Ab 2035

EU will Autos mit Verbrennermotoren verbieten

Members of the European Parliament take part in a voting session during a plenary session at the European Parliament in Strasbourg, eastern France, on June 8, 2022. (Photo by Frederick FLORIN / AFP)
Veröffentlicht: 08. Juni 2022 15:55 Uhr
Das EU-Parlament will den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 verbieten. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Mittwoch in Straßburg dafür, dass Hersteller ab Mitte des nächsten Jahrzehnts nur noch Autos und Transporter auf den Markt bringen dürfen, die keine Treibhausgase ausstoßen.
SALZBURG24 (jp)

Bevor eine solche Regelung in Kraft treten kann, muss das Parlament noch mit den EU-Staaten darüber verhandeln. Ende des Monats wollen die EU-Staaten ihre Position zu dem Verbot für den Verkauf von Benzin- und Dieselautos festlegen. Dann müssen die beiden EU-Institutionen noch einen Kompromiss finden, damit es in Kraft treten kann. Deutschland hat sich schon zum Ausstiegsdatum 2035 bekannt.

Auch mehrere große Auto-Hersteller, darunter Mercedes und Ford, hatten im November auf der Weltklimakonferenz in Glasgow einen Verkaufsstopp für Verbrenner in den führenden Märkten ab 2035 gefordert.

EU will bis 2050 klimaneutral sein

Die Abgeordneten sprachen sich auch dafür aus, dass keine klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffe angerechnet werden können. Mit diesen könnte ein klassischer Verbrenner klimaneutral betrieben werden. Kritiker befürchten jedoch, dass es davon schon zu wenig für Luft- und Schifffahrt gibt, die weniger leicht als Autos oder Transporter elektrisch betrieben werden können.

Der Gesetzesentwurf ist Teil des EU-Klimapakets "Fit for 55", das darauf abzielt, klimaschädliche Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen.

Klimaschutzministerin Gewessler erfreut

Abgeordnete der konservativen EVP-Fraktion wollten mit Änderungsanträgen erreichen, die Flottengrenzwerte für Privat-Pkws und kleine Nutzfahrzeuge bis 2035 nur um 90 Prozent zu senken. Dies wurde jedoch vom Plenum abgelehnt. Die Grünen im EU-Parlament hätten gerne ein Zwischenziel von einer Reduzierung um 40 Prozent bis 2027 eingefügt.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht in der Entscheidung des EU-Parlaments einen wichtigen Schritt in Richtung Planungssicherheit für den Umstieg auf emissionsfreie Autos. "Die Zukunft des Autos steht unter Strom", so Gewessler Mittwochabend in einer Aussendung. Österreich stehe bei der Neuzulassung von E-Autos gut da. "Deshalb haben wir uns vorgenommen, dass in Österreich schon 2030 alle neu zugelassenen Autos emissionsfrei unterwegs sind."

Treibhausgase müssen reduziert werden

Nach geltenden EU-Vorgaben darf die Neuwagenflotte eines Konzerns seit 2020 im Schnitt noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Die Abgeordneten sprachen sich nun dafür aus, ab 2035 nur noch Neuwagen zuzulassen, die gar keine Treibhausgase ausstoßen. Treibhausgase sind hauptverantwortlich für die Erhitzung des Planeten. Ziel ist nun eine starke Umstellung auf Elektromobilität.

Ohne einer radikalen und sofortigen Reduktion der klimaschädlichen Treibhausgase ist ein Eindämmen der globalen Erderhitzung auf maximal 1,5 Grad nicht zu erreichen, wie führende Wissenschafter in zahlreichen Publikationen seit vielen Jahren erläutern. Das würde tiefgreifende Konsequenzen für Menschen, Tiere und die Natur mit sich bringen und Teile der Welt unbewohnbar machen.

ÖVP gegen Verbot

Die ÖVP zeigte sich nach der Abstimmung enttäuscht. "Europa braucht den Verbrennungsmotor und es hat überhaupt keinen Sinn, ihn zu verbieten, wenn wir ihn über 2035 hinaus, weiterhin sinnvoll und klimaneutral verwenden können", sagte die ÖVP-Verkehrssprecherin im Europaparlament, Barbara Thaler. Sie plädierte in einer Aussendung dafür, nachhaltig hergestellte Bio-Treibstoffe und synthetische Treibstoffe als klimaneutral zu klassifizieren. "Wir werden alles tun, um in den Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten noch von dieser pauschalen Verbotspolitik weg und hin zu einer sinnvollen Lösung für den Klimaschutz und die Wirtschaft in Europa zu kommen."

Thomas Waitz, Europaabgeordneter der österreichischen Grünen und Ko-Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei, sah einen wichtigen Schritt in Richtung emissionsfreier und emissionsarmer Fahrzeuge. "Die ÖVP stand aber wieder einmal auf Seiten der Fossilindustrie und wurde diesmal besonders von der Autoindustrie um den Finger gewickelt." Es gebe keine klimaneutralen Verbrennungsmotoren.

