Die Hisbollah-Miliz im Libanon hat nach eigenen Angaben mehrere Raketen auf einen israelischen Militärstützpunkt nahe der Küstenstadt Haifa abgefeuert. In Israel wird seit Freitagabend der höchste jüdische Feiertag Yom Kippur, auch bekannt als Versöhnungsfest, begangen. Bei israelischen Angriffen im Norden des Gazastreifens wurden nach Angaben der Zivilschutzbehörde in dem Palästinenser-Gebiet im Laufe des Freitags insgesamt mindestens 30 Menschen getötet.
Das israelische Militär teilte mit, Drohnen aus dem Libanon abgefangen zu haben. Auch andernorts heulten in Nordisrael wieder die Sirenen. Insgesamt seien seit dem Morgen rund 40 Geschosse aus dem Nachbarland registriert worden, teilte das israelische Militär mit. Berichte über Verletzte oder Schäden gab es zunächst nicht. Die radikalislamische Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon reklamierte mehrere Angriffe für sich.
Hisbollah-Kämpfer hätten "südlich von Haifa die dortige Sprengstofffabrik ins Visier genommen", erklärte die vom Iran unterstützte Miliz am Samstag. Die Hisbollah hatte zuvor die Bewohner Nordisraels aufgerufen, sich von Armeeeinrichtungen in Wohngebieten fernzuhalten.
Israel fordert Bewohner im Libanon zur Flucht auf
Außerdem forderte die israelische Armee die Bewohner von 22 Dörfern im Süden des Libanon dazu auf, sich in Sicherheit zu bringen. Betroffen sind Ortschaften, die jüngst bereits Ziel israelischer Angriffe waren und von denen viele schon fast völlig verlassen sind. Das israelische Militär begründete seine Evakuierungsaufrufe mit dem Vorwurf, dass sich in den Dörfern Waffenverstecke der Hisbollah befänden. Die radikalislamische Miliz weist dies zurück.
Seit Freitagabend begehen Menschen in Israel Yom Kippur (Tag der Sühne). Gläubige fasten und erhoffen sich die Vergebung ihrer Sünden. Fernseh- und Radiostationen unterbrechen ihre Sendungen. Geschäfte, Kinos, Bars und Restaurants bleiben geschlossen.
30 Tote in Flüchtlingslager im Gazastreifen
Bei Angriffen auf die Stadt Jabalia und das gleichnamige Flüchtlingslager im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben 30 Menschen getötet und mindestens 110 weitere Menschen verletzt worden. Der Sprecher der palästinensischen Behörde, Mahmoud Bassal, erklärte, dass sich ein Angriff am Abend in der Stadt ereignet habe, bei dem zwölf Menschen getötet worden seien. 14 Menschen würden noch vermisst und seien vermutlich unter den Trümmern eingeschlossen. Davor hatte der Direktor der Zivilschutzbehörde im nördlichen Gazastreifen, Ahmed al-Kahlut, 18 Tote bei mehreren Attacken gemeldet. Darunter waren demnach Angriffe auf "acht Schulen" im Flüchtlingslager, die als Unterkünfte für Vertriebene dienen würden.
Die Lage der Menschen im Norden des umkämpften Gazastreifens hat sich nach Angaben des UNO-Welternährungsprogramms (WFP) weiter verschärft. Seit dem 1. Oktober sei in dem Gebiet keine Lebensmittelhilfe mehr eingetroffen, weil die wichtigsten Grenzübergänge in den Norden des abgeriegelten Küstenstreifens geschlossen seien, teilte das WFP am Samstag mit. "Der Norden ist praktisch abgeschnitten, und wir können dort nicht arbeiten."
EU über israelischen Gesetzesentwurf besorgt
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte die israelischen Behörden auf, dafür zu sorgen, dass das UNO-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) seine Arbeit fortsetzen kann. Die EU sei besorgt über einen Gesetzesentwurf im israelischen Parlament, der das verhindern könnte, teilte der Chef-Diplomat mit. Das Hilfswerk versorge Millionen von Menschen in der gesamten Region mit lebenswichtigen Dienstleistungen.
Das israelische Parlament will ein Gesetz auf den Weg bringen, um das UNRWA als Terrororganisation einzustufen und so laut Medienberichten seine Arbeit auf israelischem Territorium zu verbieten. Es könnte in Kürze verabschiedet werden. Israel wirft dem Hilfswerk im Gazastreifen vor, von der islamistischen Terrororganisation Hamas unterwandert zu sein. Mehrere Mitarbeiter der Organisation sollen demnach auch in das Massaker vom 7. Oktober 2023 verwickelt gewesen sein. Auch die UNO kam zu dem Schluss, dass Mitarbeiter mit großer Wahrscheinlichkeit am Terror gegen Israel beteiligt waren.
Im Morgengrauen des 7. Oktober 2023 waren Hunderte Kämpfer der Hamas und verbündeter islamistischer Gruppen vom Gazastreifen aus in den Süden Israels eingedrungen. In mehreren Ortschaften, auf einem Musikfestival und als Geiseln im Gazastreifen wurden israelischen Angaben zufolge insgesamt 1.206 Menschen getötet, überwiegend Zivilisten. 251 Menschen wurden von der Hamas in den Gazastreifen verschleppt. Die Hisbollah eröffnete mit permanenten Luftangriffen eine zweite Front gegen Israel.
(Quelle: apa)