Es gehe darum, Österreichs Wirtschaft - die sich "in den letzten zehn Jahren von der Überholspur auf den Pannenstreifen bewegt" habe - wieder auf eine "doppelte Pole Position" zu bringen, nämlich national und international, sagte Strache bei der Vorstellung des Programms im obersten Stockwerk der Wiener Twin Towers am Wienerberg.
Dafür notwendig seien "zwei wesentliche Grundlagen": "Eine Leistungsbereitschaft, die sich lohnt" und "keine Umverteilung in ein gieriges Steuersystem, um Budgetlöcher zu stopfen". Denn derzeit passiere eine solche Umverteilung "von Leistungsträgern hin zu einer überbordenden rot-schwarzen Bürokratie".
Steuern und Abgaben würden Wirtschaft bremsen
Als "absolute Budgetprämisse" bezeichnete Strache die Erreichung des Nulldefizits. "Denn man kann und darf nicht mehr ausgeben, als man einnimmt." Die Forderung nach einer "massiven Steuersenkung" um 12 Milliarden Euro soll die Steuerquote auf unter 40 Prozent des BIP drücken, denn der "Hauptbremsklotz" der Wirtschaft seien "überbordende Steuern und Abgaben".
Fairnesskrise: "Fairness sichert sozialen Frieden"
Strache, der erneut von einer "Fairnesskrise" sprach, erklärte, unter "Fairness" - "das Prinzip, das den sozialen Frieden sichert" - sei zu verstehen, dass der unternehmerische Erfolg "bei allen Leistungsträgern" ankommen müsse. Die Leistung müsse sich wieder für alle, die im Arbeitsprozess stehen, lohnen. Es dürfe nicht sein, dass die Löhne im Jahr 2017 durch eine "hausgemachte Steuerlast" auf dem Niveau von 2003 liegen, so Strache.
Hofer und Strache strikt gegen Klassenkampf
Gleichzeitig sprach sich der FP-Obmann - wie auch Vizeparteichef Norbert Hofer - strikt gegen jeden "Klassenkampf" aus: Man werde bei der FPÖ weder eine Forderung nach einer Reichensteuer, nach einer Maschinensteuer oder einer Erbschaftssteuer finden. "Denn es braucht keine zusätzlichen Steuern in Österreich, wir haben kein Einnahmen-sondern ein Ausgabenproblem. Und was das Land am wenigsten braucht, ist das Auseinanderdividieren von Unternehmern, Arbeitern und Angestellten."
Den Begriff der Freiheit bemüht das FPÖ-Programm hinsichtlich der Entbürokratisierung, der Staats müsse für die Wirtschaft "die besten steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen" schaffen, damit Unternehmen "ohne die Last sinnloser Vorschriften und bürokratischer Hürden" eigenverantwortlich handeln können. In diesem Zusammenhang plädierte Strache erneuet für eine "Abschaffung des Mitgliedszwanges" bei den Kammern und für eine neue Gewerbeordnung.
Reformen im Bildungs- und Gesundheitsbereich gefordert
"Überfällige Reformen" gehörten endlich umgesetzt, um den "Fortschritt" zu ermöglichen, so eine weitere Forderung. Strache nannte hier u.a. den Bildungsbereich, bei dem das Prinzip "Deutsch vor Schuleintritt" und der Erhalt des Gymnasiums gefordert wird, im Gesundheitsbereich ortet die FPÖ "enormes Sparpotenzial" durch die Verlagerung von Leistungen vom stationären in den niedergelassenen Bereich.
Ein "Gebot der Fairness" sei im Sozialbereich eine Reform der Mindestsicherung: Anspruchsvoraussetzung für den Bezug soll die österreichische Staatsbürgerschaft sein, "Leistungen unseres Sozialsystems dürfen keinen Zuwandereranreiz darstellen", so Strache.
