Die deutsche Bundeskanzlerin hat in der ARD-Talkshow von Anne Will die EU-Partner erneut eindringlich zu einer gemeinsamen Lösung der Flüchtlingskrise aufgerufen und nationale Alleingänge wie jenen Österreichs kritisiert. “Das ist genau das, wovor ich Angst habe: Wenn der eine seine Grenze definiert, muss der andere leiden. Das ist nicht mein Europa”, sagte sie am Sonntagabend.
Auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier findet rügende Worte. "Ich habe immer deutlich gemacht: Nationale oder regionale Alleingänge mögen nur auf den ersten Blick Abhilfe bieten", sagte Steinmeier der griechischen Zeitung "Ta Nea" vom Montag. Nachhaltige Fortschritte könne es allein dann geben, wenn alle Europäer mitzögen.
"Die Risse müssen mühsam gekittet werden"
"Es ist keiner Seite gedient, wenn wir uns jetzt innerhalb der EU gegenseitig mit Vorwürfen und Schuldzuweisungen überziehen", warnte der Minister. "Das bringt uns bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise keinen Schritt weiter. Die Risse, die jetzt mutwillig entstehen, werden mühsam wieder gekittet werden müssen."
Österreich hatte Griechenland und Deutschland vergangene Woche nicht zu einer Flüchtlingskonferenz mit den Westbalkanstaaten eingeladen, obwohl die beiden Länder am stärksten von der Krise betroffen sind.
Italien: "Antwort muss europäisch sein, nicht unilateral"
Europa dürfe seine Probleme nicht zulasten eines Mitgliedsstaates lösen und müsse über zusätzliche personelle und finanzielle Hilfen für Griechenland beraten, sagte Steinmeier. Zugleich müsse aber auch die Regierung in Athen ihre Verpflichtungen erfüllen und die Flüchtlinge kontrollieren und vollständig registrieren. In Griechenland eskaliert die Lage derzeit zusehends, weil sich nach den Grenzschließungen mehrerer Staaten auf der Route nach Deutschland Tausende Flüchtlinge dort stauen.
Kritik an Österreich kommt auch vom italienischen Außenminister Paolo Gentiloni. "Wir verstehen die Schwierigkeiten von Ländern wie Österreich, aber die Antwort muss europäisch sein, nicht unilateral", sagte Gentiloni in einem Interview mit dem "Handelsblatt" (Montagausgabe). Die verstärkten Grenzkontrollen seien noch kompatibel mit den Schengen-Regeln, aber "ein echtes Schließen der Grenzen hätte Konsequenzen und würde zu einer Kettenreaktion in anderen Ländern im Westbalkan führen", sagte der Minister. "Europa steht am Rand des Abgrunds."
UNO: Mauern als "Akt der Grausamkeit und Selbsttäuschung"
Auch die Vereinten Nationen haben vor nationalen Alleingängen in der Flüchtlingskrise gewarnt. Migration und Flucht erforderten eine weltweite Teilung von Verantwortung, sagte der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad Al-Hussein, am Montag in Genf zu Beginn der 31. Sitzung des Menschenrechtsrats. "Immer höhere Mauern zu bauen als Reaktion auf die Flucht dieser verzweifelten Menschen ist ein Akt der Grausamkeit und Selbsttäuschung." Menschen, die vor Folter und Krieg geflohen seien, verdienten vielmehr das Mitgefühl der internationalen Gemeinschaft.
Angesichts der Konflikte in Syrien und Burundi, im Irak, Jemen, Sudan, in Libyen, Mali und Somalia sei das Leben von Millionen bedroht, sagte der Jordanier Al-Hussein weiter. Die Auswirkungen dieser Konflikte würden voraussichtlich noch lange zu spüren sein.
Der UNO-Menschenrechtsrat berät bis zum 24. März nicht zuletzt über die Folgen des Syrien-Kriegs und der Unruhen im afrikanischen Burundi. Dazu werden den Politikern und Diplomaten der 47 Mitgliedstaaten Untersuchungsberichte vorgelegt. Ebenfalls erörtert wird die Lage der Menschenrechte in Nordkorea, Eritrea, dem Iran, Myanmar und Saudi-Arabien. Beschlüsse des Rates sind - anders als jene des UNO-Sicherheitsrates - nicht völkerrechtlich bindend.
(APA)
Links zu diesem Artikel:
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(Quelle: salzburg24)