"Da gibt es verfassungsrechtliche Rechtsprechung, dass wir das auch können", sagte Gabriel. "Es ist eine Abwägung der außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Und die sind hier sehr eindeutig", sagte Gabriel. Die deutsche Regierung werde in einer Verbalnote mitteilen, "dass wir eine solche Veranstaltung nicht durchführen lassen werden". Er fügte hinzu, dass die Bundesregierung einen Auftritt Erdogans etwa in einem türkischen Generalkonsulat in Deutschland nicht untersagen könne.
Erdogan hatte Auftritt offiziell beantragt
Das deutsche Verfassungsgericht hatte im März klargestellt, dass ausländische Regierungsmitglieder weder nach dem Grundgesetz noch nach dem Völkerrecht Anspruch auf einen Auftritt haben. Sollten Politiker "in amtlicher Eigenschaft und unter Inanspruchnahme ihrer Amtsautorität" auftreten wollen, hingen sie immer von der ausdrücklichen oder stillschweigenden Zustimmung der Regierung ab. Dies ergebe sich aus Artikel 32 des Grundgesetzes, der besagt: "Die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten ist Sache des Bundes."
Erdogan hatte offiziell einen Auftritt vor Anhängern in Deutschland am Rande des G-20-Gipfels in Hamburg beantragt. Vor dem Verfassungsreferendum in der Türkei im April hatte es heftigen Streit über einzelne untersagte Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland gegeben. Erdogan hatte der deutschen Regierung daraufhin Nazi-Methoden vorgeworfen. Auch in Österreich hatte es damals eine heftige Debatte und mehrere Absagen von Wahlkampfauftritten von AKP-Politikern gegeben.
"Mit Ehren empfangen", alles weitere "nicht angemessen"
Gabriel betonte auch, dass Erdogan beim G-20-Gipfel in Hamburg "mit Ehren empfangen" werde. "Aber alles, was darüber hinaus geht, halten wir jetzt zum aktuellen Zeitpunkt nicht für angemessen", sagte Gabriel. Es gebe "rund um den G-20-Gipfel gar nicht die Polizeikräfte, um die Sicherheit herzustellen". Außerdem passe ein solcher Auftritt "nicht in die politische Landschaft", betonte der Minister. "Wir haben in der Bundesregierung dazu auch eine abgestimmte Meinung."
Zuvor hatte ein Regierungssprecher in Berlin erklärt, Gabriels Ablehnung sei mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel abgestimmt. Nach den Plänen der deutschen Regierung soll es drei Monate vor der Bundestagswahl keine Auftritte von Nicht-EU-Politikern in Deutschland geben.
Martin Schulz entschieden gegen Erdogan-Auftritt
Auch SPD-Chef Martin Schulz hatte ein Auftrittsverbot für Erdogan gefordert: "Ausländische Politiker, die unsere Werte zu Hause mit Füßen treten, dürfen in Deutschland keine Bühne für Hetz-Reden haben. Ich will nicht, dass Herr Erdogan, der in der Türkei Oppositionelle und Journalisten ins Gefängnis steckt, in Deutschland Großveranstaltungen abhält", sagte Schulz der "Bild"-Zeitung.
Die türkische Regierung kritisierte die Forderung scharf. "Wir verurteilen die inakzeptablen Äußerungen dieser Person über unseren Präsidenten und weisen sie entschieden zurück", erklärte das Außenministerium in Ankara am Donnerstag. Es warf Schulz vor, die "Meinungs- und Versammlungsfreiheit" einschränken zu wollen und "mit zweierlei Maß" zu messen.
Letzter Auftritt Erdogans in Deutschland im Mai 2015
Der letzte Auftritt Erdogans vor Anhängern in Deutschland fand im Mai 2015 in Karlsruhe statt. Es war zugleich Erdogans erster öffentlicher Auftritt in Deutschland als Staatspräsident.
(APA/dpa/ag.)
(Quelle: salzburg24)