Strache fordert Mindestlohn und Mindestpension
Angelegt ist das FPÖ-Wirtschaftsprogramm auf einen Zeitraum von zehn Jahren, sagte der Parteichef. Die ersten Reformschritte sollten innerhalb der ersten 100 Tage einer neuen Regierung angegangen werden, denn, es gelte einen "Tanker", der seit Jahren in die falsche Richtung fahre, in die richtige Richtung zu wenden. Die Effekte würden allerdings oft erst nach Jahren spürbar werden.
Die Forderungen nach einem Mindestlohn von 1.700 und einer Pension von mindestens 1.000 Euro bleiben aufrecht, sagte Strache - diese finden sich nicht im Wirtschaftsprogramm, sollen aber noch in einem FPÖ-"Wahlprogramm" festgehalten werden.
Hofer: "Wir wissen genau, was wir wollen"
Hofer schielte bereits auf die Zeit nach der Wahl und kündigte an, dass das Programm der FPÖ bei einer allfälligen Regierungsbeteiligung Niederschlag finden müsse: "Die Regierungsverhandlungen mit der FPÖ werden für SPÖ und ÖVP kein Spaziergang. Wir wissen genau, was wir wollen; es wird nicht so werden wie im Jahr 2000, wir werden nicht um jeden Preis in eine Regierung gehen." Die FPÖ wolle Österreich "grundlegend verändern", so Hofer. Er werde Strache bestmöglich unterstützen und freue sich schon auf die Wahlauseinandersetzung. Und Hofer meinte - in Anspielung auf sein viel diskutiertes "Sie werden sich noch wundern"-Zitat aus dem Präsidentschaftswahlkampf: "Sie werden sich noch freuen, was alles möglich sein wird."
Viel Kritik, ein wenig Lob
Wenig Anklang findet das FPÖ-Wirtschaftsprogramm bei der politischen Konkurrenz. Die Kammern wehren sich gegen die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft, die SPÖ sieht bereits Vorleistungen auf Schwarz-Blau. Klubchef Andreas Schieder meint, dass die von den Freiheitlichen geforderten Einsparungen von mindestens zwölf Mrd. Euro tiefe Einschnitte im Sozial- und Gesundheitssystem bedeuten würden. Gleichzeitig empfehle sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erneut als Schutzpatron der Millionen-Erben.
AK: Ohne Pflichtmitgliedschaft keine Kollektivvertrag
Seitens der Arbeiterkammer betonte Präsident Rudolf Kaske, dass es ohne Pflichtmitgliedschaft in den Kammern auch keine allgemein verbindlichen Kollektivverträge gebe. Dabei würden gerade diese für Millionen Beschäftigte in Österreich faire Bezahlung und kollektivvertraglich abgesicherte Rechte bringen.
Wirtschaftskammer-Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser meinte in einer Aussendung, dass mit einem freiwilligen System das breite Service-Angebot, das jetzt allen Mitgliedsunternehmen zur Verfügung stehe, in der jetzigen Form nicht mehr machbar wäre. Die Pflichtmitgliedschaft sei in Zeiten, wo "veraltete Klassenkampfparolen" wieder aus der Schublade geholt würden, wichtiger denn je. Der Präsident des sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands Christoph Matznetter wiederum findet, dass die Pflichtmitgliedschaft auch die Interessen von kleinen Selbstständigen gegenüber der Willkür der Großen schütze.
Schellhorn kritisiert "unrealistische FPÖ-Diktion"
Den NEOS gefällt, dass auch die FPÖ die Pflichtmitgliedschaft abschaffen will. Jedoch kritisiert Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn die "unrealistische FPÖ-Diktion", wonach ohne vernünftige Gegenfinanzierung alle mehr bekommen sollten. Schließlich meint er auch eine EU-feindliche Wirtschaftspolitik bei den Freiheitlichen zu erkennen.
Das positivste Zeugnis für das Programm gibt es von der Mittelstandsplattform "für Leistung und Eigentum". Deren Sprecher, der frühere ÖVP-Abgeordnete Günter Stummvoll, beurteilte die Vorschläge als "inhaltlich in die richtige Richtung gehend". Einzig in der Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft sieht der langjährige Wirtschaftskammer-Funktionär mehr Nach- als Vorteile.
(APA)
(Quelle: salzburg24)