"Großer Schritt Richtung Klimaneutralität"

Für die NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon bewies das EU-Parlament "gegen die lautstarke Opposition der Konservativen" Stärke. "Mit dem Ende des Verbrennungsmotors machen wir einen großen Schritt Richtung Klimaneutralität und für die Luftqualität." Gamon zeigte sich überzeugt davon, dass nun anstehende Investments und Innovationen, emissionsfreies Fahren immer günstiger machen werde und der Wandel zu "Nullemissionsautos am Markt" schon viel früher stattfinden werde.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace freut sich über die Entscheidung des Parlaments. Es sei "endlich eine klare Richtung hin zu klimaverträglichem Straßenverkehr". Um das Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, das eine Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad vorsieht, müssten aber noch strengere Regeln kommen. Der Verkauf von Benzin-, Diesel- und konventionellen Hybridautos müsse schon 2028 eingestellt werden.

Positive Reaktionen auf Verbot

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) sieht im Verbot die Voraussetzung dafür, dass die Treibhausgas-Emissionen des Verkehrs im nötigen Ausmaß reduziert werden. "Die Klimakrise kann aber nur bewältigt werden, wenn schon vor dem Jahr 2035 keine Neuwagen mehr auf den Markt kommen, die Diesel oder Benzin verbrennen."

Der ÖAMTC sieht Elektromobilität als wichtigen Baustein am Weg zur Klimaneutralität im Straßenverkehr. Es werde aber nicht reichen, lediglich auf die Technologie zu setzen, wenn die CO2-Ziele erreicht werden sollen. "Dazu bedarf es eines Bündels an Maßnahmen, etwa auch den massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Gleichzeitig hätten wir über nachhaltig erzeugte Kraftstoffe, insbesondere synthetische E-Fuels, eine Möglichkeit, die Bestandsflotte weitgehend CO2-neutral zu betreiben", erklärt Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung.

Keine Einigung bei Klimapaket

Indes hat man sich am Mittwoch bei wichtigen Teilen des EU-Klimapakets nicht einigen können. So wurde die Ausweitung des Emissionshandels (ETS) auf Gebäude und Verkehr wurde abgelehnt. Weitere wichtige Abstimmungen zum EU-Klimapaket wurden nach dem Scheitern der ETS-Reform ebenfalls verschoben.

So werden auch die Dossiers zum geplanten EU-Grenzausgleichsmechanismus für CO2 und zum Klimasozialfonds zurück an den Umweltausschuss geschickt. Bei der Ausweitunf des Emissionshandels auf Gebäude und Verkehr hätte für den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) gezahlt werden müssen. Das Gesetz wurde zurück an den Umweltausschuss verwiesen.

Debatte über EU-Klimapaket

Zuvor hatte es eine knappe Stunde lang Abstimmungen über Änderungsanträge gegeben, deren Ergebnisse besonders den Grünen und den Sozialdemokraten nicht gefielen. Unter anderem hatte das Plenum einen Änderungsantrag der christdemokratischen EVP-Fraktion angenommen, der beinhaltete, dass die Einführung einer CO2-Grenzabgabe bis zum Jahr 2034 vollständig umgesetzt werden sollte. Für die CO2-Grenzabgabe hatten die Sozialdemokraten und die liberale RENEW-Fraktion 2032 vorgeschlagen.

Daraufhin wurde die Stimmung angespannter im Plenum und die Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Iratxe Garcia, bat um eine kurze Pause. Direkt danach stimmten 340 Abgeordnete gegen die ETS-Reform, 265 dafür und 34 enthielten sich.

EU-Parlament "gespalten"

"In einem beispiellosen Manöver hat diese Allianz aus Links und Rechts dieses wichtige Element des Klimaschutzpakets vorerst gekippt und damit auch die Finanzierung des Klimasozialfonds in Gefahr gebracht", erklärten daraufhin Angelika Winzig, ÖVP-Delegationsleiterin im Europaparlament, und Alexander Bernhuber, Umweltsprecher der ÖVP im Europaparlament, in einer Aussendung.

Das EU-Parlament stehe "gespalten zwischen industriefreundlichen Betonierern aus der konservativen und liberalen Fraktion und Klimaschützer*innen, die keine Verwässerung zulassen wollen", meinte dagegen Grünen-Abgeordneter Thomas Waitz. "Die Grünen mussten am Ende die notwendige Notbremse ziehen und gegen den Bericht stimmen, da sonst die Position des Europaparlaments hinter der Position der Kommission geblieben wäre, was ein Ende des Green Deals bedeutet hätte."

(Quelle: salzburg24)

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