EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici sprach von 0,2 bis 0,5 Prozent weniger Wachstum in der EU im Jahr 2017. Dies sei jedoch nur eine erste Schätzung. Die Mehrheit der britischen Wähler hatte in einem Referendum am 23. Juni für den Austritt aus der EU votiert. Das offizielle Austrittsverfahren kann jedoch erst eingeleitet werden, sobald die Regierung in London Brüssel über ihren Austrittswunsch informiert hat. Dies ist bisher noch nicht geschehen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte in der Folge bereits seine Wirtschaftsprognose für die Eurozone nach unten korrigiert.
"Es ist eine unangenehme Situation, niemand weiß, wie es jetzt weitergeht", sagte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Klar sei jedoch, dass es wirtschaftliche Auswirkungen geben werde. Die Linie der EU-Kommission, Verhandlungen erst nach einem offiziellen Austrittsgesuch Großbritanniens zu starten, sei richtig, meinte Schelling weiter. Zugleich begrüßte er, dass sich mit der Berufung von Theresa May zur neuen Chefin der Konservativen eine schnelle Entscheidung über Großbritanniens zukünftige Premierministerin anbahne. "Niemand braucht eine lange Phase der Unsicherheit." Die neue britische Regierung müsse sich mit Blick auf den Brexit so schnell wie möglich festlegen, sagte Schelling weiter.
Schelling sieht den Brexit nicht als absolut fix an. Die Austrittsbefürworter in Großbritannien "verlassen das Feld und ergreifen die Flucht. Großbritannien ist in der Zwischenzeit aufgewacht", sagte Schelling vor Beginn des Euro-Finanzministertreffens. Die Briten hätten erkannt, dass die Entscheidung ein "viel größerer Schaden" für ihr Land als für Europa sei.
Premierminister David Cameron will am Mittwoch zurücktreten. Großbritannien müsse nun so schnell wie möglich den offiziellen Austrittsantrag stellen, meinte Moscovici.
Die schwierige Lage vieler italienischer Banken stand bei dem Ministertreffen zwar nicht offiziell auf der Agenda, sorgte aber dennoch für Unruhe. Dijsselbloem lehnte ein neues milliardenschweres Rettungsprogramm aus Steuergeldern ab. "Die Probleme müssen in den Banken geregelt werden", sagte er. Die Einfachheit, mit der einige Banker mehr öffentliche Gelder forderten, um ihre Probleme zu lösen, sei problematisch. "Das muss ein Ende haben."
Der Chefökonom der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, hatte zuvor vorgeschlagen, 150 Milliarden Euro in die Rekapitalisierung der europäischen Banken zu stecken. Gerade italienische Geldhäuser sind angeschlagen. Der neuen EU-Bankenrichtlinie zufolge dürfen staatliche Hilfen für angeschlagene Banken aber eigentlich erst fließen, nachdem Aktionäre und private Gläubiger herangezogen wurden. Das wurde nach der schweren Finanzkrise 2008/2009 beschlossen.
(Quelle: salzburg24)