Das Ö1-"Morgenjournal" zitierte aus dem Papier der Arbeitsgruppe um den früheren ÖVP-Finanzministerkandidaten Gottfried Haber von der Donau-Universität Krems. Diese hält die bisher gesetzten Maßnahmen zur Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters zwar für wichtig, aber für nicht ausreichend.
In puncto Nachhaltigkeit nennen die Experten vor allem zwei Optionen: Das gesetzliche Pensionsalter von 65 an die Lebenserwartung koppeln - die steigt, und mittelfristig würde damit auch das Pensionsalter über 65 Jahre steigen -, ebenso die Altersgrenzen für Frühpensionen. Weitere Option: Den Bundeszuschuss zu den Pensionen betraglich fixieren, also einfrieren - der Ausgleichs-Mechanismus würde in diesem Fall über die jährlichen Pensionsanpassungen und die Aufwertung der Beiträge am Pensionskonto funktionieren.
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) wollte das Papier am Mittwoch inhaltlich nicht kommentieren. Es stünden aber auch "Dinge drin, von denen ich meine, dass sie nicht zielführend sind", meinte er nach dem Ministerrat, ohne konkret auf die einzelnen Punkte wie Pensionsautomatik oder das Pensionsantrittsalter für Frauen einzugehen. Auch "News-Wert" gebe es darin keinen, die Veröffentlichung des Papiers sei jedenfalls für die kommenden Verhandlungen nicht gut.
Zudem verwies Schelling darauf, dass es sich um eine von mehreren Expertisen zu den Pensionen handle. Den ÖVP-Standpunkt spiegle das nun aufgetauchte Papier nicht wider. Erst in der kommenden Woche würden innerhalb der Partei und der einzelnen ÖVP-Bünde die Vorschläge gesammelt, bevor man sich auf einen gemeinsamen Standpunkt zu den Pensionen einigen werde.
Ganz ähnlich sah das Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) im Pressefoyer. "Das heute ist nicht unsere Gesamtlinie", betonte er. Man werde das Papier nun innerparteilich diskutieren, es gebe aber auch "eigene bündische Vorschläge". Danach werde man mit dem Koalitionspartner reden.
Entspannt gab sich Kanzler Werner Faymann (SPÖ). An der Linie seiner Partei müsse sich nichts ändern, weil eine Reihe von zu setzenden Maßnahmen bereits vereinbart sei. Faymann verwies auch auf das Ansteigen des faktischen Pensionsalters.
Deutlich weniger glücklich war hingegen Sozialminister Hundstorfer. Das Einfrieren des Bundeszuschusses "heißt, dass alle, die in Pension sind, keine Erhöhung mehr kriegen", empörte er sich. Er glaube nicht, dass das dies wirklich von ÖVP-Seite so gemeint sei. Zur rascheren Erhöhung des Frauenpensionsalters meinte er nur, dass dies eine Verfassungsbestimmung sei und sich keine Mehrheit für eine Änderung abzeichne.
Verärgert gab er sich auch darüber, wie die Vorschläge das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben. "Ich bin bei den ganzen Expertenpapieren schön langsam ziemlich allergisch", sagte Hundstorfer.
Das Pensionspapier hat bei der Gewerkschaft, den roten Pensionisten und der FPÖ die Alarmglocken schrillen lassen. Man befürchtet dort Pensionskürzungen. Die vorgeschlagene Pensionsautomatik werde das Pensionsantrittsalter nicht erhöhen, sondern nur zu einer Kürzung der Bezüge führen, sagte der Präsident des Pensionistenverbandes, Karl Blecha, am Mittwoch. Klar abgelehnt wurde von Blecha auch das Einfrieren des Bundeszuschusses zu den Pensionen. "Das würde bedeuten, dass es in Zukunft überhaupt keine Pensionsanpassungen mehr gibt."
Auch nach Meinung des Leitenden Sekretärs des ÖGB, Bernhard Achitz, "führen Automatiken aller Art zu Pensionskürzungen und sind nicht geeignet, um den Lebensunterhalt der Arbeitnehmer im Alter abzusichern": "Die heute bekannt gewordenen Schlagworte aus dem Schelling-Papier lassen Schlimmes vermuten", so Achitz.
FPÖ-Seniorensprecher Werner Neubauer meinte gar, dass sich mit der von ÖVP-Finanzminister Schelling angekündigten Pensionssicherungsreform und den damit einhergehenden Maßnahmen "die soziale Kälte dem Gefrierpunkt annähert".
Ganz anders fielen die Reaktionen der ÖVP und der NEOS aus. "Die Analyse der Expertenkommission zeigt ebenso wie jene von OECD, EU-Kommission, Rechnungshof und anderen Institutionen auf, dass bei der Pensionssicherung Handlungsbedarf besteht". Durch reines "Gesundbeten", wie sich das einige wünschten, werde man die Sicherung der Pensionen jedenfalls nicht erreichen, sagte ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald.
NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker forderte "endlich eine Pensionsautomatik, die Lebensalter, Wirtschaftsentwicklung, Einkommensentwicklung und Demografie umfassend abbildet". Ergänzend gehöre auch eine frühere Angleichung des Frauenpensionsalters dazu. "Außerdem müssen die verschiedenen Sonderpensionsrechte von Beamten, Kämmerern und SV-Mitarbeitern rasch harmonisiert und in die Regeln des Allgemeinen Pensionsgesetzes APG übergeführt werden", forderte der NEOS-Sozialsprecher.
(Quelle: salzburg24)