Wissenschaft

Evolution ändert Menschen rascher denn je

Veröffentlicht: 17. Dezember 2018 17:15 Uhr
Durch die Medizin und Technik stoppt der Mensch seine eigene Evolution nicht, sondern beschleunigt sie, erklärte der Wiener Biologe Philipp Mitteröcker im Fachblatt "Nature Ecology and Evolution". Mit Heilmitteln und Behandlungen setzte er teils über Jahrmillionen entstandene Gleichgewichte außer Kraft, wo entgegengesetzte Selektionsdrücke der Entwicklung Grenzen setzten und Kompromisse erzwangen.

Der aufrechte Gang machte zum Beispiel die menschliche Geburt zu einem Balanceakt, so Mitteröcker, der am Department für Theoretische Biologie der Universität Wien arbeitet. Ein möglichst breites weibliches Becken gewährleistet eine sichere Geburt, ein schmales trägt aber das Gewicht der inneren Organe besser. Ein großes Baby hat bessere Überlebenschancen, riskiert jedoch, nicht durch den Geburtskanal der Mutter zu passen.

Schlanke Hüfte und Riesenbabys evolutionär bevorzugt

"Die nahezu gefahrlose Durchführung von Kaiserschnitten hat die Geburtshilfe ab den 1950er Jahren revolutioniert und damit auch dieses evolutionäre Gleichgewicht aufgelöst", so der Forscher in einer Aussendung: "Weil seitdem auch Frauen mit schmalen Becken problemlos große Kinder zur Welt bringen können, verschwanden die Selektionsdrücke für einen weiten Geburtskanal und kleine Neugeborene fast vollständig".

Evolutionär bevorzugt sind nunmehr Frauen mit schlanker Hüfte und Riesenbabys. "In den vergangenen 60 Jahren nahm dadurch die Rate an Schädel-Becken-Missverhältnissen um etwa einen halben Prozentpunkt zu", erklärte er.

Immer besser werdende Neugeborenen-Versorgung

Wenn von zwei Selektionsdrücken einer durch medizinische Fortschritte reduziert wird, kann der verbleibende Gegenspieler somit in wenigen Jahrzehnten körperliche Eigenschaften der Menschen evolutionär verändern. Im Fall Frauenbecken gegen Kinderkopf ist aber das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Durch die immer besser werdende Neugeborenen-Versorgung haben auch sehr kleine Säuglinge immer bessere Überlebenschancen, und die vermehrte Behandlung von Beckenbodenschwächen reduziert die Selektion hin zu schmäleren Becken, sagt Mitteröcker: "Einer weiteren evolutionären Zunahme von Geburtskomplikationen durch Schädel-Becken-Missverhältnissen kann also durch Investitionen in neonatologische und gynäkologische Forschung und Infrastruktur entgegengewirkt werden."

(APA)

(Quelle: apa)

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