Auch ein Ausfuhrverbot für sowohl zivil als auch militärisch nutzbare Güter an die russischen Streitkräfte sowie ein Lieferstopp für Spezialgeräte zur Ölförderung stehen auf der Sanktionsliste. Die Sanktionen waren bereits am Dienstag von den EU-Botschaftern vereinbart worden.
"Im Europa des 21. Jahrhunderts kann die illegale Annexion von Territorium und die absichtliche Destabilisierung eines souveränen Nachbarstaates nicht akzeptiert werden", unterstrich Van Rompuy. Wenn eine "außer Kontrolle" geratene Gewaltspirale auch zur Tötung von 300 unschuldigen Flugpassagieren führe, "braucht es eine dringliche und entschlossene Antwort", sagte er mit Blick auf den Absturz eines malaysischen Jets über der umkämpften Ostukraine vor zwei Wochen.
In einer neuen Runde von Sanktionen wurde fünf russischen Banken der Zugang zu den europäischen Kapitalmärkten erschwert. Dazu zählen die größte russische Bank Sberbank sowie die Gazprombank. Das geht aus den am Donnerstag im EU-Amtsblatt veröffentlichten restriktiven Maßnahmen hervor. Die Wiener Europa-Zentralen von Sberbank und VTB sind nach bisherigen Informationen nicht betroffen.
Der erschwerte Zugang gilt für alle Banken mit einem staatlichen Anteil von mindestens 50 Prozent. Die Banken dürfen in der EU keine Anleihen, Aktien oder andere Wertpapiere von russischen Unternehmen mehr verkaufen. Damit soll die Möglichkeit der Banken, die russische Wirtschaft zu finanzieren, eingeschränkt werden. Darlehen an russische Unternehmen sind nicht verboten.
Das Waffenembargo betrifft sämtliche Rüstungsgüter, die in einer entsprechenden EU-Liste enthalten sind, allerdings nur künftige Verträge. Altverträge - beispielsweise Frankreichs Lieferung von zwei Hubschrauberträgern im Wert von 1,2 Milliarden Euro - dürfen noch abgewickelt werden.
Das Paket sieht auch eine Ausweitung der gegen einzelne Personen und Entitäten gerichteten Sanktionen vor, den Stopp von finanziellen Zuwendungen durch die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) sowie die Einschränkung von Investitionen und Handel mit der annektierten Halbinsel Krim. Außerdem wird eine Verringerung der bilateralen Kooperation zwischen Russland und der EU ins Auge genommen.
EU-Energiekommissar Günther Oettinger reagierte unterdessen gelassen auf eine russische Drohung mit höheren Energiepreisen als Folge der EU-Wirtschaftssanktionen. "Die Russen sind ja selbst an der Lieferung (von Gas nach Europa) interessiert", sagte Oettinger am Donnerstag in der ARD. "Sie brauchen jeden Tag die Einnahmen für ihren Staatshaushalt", argumentierte er.
Russland hatte bereits vor dem offiziellen Inkrafttreten der EU-Sanktionen Maßnahmen ergriffen, die als Vergeltung gewerten werden. So wurde ein sofortiger Importstopp für ukrainische Säfte verhängt. Russland hatte bereits unter anderem die Einfuhr von Milchprodukten, Fischkonserven und Schokolade eingeschränkt. Die Ukraine wirft Russland politische Motive vor, um der Ex-Sowjetrepublik zu schaden.
Russland hatte am Mittwoch für Obst und Gemüse aus Polen "wegen Verstößen gegen die Lebensmittelsicherheit" einen Importstopp verfügt. Kommentatoren sehen die Handelsblockade auch als Reaktion auf Polens Politik in der Ukraine-Krise. Polen gilt - etwa wie Lettland - als wichtiger Partner der prowestlichen Regierung in Kiew.
Der lettische Wirtschaftsminister Vjaceslavs Dombrovskis äußerte jedoch Befürchtungen, die beschlossenen Wirtschaftssanktionen gegen Russland könnten für Lettland "verheerende Folgen" haben. Die Branchen Lebensmittel, Transport und Energie wären im Fall von umfassenden Gegenmaßnahmen Moskaus besonders gefährdet, warnte der Minister am Donnerstag . Schon die bisherig Schwächung der russischen und der ukrainischen Wirtschaft hätten im Mai zu einem Einbruch der lettischen Exporte um 16 bis 17 Prozent geführt, so Dombrovskis.
(Quelle: salzburg24)