"Matamore" (übersetzt etwa Aufschneider oder Angeber) heißt das Stück für fünf Artisten und Schauspieler aus dem Jahr 2012. Es spielt in einer tief gelegten Raubtier-Arena von etwa fünf, sechs Metern Durchmesser. Dort tummeln sich merkwürdige Gestalten aus einer versunkenen Traumwelt. Überzeichnete Fratzen aus einem schrulligen Gruselkabinett posieren dort und spielen sich auf in einer kleinen Welt der Poesie und ihrer Abgründe.
Eine lächerliche Raubtierbändigerin fletscht mit den Zähnen und knallt mit der Peitsche. Ein lebendiger Papier-Pinocchio muss dran glauben, dafür steckt man ihm einen Besen als Ersatz für die Arme durch seinen Leib. Ein federleichtes Teufelchen wird durch die Luft geworfen von einem bärtigen Grobian, und ein Pistolero jongliert mit einem einzigen Revolver (später sind es zwei) derart raffiniert und witzig, dass einem die Spucke wegbleibt. Eine virtuose Erzählung zweier Hände, durch die das tödliche Werkzeug in sympathisches Spielzeug verwandelt wird - genial.
Nicht weniger begeistert der Hampelmann am Reck, dessen Arme mit der drehbaren Stange fix verbunden sind, während der Körper anfangs leblos baumelt. Aber der Mann am Rad dreht die Reckstange derart geschickt, dass der Hampelmann ohne Fäden lebendig wird, verrückte, winzige und riesige Felgen turnt, Figuren zaubert und seinen schlaksigen Körper durch die Luft wirbelt als hätte er Muskel, Kraft und Seele. Das Publikum johlt.
Ja, ein paar Längen gibt es auch in "Matamore". Ein paar Kürzungen könnten dem 105-minütigen Stück durchaus gut tun. In diesen kleinen Leerläufen wird die spartanische Sitzbank dieses uralten Jahrmarkttheaters noch härter, und die Kälte zu später Stunde rückt ein Stück näher. Aber wenn zwei alte Männer aufs äußerste gemein und zugleich liebenswert streiten, wenn ein Hündchen auf den Vorderpfoten turnt, wenn das Teufelchen am Trapez einfach hängen gelassen wird oder ein ausrangierter Torero seinen Ängsten die Stirn bietet, dann ist man versöhnt mit einer nostalgischen Welt des Wandertheaters, in der die Bosheit, der Schabernack, die Intrige und die Herzlichkeit von schlichten Gemütern abgründig-fröhliche Urstände feiern.
(Quelle: salzburg24)