsequenzen aus, war doch der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer Vizevorsitzender der betroffenen Burschenschaft. Die Entscheidung, ob Landbauer aus der Partei ausgeschlossen werden bzw. sich überhaupt aus der Politik zurückziehen soll, ist für Kurz aber eine Sache der niederösterreichischen FPÖ, wie er auf Nachfrage erklärte. "Sie können sich vorstellen, dass ich für mich in der ÖVP weiß, wie ich die Entscheidung treffen würde."

Strache: Landbauer bleibt in FPÖ

Vizekanzler und FPÖ-Chef Strache sieht derzeit allerdings keinen Grund, Udo Landbauer aus der Partei auszuschließen. Strache bekräftigte, dass er bereits festgehalten habe, dass Antisemitismus und Rassenwahn in der Gesellschaft sowie in der FPÖ und dem Dritten Lager nichts verloren haben. Nun seien unterschiedliche Parteien betroffen, verwies er darauf, dass das Liederbuch von einem mittlerweile ausgeschlossenen SPÖ-Mitglied illustriert worden sei, und hätten Sorge zu tragen, dass man nicht untätig bleibe. Der Vizekanzler erwartet sich daher volle Aufklärung und strafrechtliche Konsequenzen.

Erfreut zeigte sich Strache, dass die Germania Wiener Neustadt inzwischen auch aus dem Pennäler Ring ausgeschlossen wurde. Für all jene, die sich etwas zuschulden kommen haben lassen, drohen strafrechtliche und moralische Konsequenzen. Selbstverständlich werde er nun auch umsetzen, was er bereits angekündigt habe und eine Historikerkommission für die Aufarbeitung in der FPÖ einsetzen.

Ermittlungen gegen SPÖ-Mitglied

Danach gefragt, ob nun auch für Landbauer Konsequenzen gezogen werden, also er zurücktritt oder aus der Partei ausgeschlossen wird, meinte Strache, dass er zur Zeit nur sagen könne, dass der Niederösterreicher ihm glaubhaft versichert habe, dass er mit den Liedtexten nichts zu tun habe. Es werde gegen vier andere Personen, darunter das - ehemalige - SPÖ-Mitglied, ermittelt. Die Entscheidung, ob Landbauer Landesrat werde, treffe die niederösterreichische FPÖ in den nächsten Tagen oder Wochen, sagte Strache.

Der Parteichef betonte weiters, dass er in der FPÖ immer durchgegriffen habe, wenn "rote Linien" überschritten wurden, dies sei hier nicht der Fall. Die Frage, ob Landbauer aus seiner Sicht reingewaschen sei, verneinte er, seien doch noch Ermittlungen in Gange. Über die Aussagen vom oberösterreichischen Landesparteichef Manfred Haimbuchner, der ebenfalls eine starke Abgrenzung gefordert hatte, zeigte sich Strache erfreut, seien dies doch auch seine Worte.

Kanzler Kurz fordert Konsequenzen

Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte sich in dieser Causa bereits vor Tagen für volle und rasche Aufklärung ausgesprochen - und gemeint, die Verantwortlichen müssten "die volle Härte des Gesetzes spüren". Das reichte nicht allen, so mahnte etwa Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Wochenende, dass die rote Linie schon vor der strafrechtlichen Verurteilung liege. Kurz ging nunmehr vor der Regierungssitzung erstmals ausführlich auf die Causa ein: Allein in der letzten Woche habe es mehrere Fälle von massivem Antisemitismus gegeben - dies sei nicht nur "widerwärtig", man dürfe hier auch "nicht zusehen oder wegsehen". Er sei "mehr als schockiert".

Jeder, der sich etwas zuschulden kommen habe lassen, müsse mit Konsequenzen rechnen, betonte Kurz - strafrechtlich, und, wenn es sich um Politiker handle, auch politisch. "Die muss es auch geben", sagte Kurz. Er verwies darauf, dass die SPÖ einen betroffenen Funktionär ausgeschlossen habe und erinnerte auch an die Aussage der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), wonach man mit Landbauer in der Landesregierung nicht zusammenarbeiten werde, was er "zu hundert Prozent" teile.

Kampf gegen Antisemitismus

Neben individuellen Konsequenzen seien auch die politischen Parteien gefordert, findet Kurz. SPÖ und ÖVP hätten ihre Geschichte schon aufgearbeitet, "andere Parteien haben das noch nicht gemacht", meinte Kurz mit Blick auf die FPÖ. Er begrüße daher, dass Strache eine entsprechende Historiker-Kommission angekündigt habe. Zudem habe aber auch die Regierung eine Verantwortung, "alle Möglichkeiten auszuschöpfen", meinte der Kanzler. Man werde etwa in Sachen Prävention weiterhin einen Kampf gegen Antisemitismus führen. Was einen Rückzug Landbauers aus der Politik betrifft, verwies Kurz darauf, dass er im Antisemitismus-Skandal der AG klare Konsequenzen gezogen und die Beteiligten ausgeschlossen habe. Die Entscheidung zu Landbauer sei aber weder seine noch eine der Bundesregierung, sondern eine der niederösterreichischen FPÖ.

Kurz erklärte auch auf die Frage, ob Landbauer im Landtag als Klubobmann der FPÖ akzeptabel wäre, dass er dazu eine klare Meinung habe. Diese Entscheidung habe jedoch nicht er als Regierungschef zu treffen, wiederholte er.

Schaden für das ganze Land

Der ÖVP-Obmann wurde auch auf den aus der SPÖ ausgeschlossenen Illustrator angesprochen, dazu hielt Kurz fest, dass sich keine Gruppierung darüber freuen dürfte, wenn eine andere Partei in derartigen Fällen betroffen ist - dies sei "widerwärtig". Alle hätten eine Verantwortung, wenn moralische Grenzen überschritten werden: "Wenn solche Fälle auftreten, sollte sich niemand freuen", derartige Themen sollen nicht für parteipolitisches Geplänkel genutzt werden, seien diese doch ein Schaden für das ganze Land. Geleitet werden sollte die Historikerkommission aus seiner Sicht von unabhängigen Historikern, dies sei Aufgabe der Partei, nicht etwa des Nationalrats.

(APA)

(Quelle: salzburg24)

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